Flucht: Das Geschäft mit den falschen Pässen

Damaged service passport of the Republic of Guinea is seen lying on the ground on the path migrants walked to cross the border into Croatia, near Sid
Damaged service passport of the Republic of Guinea is seen lying on the ground on the path migrants walked to cross the border into Croatia, near Sid(c) REUTERS (DADO RUVIC)
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Die Nachfrage nach Reisedokumenten ist hoch – auch und insbesondere bei Flüchtlingen. Für einen amerikanischen Pass werden bis zu 20.000 US-Dollar verlangt. Auch in Österreich floriert der Handel mit Fälschungen.

Wien. Am teuersten sind die amerikanischen Pässe. Bis zu 20.000 US-Dollar verlangen die Fälscher, nur die wenigsten Flüchtlinge können diese Summe aber aufbringen. Für 1800 Euro ist ein bulgarischer Pass zu haben, für 8000 Euro ein deutscher. Den Recherchen türkischer Journalisten zufolge floriert der Markt mit gefälschten Pässen, insbesondere im Istanbuler Stadtteil Aksaray, wo auch viele Schlepper anzutreffen sind.

Am „einfachsten“ und schon für ein paar hundert Euro ist ein syrischer Pass zu bekommen. Die meisten europäischen Länder gewähren syrischen Flüchtlingen Schutz, daher sind die Pässe bei Irakern und Palästinensern beliebt, heißt es. Bereits im Sommer warnten Beobachter davor, dass Jihadisten mit falscher (syrischer) Identität nach Europa kommen und Anschläge verüben könnten. Und zumindest einer der Attentäter in Paris hatte einen offenbar gefälschten syrischen Pass.

Das „Rohmaterial“ wie Papier und Namen stammt direkt aus Syrien. Es dürften nicht selten die Jihadisten selbst sein, die mit dem Verkauf der Pässe an die Fälscher in der Türkei und Griechenland Geld lukrieren.

Zahl der Fälschungen nimmt zu

Auch in Österreich sind Fälscher am Werk. Als „beliebt“ gilt hier der Erwerb bzw. die Erzeugung von Dokumenten für süd- und osteuropäische Länder, für Belgien, Spanien oder Frankreich. Laut der Kriminalitätsstatistik des Innenministeriums nahm die Zahl der Urkundenfälschungen im Vorjahr um 9,6 Prozent zu, wobei vor allem die Fälschung von Pässen, Personalausweisen und Führerscheinen um 19 Prozent gestiegen ist. Österreichische Dokumente werden hingegen kaum angefertigt, „das Risiko, damit ertappt zu werden, ist zu hoch“, sagt Rudolf Unterköfler, Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt.

Wie tief man hierzulande für eine Fälschung in die Tasche greifen muss? „Das kann pauschal nicht gesagt werden“, sagt Unterköfler, auch gebe es keine – für die Öffentlichkeit bestimmte – Statistik über beschlagnahmte Fälschungen. In Fachkreisen wird zwischen Totalfälschungen von Dokumenten und Verfälschungen, wenn etwa das Lichtbild ausgetauscht wird, unterschieden. Aus dem Innenministerium ist allerdings zu hören, dass im Einzelfall bis zu 3000 Euro für einen gefälschten Pass fällig werden können. Werden gefälschte Dokumente in der Republik beschlagnahmt, droht dem Hersteller und dem Träger der Papiere eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.

Gespeichert in Datenbank

Gespeichert werden die neuesten Fälschungen im elektronischen Dokumenteninformationssystem des Innenministeriums (Argus). Zugegriffen wird von den Ermittlern aber auch auf das europäische Bildspeicherungssystem Fado („False and Authentic Documents“) oder auf die mehrsprachige Website Prado („Public Register of Travel and Identity Documents Online“).

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2015)

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