Ein „Sicherheitsghetto“ für die Teilnehmer

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Nach den Attentaten bietet der Staat ein Großaufgebot an Sicherheitskräften auf. Für das Wochenende verhängen die Behörden ein Demonstrationsverbot. Die Polizei befürchtet trotzdem Ausschreitungen.

Paris. Wenn 147 Staatschefs nach Paris kommen, würde das schon in normalen Zeiten den Sicherheitsverantwortlichen viel Kopfzerbrechen bereiten – und jetzt umso mehr, nur zwei Wochen nach den Pariser Attentaten. Die französische Hauptstadt befindet sich in einem Kriegszustand und unter dem Regime von Notstandsgesetzen.

Um unter so außergewöhnlichen Bedingungen einen möglichst reibungslosen Start des Weltklimagipfels (COP21) zu ermöglichen, bietet der französische Staat ein Maximum von Sicherheitskräften auf. Insgesamt 11.000 Beamte sind im Einsatz. 2800 von ihnen sind mit dem Schutz des Konferenzzentrums beim Flughafen von Le Bourget im Norden von Paris beauftragt. Wer nicht über eine offizielle Akkreditierung verfügt und sich als Mitglied einer Delegation, einer zugelassenen NGO oder als Journalist ausweisen kann, erhält keinen Zutritt zum hermetisch abgeriegelten Areal, das sonst als Ausstellungsgelände dient. Das Konferenzzentrum wird wegen der aktuellen Bedrohung in eine Art Sicherheitsghetto verwandelt.

Speziell und weiträumig überwacht werden die Zufahrten. Die Autobahn A6 nach Orly im Süden und die Autobahn A1 (die wichtigste Nord-Süd-Straßenachse) zwischen Paris und Le Bourget sowie ein ganzer Abschnitt der Ringautobahn und weitere Straßenabschnitte werden in beiden Fahrrichtungen für den privaten Verkehr am Sonntag und Montag vorübergehend gesperrt, wenn die hochrangigen Delegationen eintreffen.

Zufahrt zum Flughafen gesperrt

An beiden Tagen ist auch für die Taxis und alle Privatfahrzeuge die Zufahrt nach Le Bourget untersagt. Natürlich wirft dies für Anwohner und auch alle Hauptstadtbewohner, die ihren Arbeitsplatz in der Nähe der Konferenz haben, enorme Probleme auf.

Ebenfalls aus Sicherheitsgründen, aber auch wegen des Mangels an Polizeikräften wurden die für das Wochenende angesagten Kundgebungen zur Klimakonferenz verboten. Der wegen der Terrordrohung über ganz Frankreich verhängte Notstand liefert dafür die rechtliche Handhabe. Das wird nicht von allen Klima-Aktivisten akzeptiert. Im Rahmen der Notstandsgesetze wurde ein Mitglied der Pariser „Klimakoalition COP21“ als angebliches Sicherheitsrisiko – ähnlich wie mutmaßliche Sympathisanten des islamistischen Terrors – unter Hausarrest gestellt.

Dennoch wollen sich Demonstranten über das Verbot hinwegsetzen. Wegen der erwarteten Präsenz von besonders militanten Aktivisten rechnen die Polizeibehörden mit gewaltsamen Ausschreitungen. Noch wird in Paris mit den ursprünglichen Organisatoren der Kundgebungen über alternative Formen der Demonstration verhandelt. Natürlich möchte die Polizei im aktuellen Kontext sich nicht mit gewalttätigen Aktivisten des Schwarzen Blocks herumschlagen müssen.

War schon vorher ein Erfolg der Klimakonferenz für die französische Regierung eine große Herausforderung, wird nach den Attentaten die Sicherheit rund um die Konferenz zum Hauptproblem für die Organisatoren – und ein Erfolg hängt zum Teil nun auch von der Kooperation der Aktivisten und der Atmosphäre rundherum ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2015)

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