Putin: "Nur Allah weiß, warum sie das machten"

Präsident Putin: Das
Präsident Putin: Das "Regime" in Ankara ist "verräterisch".REUTERS
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Die Türkei werde den Abschuss des Kampfjets "noch mehr als einmal" bereuen, sagt Putin bei seiner Rede zur Lage der Nation. Auch das Gasprojekt "Turkish Stream" liegt nun auf Eis.

Russlands Präsident Wladimir Putin verschärft den Ton im Streit mit der Türkei über den Abschuss eines russischen Kampfjets. Die türkische Führung werde diesen Schritt noch "mehr als einmal" bereuen, sagte Putin am Donnerstag zum Auftakt seiner alljährlichen Rede zur Lage der Nation. "Vielleicht weiß nur Allah, warum sie das gemacht haben. Wer glaube, dass sich die Maßnahmen gegen die Türkei auf Handelssanktionen beschränkten, irre sich. Allah beschloss, die regierende Clique in der Türkei zu bestrafen, und hat sie um den Verstand gebracht", sagte er. 

Russland werde nicht ignorieren, dass die Regierung in Ankara Terroristen beistehe, fügte er hinzu. Erneut warf er dem türkischen Präsidenten Recip Tayyip Erdogan Verbindungen zum Islamischen Staat vor. "Wir wissen, wer jetzt in der Türkei den Terroristen hilft, sich zu bereichern, indem das gestohlene Erdöl verkauft wird", sagte Putin am Donnerstag in seiner Rede an die Nation. Das türkische Volk sei fleißig, aber das "Regime" in Ankara sei "verräterisch".

Putin warnte außerdem vor der Terrorgefahr aus Syrien. Zu Beginn seiner Rede erinnerte Putin an die vielen Anschläge, die Russland in den vergangenen Jahren getroffen haben. "Eine besondere Gefahr geht heute von den Kämpfern aus, die sich in Syrien angesammelt haben", sagte er vor etwa 1.000 russischen Amts- und Würdenträgern im Kreml. Die Einmischung von außen habe in Ländern wie Syrien und dem Irak Chaos geschaffen. Die russischen Streitkräfte in Syrien kämpften dagegen mit Zustimmung von Präsident Bashar al-Assad und seien erfolgreich gegen den Terror.

Turkish Stream gestoppt

Die Beziehungen zwischen den Regierungen in Ankara und Moskau sind durch den Abschuss eines russischen Jets durch die türkische Luftwaffe im Grenzgebiet zu Syrien vor einer Woche erheblich belastet. Die russische Maschine verletzte nach türkischer Darstellung den Luftraum. Russland hat dagegen erklärt, das Flugzeug sei nur in Syrien geflogen.

Es gibt massive Wirtschaftssanktionen. Nun soll auch Russlands wichtigstes Energieprojekt "Turkish Stream" vorerst auf Eis liegen. Die Verhandlungen über die geplante Gaspipeline von Russland durch das Schwarze Meer in die Türkei seien gestoppt, da die Arbeit der gemeinsamen Regierungskommission ausgesetzt worden sei, sagte Energieminister Alexander Nowak am Donnerstag der Agentur Tass zufolge.

Der Chef des russischen Energieriesen Gazprom, Alexej Miller, sagte, der Ball liegt im Feld der Türkei. Falls Ankara Interesse an Turkish Stream habe, sollte die dortige Regierung ein Signal an Moskau senden. "Falls ein Vorschlag kommt, sehen wir ihn uns an", sagte er.

"Sowjetische Propagandamaschinerie"

Putin verlangt eine Entschuldigung der Türkei, die diese bisher ablehnt. Inzwischen hat Russland Wirtschaftssanktionen gegen das NATO-Land erlassen und wirft dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und seiner Familie vor, von illegalen Ölgeschäften mit der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu profitieren. Bereits am Mittwoch legte das russische Verteidigungsministerium dafür angebliche Belege vor.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bezeichnete die Anschuldigungen Moskaus gegen seine Regierung in Bezug auf ihre Verwicklung im Syrien-Krieg als "Lügen der sowjetischen Propagandamaschinerie". Niemand schenke den Aussagen Beachtung, sagte Davutoglu nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu in Ankara. "Die sowjetischen Charaktereigenschaften Russlands, die von den Sowjets übrig geblieben sind und von denen wir dachten, sie hätten sie in den letzten 20 bis 25 Jahren nach dem Kalten Krieg vergessen, kommen nach und nach ans Tageslicht."

Chaos durch Einmischung von außen

Am Nachmittag (15.30 Uhr) treffen der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu aufeinander. Das Gespräch am Rande eines Treffens der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der serbischen Hauptstadt Belgrad ist das erste hochrangige bilaterale Treffen seit dem Flugzeugabschuss.

In seiner alljährlichen Rede warnte Putin auch vor der Gefahr, die von Kämpfern ausgehe, die sich "in Syrien angesammelt haben". Einmischung von außen habe in Ländern wie Syrien und dem Irak Chaos geschaffen. Die russischen Streitkräfte in Syrien kämpften dagegen mit Zustimmung von Präsident Bashar al-Assad und seien erfolgreich gegen den Terror.

Putin: Fortdauer der Wirtschaftsturbulenzen

Bei der traditionellen Ansprache vor etwa 1000 Amts- und Würdenträgern im Moskauer Kreml stimmte Putin sein Land außerdem auf eine Fortdauer der schwierigen wirtschaftlichen Lage ein: Die Rohstoffpreise, vor allem für Öl, seien auf längere Sicht niedrig. Die Situation sei aber nicht kritisch. Allerdings befänden sich einige Industriezweige, darunter die Bau-, Automobil- und Leichtindustrie in einer "Risiko-Zone".

Auf die Sanktionen des Westens gegen Russland will Putin mit einer Ausweitung der unternehmerischen Freiheiten reagieren. "Wir müssen das Vertrauen zwischen der Staatsmacht und der Wirtschaft stärken und das Geschäftsklima im Land verbessern", sagte er. Die Freiheit des Unternehmertums sei eine der wichtigsten ökonomischen und gesellschaftlichen Fragen. Die EU hatte am Mittwoch angekündigt, ihre Strafmaßnahmen wegen der Ukraine-Krise um ein halbes Jahr zu verlängern. Moskau hält die Sanktionen für ungerechtfertigt.

(APA/dpa)

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