Donald Trump löst Panik bei den Republikanern aus

Pictures of the Year 2015
Pictures of the Year 2015(c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
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Donald Trumps antimuslimische Rhetorik bringt seine Partei in die Bredouille. Sie fürchtet ein Desaster. „Wer kann ihn stoppen?“, fragen Wahlkampfstrategen.

Wien/Washington. Als Selbstdarsteller, der jede Karikatur übertrifft, ist Donald Trump hellauf begeistert über seinen jüngsten Coup. Seit seinem Vorschlag für ein Einreiseverbot für Muslime ist der Immobilien-Tycoon mit dem Super-Ego wieder in aller Munde – und das allein ist es, was sieben Wochen vor den ersten Vorwahlen in Iowa für den Spitzenreiter unter den republikanischen Präsidentschaftsanwärtern zählt. Ob positiv oder negativ, das spielt für ihn keine Rolle. Trump verleiht der „silly season“, der Bezeichnung für den Vorwahlkampf in den USA, neue Bedeutung.

„Ich weiß, dass dies politisch nicht korrekt ist“, sagte er bei einem Auftritt in South Carolina auf der USS Yorktown, einem Flugzeugträger aus dem Zweiten Weltkrieg. „Aber ich kümmere mich keinen Deut darum.“ Im Gegenteil, er legte noch ein Schäuflein nach. Auch Präsident Franklin D. Roosevelt habe während des Zweiten Weltkriegs Japaner, Deutsche und Italiener in den USA unter Pauschalverdacht gestellt, behauptete er – was zumindest für die Internierung von Japanern zutrifft. In einem Interview-Stakkato sagte Trump überdies, in London und Paris würde sich die Polizei nicht mehr in manche Viertel wagen – und löste massiven Widerspruch aus. US-Kommentatoren diskutieren darüber, ob Trump eher Mussolini oder Berlusconi ähnle.

Gefahr für nationale Sicherheit

Das Pentagon klassifizierte Trumps antiislamische Rhetorik als Gefahr für die nationale Sicherheit. Im Weißen Haus ließ Sprecher Josh Earnest überhaupt jede Diplomatie fahren. Trump sei ein „Marktschreier mit falschem Haar“, der sich für die Präsidentschaft disqualifiziert habe. „Seine Kampagne gehört schon längst auf den Müllhaufen der Geschichte.“ Die Bürgermeister von Philadelphia und St. Petersberg verhängten einen demonstrativen Bann über Trump.

Während der 69-Jährige in der ultrakonservativen Wählerschicht und bei Radiokommentatoren wie Rush Limbaugh auf großes Echo stößt, hat sein Aufstieg das Establishment der Republikaner in helle Aufruhr versetzt. Hoffte es zunächst, die Kandidatur würde irgendwann in sich zusammenbrechen, so liegt Donald Trump in den meisten Umfragen weiterhin relativ unangefochten voran. Von Paul Ryan, dem „Speaker“ des Kongresses, bis zu Ex-Vizepräsident Dick Cheney bezeichneten Parteigranden seine Umtriebe als „unamerikanisch“ und „gegen alles, wofür wir stehen und woran wir glauben“.

Konkurrent Lindsey Graham fürchtet ein „komplettes Desaster“: ein Wahldebakel auf allen Ebenen. Trump hat mit seinen simplen Parolen ja nicht nur die Muslime gegen sich aufgebracht, sondern zuvor bereits Latinos und andere Minderheiten, die die Wahlen zunehmend entscheiden. Plakativ fragen republikanische Wahlkampfstrategen: „Kann die Partei Donald Trump überleben?“ In den Kreisen der Grand Old gibt es längst Überlegungen, wie Trump noch zu stoppen sei. Sollte er die Kandidatur erringen, so ein Bonmot, könnten die Republikaner die Präsidentschaft gleich Hillary Clinton überreichen. Dass er – wie 1992 der texanische Milliardär Ross Perot – als unabhängiger Kandidat antreten und so erst recht den Republikanern den Sieg verhageln könnte, spukt als Horrorszenario umher. Im TV-Sender ABC sagte Trump erst am Mittwoch, dass er sich das vorstellen könne – sollten die Republikaner ihn nicht „fair“ behandeln.

Auch in Israel sorgt ein Auftritt Trumps an der Seite von Premier Benjamin Netanjahu am 28. Dezember inzwischen für Panik. In dem aufgeheizten Klima des Nahost-Konflikts könnten schrille antiislamische Töne die Spannungen weiter schüren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2015)

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