Fußball: Die Offensive der Verurteilten

Für acht Jahre gesperrt: Joseph Blatter.
Für acht Jahre gesperrt: Joseph Blatter.(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ EQ Images)
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Joseph Blatter und Michel Platini wollen ihre Achtjahresperren nicht akzeptieren und werden vor Gericht ziehen. Platini spekuliert sogar immer noch mit dem Amt des Fifa-Präsidenten.

Zürich/Wien. Am Tag nach seiner endgültigen Verbannung aus dem Weltfußball bekam der skandalumwitterte Joseph Blatter den geballten Zorn zu spüren. „Trotzig und verblendet – dieser Despot ist Geschichte“, jubilierte die britische Zeitung „Times“. Das Medienecho (siehe Pressestimmen) für den von den Fifa-Ethikhütern abgestraften Schweizer fiel vernichtend aus. Blatters Ex-Mediendirektor Guido Tognoni sagte am Dienstag dem Radiosender BR2 Blatter lebe „in seiner eigenen Welt“.

Die Fifa ist Blatters Lebenswerk. Zahlreiche Skandale rund um den Verband hat er schier heldenhaft unbeschadet überstanden. Auch die Achtjahressperre, mit der er wie auch Uefa-Chef Michel Platini belegt worden sind, will er nun nicht wahrhaben. Blatter sprach von einer „Schande“ und kündigte im Stil von Uli Hoeneß gar an: „Es ist noch nicht zu Ende. Ich komme wieder!“ Wie schon in der Vergangenheit des Öfteren rückte sich Blatter bei der skurril anmutenden Pressekonferenz am Montag in die Opferrolle. „Er sieht sich schon immer nur als Opfer, seit Jahrzehnten. Wenn irgendetwas war, war er nie der Schuldige, sondern das Opfer“, sagte der einstige Blatter-Vertraute und urteilte, Blatter leide „vielleicht sogar unter Realitätsverlust“.

An seinen Posten hatte sich Blatter stets geklammert. Erst als der Druck der Behörden zu groß wurde und zahlreiche Getreue festgenommen wurden, kündigte er seinen Rücktritt an. Am 26. Februar wollte er auf dem Fifa-Kongress seinen Thron räumen und sich dabei von den Mitgliedern noch einmal feiern lassen. Dazu wird es wohl nicht mehr kommen - auch wenn Blatter nach der Sperre umgehend ankündigte, das Fifa-Berufungskomitee, den Internationalen Sportgerichtshof CAS und womöglich sogar die Schweizer Gerichte einschalten zu wollen.

Platini will kein Blatter sein

Auch Platini ist fest entschlossen, seine Sperre anzufechten. „Jetzt beginnt das Spiel richtig“, sagte der Franzose mit Blick auf den Gang vor den CAS. Bevor er diesen wirklich antreten kann, muss Platini laut Fifa zunächst vor dem Berufungskomitee des Weltverbandes, dem auch ÖFB-Präsident Leo Windtner angehört, Einspruch gegen die Sperre einlegen und auf einen positiven Entscheid hoffen. Sein Name sei jedenfalls zu Unrecht durch den Dreck gezogen worden, er sei fälschlicherweise in eine Schublade mit dem skandalumwitterten Fifa-Chef Sepp Blatter gesteckt worden. „Was auch immer passieren wird: Mein Ruf ist beschädigt“, sagte er am Dienstag in einem Interview der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Platini hatte nach dem Urteil gehofft, bei einem möglichen schnellen CAS-Freispruch noch ins Rennen um das Amt des neuen Fifa-Chefs einsteigen zu können. Für den 60-Jährigen wird es also auch ein Wettlauf mit der Zeit, die Wahl findet bereits in knapp zwei Monaten statt.

Als aussichtsreichster Kandidat gilt Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa aus Bahrain, er weiß Asien hinter sich – trotz Vorwürfen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen in seinem Heimatland. Weitere Kandidaten sind Prinz Ali Bin al-Hussein (Jordanien), Jérôme Champagne (Frankreich) und Tokyo Sexwale (Südafrika).

Schwieriger gestaltet sich die Situation bei der Uefa, zumal Generalsekretär Gianni Infantino auch als Fifa-Präsident kandidiert, sofern Platini es nicht tut. Gute Chancen rechnet sich auch der Niederländer Michael van Praag aus. „Ob ich Favorit bin? Ich denke, es ist wichtig, dass wir einen Kandidaten haben, der eine breite Unterstützung findet. Das Wichtigste ist, dass wir als Einheit auftreten“, sagte van Praag. Die Wahl zum Uefa-Präsidenten findet am 3. Mai in Budapest statt. (ag./cg)

Auf einen Blick

Die von der FIFA-Ethikkommission für acht Jahre gesperrten Joseph Blatter (FIFA-Präsident) und Michel Platini (UEFA-Präsident) wollen sich aller Möglichkeiten bedienen, um ihre Sperren anzufechten. Beide kündigten den Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS an, zuvor müssen sie sich allerdings dem Berufungskomitee der Fifa stellen. Platini hofft immer noch, sich für die Wahl zum Fifa-Präsidenten am 26. Februar aufstellen lassen zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2015)

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