Athen erwartet Aufwind

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Die griechische Regierung hofft auf ein Wendejahr und das Ende der Krise. Dafür stutzt sie Pensionen und erhöht die Abgaben.

Athen. Seit Jahren können die Griechen ihrer Zukunft nicht viele positive Seiten abgewinnen. Heuer blicken sie laut Umfragen besonders pessimistisch ins neue Jahr. Zwei Drittel der Griechen glauben, dass 2016 für das Land noch schlechter wird als 2015, noch schlechter also als jenes Jahr, in dem die Banken sperrten und die Griechen wegen der Kapitalkontrollen wieder lernen mussten, ihr Geld zu zählen, bevor sie Brot kaufen gehen.

Optimistischer schätzte Ministerpräsident Alexis Tsipras vom Radikalen Linksbündnis Syriza in seiner Neujahrsbotschaft die Lage ein. Für ihn ist 2016 das Wendejahr für das Ende der griechischen Krise, der „Wiedergewinnung der nationalen Souveränität“ und für die „Wiedergeburt der Heimat“. Konkreter wurde er zuvor in einer Ministerratssitzung, in der er die Ziele für 2016 vorgab.

Höhere Sozialabgaben

Entscheidend sei der Abschluss der ersten Überprüfung des laufenden dritten Rettungsprogramms für Griechenland in Höhe von etwa 65 Mrd. Euro noch im Februar, um die Verhandlungen über die Verminderung der Staatsschuld von derzeit 180 Prozent der Wirtschaftsleistung beginnen zu können. Zur Jahresmitte will Tsipras über den Berg sein: Die Wirtschaft soll im zweiten Halbjahr wieder zulegen, eine Einigung in der Schuldenfrage würde das Klima verbessern und für den heiß ersehnten Zufluss von ausländischen Investitionen führen. Einen Termin für die Rückkehr Griechenlands an die Kapitalmärkte gab Tsipras nicht vor: Sie erscheint zurzeit unrealistisch.

Um die Überprüfung des Programms durch das Gläubigerquartett erfolgreich über die Bühne zu bringen, muss die Regierung für 2016 um die 700 Mio. Euro im Bereich der Pensionen kappen – 1,5 Mrd. Euro wurden bereits 2015 eingespart, durch die Eindämmung von Frühpensionen und die Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge.

Wie man hört, denkt die Regierung nun an die Anhebung der Sozialbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Höhe von insgesamt einem Prozent. Sie waren erst 2014 von der Vorgängerregierung um 3,9 Prozent gesenkt worden, um Anreize für die Einstellung von Personal zu geben. EU-Kommission und IWF dürften wenig erfreut über den Vorschlag sein. Alternativ stellt sich Athen eine Beschneidung von Zusatzpensionen sowie eine Abgabe auf elektronische Geldtransaktionen und andere Abgaben vor.

Das Beharren der Gläubiger auf Eingriffe im Pensionssystem liegt an den hohen staatlichen Zuschüssen, den höchsten im EU-Vergleich. Sie reißen tiefe Löcher in den Staatshaushalt – die Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre wird sich erst nach Jahren positiv auswirken. Zusätzlich wird die Lebensfähigkeit des Systems durch die Überalterung der griechischen Bevölkerung bedroht. Heute entfallen auf einen Pensionisten drei Werktätige, 2044 wird das Verhältnis bereits bei eins zu eins liegen.

Verhandelt wird von der Linksregierung aber vor allem über das seit 2015 geltende neue Pensionssystem, das sie ursprünglich einseitig aussetzte und das die Gläubiger durch die Einigung vom 12. Juli 2015 wieder ins Spiel brachten.

Für Pensionsjahre ab 2011 wird eine Grundsicherung von etwa 360 Euro ausgezahlt, die mit einem je nach Versicherungszeiten variablen Betrag „aufgefüllt“ wird, der durchschnittlich um die 46 Prozent der Bezüge liegt. Die griechische Regierung will den Anteil auf etwa 60 Prozent anheben, da sie auf höheres Wirtschaftswachstum, höhere Beschäftigung und damit mehr Geldsegen aus den Beitragszahlungen hofft. Das derzeitige Problem ist die hohe Arbeitslosigkeit, die bei etwa 25 Prozent liegt und für leere Kassen bei den Versicherungsträgern sorgt.

Aufstand der Bauern droht

Spannungen sind aber sicherlich durch eine andere Verpflichtung der griechischen Regierung zu erwarten, die Griechenland den Gläubigern gegenüber einging: Sie muss die Besteuerung der griechischen Bauern erhöhen. Bereits 2015 wurden Begünstigungen der Bauern beim Erwerb von Benzin abgeschafft, für Aufregung sorgt aber vor allem die Bindung der Regierung, die Besteuerung von derzeit 13 Prozent auf 20 Prozent im Jahr 2016 und auf 26 im Jahr 2017 zu erhöhen. Mit Straßenblockaden und anderen Kampfmaßnahmen ist zu rechnen. Es wird also auch 2016 nicht langweilig werden in Griechenland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2016)

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