50-Blues und selbstständige Schatten beim 33. Wettlesen

Christine Neudecker hat bei den
Christine Neudecker hat bei den "33. Tagen der deutschpragen Literatur" ihren Text "Wo viel Licht ist" vorgetragen (c) Eike Braunsdorf
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Bruno Preisendörfers "Fifty Blues" über einen von Schuldgefühlen geplagten Therapeuten löste bei der Jury eine Debatte aus. Christiane Neudecker erntete mit ihrer Geschichte über einen Softwarekünstler Lob und Kritik.

Der deutsche Schriftsteller Bruno Preisendörfer hat Donnerstagnachmittag den Lesewettbewerb zum 33. Ingeborg-Bachmann-Preis fortgesetzt und mit seiner Erzählung "Fifty Blues" eine lebhafte Debatten bei den Juroren ausgelöst. Seine Nachfolgerin Christiane Neudecker erntete mit ihrem Text "Wo viel Licht ist" sowohl Lob wie Kritik.

Preisendörfer beschreibt in seinem Text "Fifty Blues" einen 50-jährigen Therapeuten, den Schuldgefühle plagen, weil er die Probleme seiner Patienten nicht verhindern kann. Zudem fehlt ihm die nötige Distanz zu seinen Fällen. Ein Clown und die Figur Gottes, der 50 Milliarden Jahre alt ist, kommen in seiner Erzählung ebenso vor.

"Dusseliger Gott" und "moralischer Blues"

Jury-Mitglied Paul Jandl bekrittelte, dass der Autor drei quasi klassische Themen eingebaut habe - nämlich Gott, den Clown und den 50. Geburtstag - ihm aber  nicht klar sei, wie die drei verbunden werden könnten. Meike Feßmann hielt dagegen, dass der Text zwischen Nah- und Fern-Perspektive wechsle, wozu die Figur Gottes gut geeignet sei. Burkhard Spinnen kritisierte, dass der "dusselige Gott" hundertfach bekannt sei. Ijoma Mangold, der den Autor vorgeschlagen hatte, betonte, das Grundthema sei nicht die persönliche Krise des 50-Jährigen, sondern dessen "moralischer Blues" ob des Zustands der Welt. Karin Fleischanderl lehnte den Text zur Gänze ab, er sei "voller Spassettl'n und Klischees". Hildegard Keller zeigte sich "verblüfft" ob der vielen bombastischen Interpretationen, ihr seien diese Einsichten nicht gegeben.

Horrorgeschichte im Computerzeitalter

Christiane Neudecker erzählte von einem Softwarekünstler, der nach Hongkong fliegt, um eine Performance mit seiner Computerkunst zu bereichern. Am Theater sorgt er dafür, dass der Schatten der Tänzerin ein elektronisches Eigenleben entwickelt. Im Lauf der Arbeit beginnt der Künstler jedoch zu bemerken, dass sich sein eigener Schatten selbstständig macht. So wird der Erzähler am Ende zum Schatten, der seinem Körper voraus ist.

Für Keller ist die Erzählung ein "Schlemihl im Computerzeitalter". Alain Claude Sulzer meinte, es habe eine Weile gedauert, bis er gemerkt habe, dass es sich um eine "klassische Horrorgeschichte" handle. Er sei sehr erfreut darüber, dass dieses Genre auch einmal in Klagenfurt präsent sei. Für Feßmann war es "unheimlich spannend" und Jandl lobte die "hohe erzählerische Ökonomie". Fleischanderl wiederum fehlte "die Spur des Mysteriums". Spinnen wollte "nach zwei Seiten" gewusst haben, wie es ausgehen werde. Mangold bemängelte, das Thema "Ichverlust" sei ihm doch sehr bekannt.

(APA)

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