"Kontrollen haben so einen repressiven Touch"

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Steuern seien auch bisher schon zu bezahlen gewesen, sagt Alfred Hacker vom Finanzministerium. Nicht jeder Unternehmer brauche künftig eine Kasse um mehrere tausend Euro.

Seit 1. Jänner gilt die Registrierkassenpflicht. Wie viele Unternehmen ohne Kasse hat die Finanz bereits ertappt?

Alfred Hacker: Dazu kann man noch nichts sagen, weil die Kontrollen noch nicht begonnen haben. Wir haben zuvor ja auch noch unsere Hausaufgaben finalisieren müssen. Denn es ist wichtig, dass die Kontrollen maßvoll und juristisch korrekt durchgeführt werden. Im ersten Quartal steht auch der Informations- und Servicegedanke im Vordergrund. Bis Ende März gibt es ja noch keine Strafen für Firmen, die keine ordnungsgemäße Kasse haben.

Aber es wird gesonderte Kassenkontrollen geben?

Wir gehen in die Unternehmen aufgrund der normalen Betriebsprüfungen oder sonstigen Nachschaumaßnahmen. Es wird aber auch spezielle Maßnahmen hinsichtlich der Registrierkassen geben. Kassenkontrollen hat es aber auch jetzt schon gegeben. Für jene Firmen, die aufgrund ihres Umsatzes schon bisher dazu verpflichtet waren. Wir sehen uns in den ersten Wochen auch nicht als Aufdecker. Kontrollen haben so einen repressiven Touch. Es geht jetzt vor allem darum, nachzuschauen, warum ein Unternehmer nicht in der Lage ist, eine passende Registrierkasse anzuschaffen, beziehungsweise warum er diese noch nicht angeschafft hat. Unsere Beamten haben dabei Informationsbroschüren und Fragebögen mit, um den Firmen zu helfen. Nicht jeder braucht nämlich eine Registrierkasse um 5000 Euro. Für manche reichen Cloud-basierte Lösungen via Smartphone, die um wenige Euros im Monat erhältlich sind.

Laut Schätzungen der niederösterreichischen Wirtschaftskammer haben allein die Hälfte der Unternehmer in Niederösterreich noch keine Kasse. In anderen Bundesländern dürfte die Situation ähnlich sein. Kann sich das bis Ende März noch ausgehen?

Das kann sich auf jeden Fall ausgehen. Die Auswahl und Anschaffung einer Kasse ist eigentlich keine große Sache. Die Unternehmer sollten sich dabei mit Kassenanbietern und auch mit ihrem Steuerberater besprechen und können bei ihrem Finanzamt nachfragen. Auch auf der Website des Finanzministeriums sind wichtige Informationen veröffentlicht.

Ab dem zweiten Quartal gibt es nur mehr dann keine Strafe, wenn man einen guten Grund für die fehlende Kasse vorweisen kann. Ist eine Bestellung der Kasse erst am 31. März ein guter Grund?

Der Puffer des ersten Quartals ist dafür gedacht, dass sich die Unternehmer die Kassen besorgen können. Bekannt ist die Registrierkassenpflicht ja bereits seit letztem März, und das Gesetz wurde im August verlautbart. Die Wirtschaftskammer hat sehr viele Informationsveranstaltungen zu dem Thema gemacht. Der Informationsstand sollte daher hoch sein. Nichts zu tun und zuzuwarten ist also auf jeden Fall zu wenig. Ein Grund für die Nichterfüllung der Registrierkassenpflicht im zweiten Quartal wäre aber beispielsweise, wenn ein Unternehmer krank geworden ist und erst im März wieder so fit ist, dass er handlungsfähig ist und die Kasse anschaffen kann.

Wie viele Unternehmen werden überhaupt neue Kassen brauchen?

Dazu gibt es keine gesicherten Zahlen. Wir gehen aber davon aus, dass die gesetzliche Regelung rund 200.000 Firmen betrifft.

Kritik gibt es aber auch, weil manche technischen Details, die die Kassen erfüllen müssen, ab 2017 gelten. Laufen Unternehmer nicht Gefahr, Kassen zu kaufen, die sie nach einem Jahr nicht mehr verwenden können?

Die versetzte technische Lösung wurde gewählt, damit die Unternehmen mehr Zeit haben. Schlussendlich soll es ab dem 1. Jänner 2017 flächendeckend manipulationsgeschützte Systeme geben. Die Umsätze werden dabei übrigens – anders als in anderen Ländern – nicht automatisch erfasst oder der Finanz übermittelt. Sie bleiben in der Verfügungsmacht des Unternehmens. Die technischen Spezifikationen der ab 2017 notwendigen Kassen sind seit September 2015 auf unserer Homepage angegeben. Wenn Firmen eine Kasse kaufen, sollten sie sich vom Verkäufer garantieren lassen, dass diese Kasse die Anforderungen ab 2017 erfüllt. Wenn der Verkäufer das nicht garantieren will, dann sollte man nicht kaufen.

Das Finanzministerium erwartet zusätzliche versteuerte Umsätze von sechs Milliarden Euro. In der gesamten Gastronomie werden 8,3 Milliarden Euro umgesetzt. Glauben Sie, dass derzeit nur jeder zweite Euro beim Wirten versteuert wird?

Wir werden sicher keinen Generalverdacht gegen irgendeine Branche aussprechen. Es geht bei den Registrierkassen nicht nur um die Gastronomie, sondern auch um den Bau und andere Dienstleistungsbranchen. Die Schattenwirtschaft richtet jährlich einen enormen Schaden in Milliardenhöhe an, zu Lasten der redlichen Wirtschaft und der Steuerzahler.

Was passiert mit einer Firma, die plötzlich eine wundersame Umsatzvermehrung hat? Gibt es da Probleme wegen der Vorjahre?

Es wird keinen Automatismus geben. Es wird also in der Hand und im Ermessen des Betriebsprüfers liegen, sich die Vorjahre anzuschauen. Wir haben ja auch jetzt schon aus unterschiedlichen Gründen das Phänomen plötzlicher Umsatzvermehrungen. Der redliche Unternehmer muss sich keine Sorgen machen. Der vermeintlich unredliche wird nach einer vorangehenden Risikofallauswahl geprüft werden.

Für Kunden gibt es keine Strafen, wenn sie Belege nicht aufheben. Wird es beim Dorfwirten, wo sich Kunde und Wirt gut kennen, nicht weiter das Bier auch schwarz geben?

Ob dieses Phänomen zu hundert Prozent ausgeschlossen werden kann, kann niemand sagen. Aber ich glaube, dass es eine Risikoerhöhung, entdeckt zu werden, für jene gibt, die Steuern nicht abführen wollen. Wir wollen grundsätzlich nicht, dass derjenige, der die Dienstleistung erhält und die Steuer eigentlich zahlt, bestraft wird.

Einige Heurige, aber auch kleine Wirtshäuser haben mit Verweis auf die Registrierkassenpflicht bereits aufgegeben. Sie können sich anscheinend die Steuern nicht leisten. Sind diese zu hoch?

Diese Frage hängt nicht mit den Registrierkassen zusammen, Steuern mussten ja schon bisher bezahlt werden.

Steckbrief

Alfred Hacker leitet die für die Organisation der Steuer- und Zollverwaltung zuständige Abteilung im Finanzministerium. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Erstellung des Gesetzes zur Registrierkassenpflicht beteiligt. BMF

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2016)

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