"Vertreten nicht die, die Steuern hinterziehen"

Registrierkasse, Kasse, Kassa
Registrierkasse, Kasse, KassaAPA/ROLAND SCHLAGER
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Mit der Registrierkasse habe er kein Problem, meint Mario Pulker, Chef des Fachverbands Gastronomie. Sehr wohl aber mit jenen, die Steuern hinterziehen, und mit einer Regierung, die Unternehmer auspresse.

Wenn man die Diskussion über die Registrierkasse verfolgt, bekommt man den Eindruck, Pest und Cholera brächen über die Gastronomie herein.

Mario Pulker: Es geht bei der Debatte um mehr. Es hat keine Branche gegeben, die so viele Verschlechterungen erfahren musste wie die Gastronomie. Die Allergenverordnung, das Rauchverbot, die strenge Gewerbeordnung...

. . . und jetzt muss man auch noch Steuern zahlen . . .

(lacht) Nein, so ist's nicht. Die Branche hat immer schon Steuern bezahlt. Aber unsere Stimme ist eben eine laute, weil wir 90.000 Mitgliedsbetriebe haben.

Und warum genau ist man laut?

Der Grund ist nicht die Registrierkasse an sich, sondern die Belegerteilungspflicht und die vielen Nebenerscheinungen. Das erschwert einen reibungslosen Geschäftsverlauf.


Kann es eine Registrierkassenpflicht ohne eine gleichzeitige Belegerteilungspflicht überhaupt geben?

Ja, sicher, es gibt viele verschiedene Systeme, die eine ordentliche Verbuchung sicherstellen. Bei einem Kassenverbundsystem wird ein Getränk in der Schank erst freigegeben, wenn es der Kellner boniert hat. Diese Daten werden alle gespeichert. Ich habe überhaupt kein Problem mit der Pflicht zur Registrierkasse, unglücklich bin ich über die Erlässe dazu und die Begleitmusik. Wenn eine ganze Branche als Steuerhinterzieher dargestellt wird, ist das schon sehr ärgerlich.


Wie oft haben die Finanzbehörden Ihren Betrieb schon geprüft?

Wir werden laufend geprüft. Ich habe den Betrieb 2002 übernommen und ein neues Kassensystem eingeführt, 2004 hatte ich schon die erste Prüfung. Die letzte war 2014. Eigentlich gibt es kein Jahr, das nicht geprüft wurde.


Darf man fragen, wie viel an Steuern Sie bei der letzten Prüfung nachzahlen mussten?

Bei der letzten Finanzprüfung gar nichts, das war eine Nullprüfung.

Das Problem mit der Registrierkasse haben ja vor allem kleine Betriebe. Sie sperren zu mit der Begründung, dass sich die Arbeit nicht mehr rentiere.

Es stimmt, es sperren viele Betriebe zu. Aber nicht nur wegen der Registrierkasse. Das Problem ist das Zusammentreffen all der Auflagen und Schwierigkeiten, die uns die Regierung macht. Die Registrierkasse ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.


Manche geben aber auch offen zu, dass sie bisher nicht alles versteuert und nur so finanziell überlebt haben.

Da muss sich der Gesetzgeber Gedanken machen, wie man die Betriebe entlasten kann. Es kann nicht sein, dass man die Unternehmer so weit auspresst, dass manchen gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als einige Einnahmen nicht zu versteuern. Wenn ein Betrieb zusperrt, dann zahlt er überhaupt keine Abgaben mehr, und die Eigentümer landen im Sozialsystem.

Aber es ist doch ein fragliches Geschäftsmodell, das darauf aufbaut, einen Teil der Steuern nicht bezahlen zu müssen?

Ja, schon. Man kann nicht sagen, ich kalkuliere damit, dass ich ein Drittel des Umsatzes schwarz mache. Dafür habe ich kein Verständnis, und mit solchen Unternehmen habe ich auch kein Mitleid. Damit schadet man jedem anderen Unternehmer, der Steuern abführt und seine Mitarbeiter ordentlich beschäftigt. Wir vertreten die Realwirtschaft und nicht diejenigen, die Steuern hinterziehen und damit die ehrlichen Unternehmer in Bedrängnis bringen.

Mit solchen Aussagen macht man sich bei manchen Gastronomen aber keine Freunde.

Ich glaube, dass mir jeder ehrliche Unternehmer zustimmt. Alle anderen Betriebe, die sich angegriffen fühlen... wenn sie schwarz kassieren, diskreditieren sie eine ganze Branche. Die Öffentlichkeit hat auch wenig Verständnis dafür, wenn jeder Angestellte seine Steuern bezahlen muss und andere einfach darauf setzen, Steuern hinterziehen zu können.

Aber diese Konkurrenz dürften die Ehrlichen ja bald los sein, wenn die Finanz so streng prüft wie angekündigt.

Es geht ja nicht um ein paar Gastronomen. Unser größter Konkurrent, gerade auf dem Land, sind die Vereine, die keine Registrierkasse brauchen. Auf dem Land sind in den Sommermonaten permanent irgendwelche Vereinsfeste, und die Lokale und Gasthäuser stehen leer. Da gibt es Vereine, die sich nur deswegen gründen, um Geld zu machen. Wenn ein Gastwirt ein Fest veranstaltet, braucht er eine Registrierkasse und muss alle Umsätze eingeben. Dass die Vereine keine Kasse brauchen, das ist unlauterer Wettbewerb, das lassen wir uns nicht gefallen, und dagegen werden wir klagen.

Noch einmal zu den Registrierkassen: Manche Unternehmen sagen, sie könnten sich die neue Kasse nicht leisten und müssten deshalb zusperren.

Da muss es einem Unternehmen aber schon sehr schlecht gehen, wenn es sich eine Registrierkasse nicht leisten kann. Es gibt zum Beispiel ein Mietsystem, das kostet pro Monat ab 19 Euro. Ich glaube, das ist schon drin.

Werden die Mittagsmenüs um 5,50 Euro mit der Umsetzung der Registrierkasse Geschichte sein?

Diejenigen, die gerechnet haben, haben schon bisher gewusst, dass damit nichts zu verdienen ist. Die Gasthäuser haben nur noch an den Getränken verdient. Wenn man sich anschaut, was eine Schachtel Zigaretten kostet, und das mit dem Preis einer Fritattensuppe vergleicht, sollten die Menschen anfangen zu denken. Oder wenn das Kilo Schweinefleisch billiger ist als ein Salat. Da muss es ein Umdenken bei den Menschen geben.

Würden Sie Ihren Kindern eigentlich noch empfehlen, in die Gastronomie zu gehen?

Unbedingt. Meine Tochter macht das, sie geht in die Fremdenverkehrsschule. Ich würde jederzeit wieder in die Gastronomie gehen. Ich kann nicht in einem Büro sitzen, ich mag den Kontakt mit den Menschen. Es ist ein harter Job, aber er macht unglaublich viel Freude.

Trotz Registrierkasse?

Auch mit Registrierkasse.

Steckbrief

Mario Pulker (40) ist seit Mitte 2015 Obmann des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer und seit 2014 Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Niederösterreich.

Der Gastronom führt seit 2002 das Wellnesshotel „Residenz Wachau“ in Aggsbach in Niederösterreich gemeinsam mit seiner Frau Stella.

WK

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2016)

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