Wie Häupl die Wiener SPÖ reformieren will

Die SPÖ-Regierungsmannschaft diskutiert derzeit mit Spitzenfunktionären (Foto von der Konstituierung im Herbst 2015).
Die SPÖ-Regierungsmannschaft diskutiert derzeit mit Spitzenfunktionären (Foto von der Konstituierung im Herbst 2015).(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Die SPÖ-Spitze berät nun die Zukunft der Partei. Es geht um Ansprechpartner im Grätzel und eine gemeinsame Asyllinie.

Wien. Ein Blick über die Berge, direkt an der frischen Luft, schärft die Sinne und sorgt für Klarheit. Vielleicht hat die SPÖ-Spitze deshalb das Hotel am Kahlenberg mit Blick über Wien gewählt – geht es derzeit dort um nichts weniger als die Zukunft der Partei, die nach den deutlichen Verlusten am 11. Oktober 2015 neu aufgestellt werden muss. Das hatte zumindest Parteichef Michael Häupl kurz nach der Wien-Wahl angekündigt. Wobei die Neuaufstellung der Partei derzeit vom Thema Asyl überschattet wird.

Nach „Presse“-Informationen startete die interne Sitzung überraschend ruhig. Das lag daran, dass das heikle Thema Asyl erst am zweiten Tag, also dem Dienstag, auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Teilnehmer berichten, dass zwar „sehr intensiv, aber friedlich“ diskutiert wurde.

Begonnen hatte der Tag mit einer Aufarbeitung des 11. Oktober. Zwar ist die SPÖ mit rund neun Prozentpunkten Vorsprung überraschend klar vor der FPÖ ins Ziel gegangen, hatte aber gleichzeitig fast fünf Prozentpunkte und den elften Bezirk an die FPÖ verloren, die nun erstmals in Wien einen Bezirksvorsteher stellt. Deshalb hatte Parteichef Michael Häupl erklärt: Derartige Verluste seien inakzeptabel, man werde die Partei reformieren und einen Plan zur Rückeroberung von Simmering entwickeln.

Gegen den Pinguin-Effekt

Wie sieht diese Reform aus? Offizielle Statements gibt es erst am Dienstag. Nach „Presse“-Informationen hat Häupl unter dem Motto „Impulse 31 – Zuhören. Handeln. Erneuern“ seiner Partei aber eine massive Öffnung verordnet (die Zahl 31 spiegelt die 23 Bezirke mit den wichtigsten SPÖ-Organisationen wider). Konkret sollen die Sektionen nicht abgeschafft werden, wie manche im Vorfeld behauptet hatten, „sondern sich bei gewissen Themen besser vernetzen, um näher bei den Bürgern zu sein“ und mehr Schlagkraft zu entwickeln, war aus Konferenzkreisen zu hören.

Die rote Basis soll also aktiv auf die Bürger zugehen und nicht nur in den Sektionen sitzen und dort die Probleme ihres Straßenzuges diskutieren. Erwartet wird, dass die Funktionäre künftig auch größere Themen, wie beispielsweise die roten Ideen zum Thema Wohnbau, gemeinsam mit anderen Sektionen vermarkten und mit den Bürgern diskutieren. So soll auch die rote Präsenz im öffentlichen Raum erhöht werden – ein Projekt, mit dem bereits vor Jahren begonnen wurde. Mit „Tue Gutes und rede darüber“, hatte Häupl damals eine bessere Vermarktung der roten Politik gefordert – indem die Funktionäre näher beim Bürger sein müssen. Denn gerade der sogenannte Pinguin-Effekt hatte den SPÖ-Chef im Wahlkampf verärgert. Also rote Funktionäre, die zwar öffentlich Präsenz zeigen, aus Bequemlichkeit aber nur in der eigenen Gruppe im Kreis stehen und den Bürgern somit den Rücken zudrehen. Also nur mit anderen SPÖ-Funktionären reden.

Ein weiterer, zentraler Punkt: „Es geht auch um flächendeckende Ansprechpartner für die Bevölkerung“, ist zu hören. Konkret soll es pro Grätzel einen klar definierten Ansprechpartner geben, an den sich die Bevölkerung jederzeit wenden kann. Durch diesen Grätzel-Ombudsmann (Details werden am Dienstag präsentiert) will Häupl seiner Partei mehr Bürgernähe verordnen und sie wieder zum ersten Ansprechpartner der Bürger machen. Immerhin hatten viele Wiener (vor allem in Gemeindebauten) das Fehlen einer Ansprechperson beklagt. Und sich an FPÖ-Vertreter gewandt.

Ein gemeinsames Asylpapier

Der heikelste Teil steht Häupl allerdings am  Dienstag bevor. Nach den Turbulenzen rund um den Asylgipfel muss er die Partei auf eine Linie einschwören – was nicht leicht wird. Immerhin hatten die roten Stadträtinnen rund um Sonja Wehsely das Ergebnis des Asylgipfels in der Öffentlichkeit massiv kritisiert. Also ein Papier, das in Anwesenheit und mit Zustimmung von Häupl präsentiert wurde – worauf sich postwendend viele hochrangige SPÖ-Funktionäre auf die rote Frauenriege und deren uneingeschränkte Willkommenskultur einschossen. Vor allem SPÖ-Chefs aus jenen Bezirken, in denen die Bürgermeisterpartei gegen die FPÖ kämpft (also die bevölkerungsreichen Bezirke) haben bei ihrer Klientel mit dieser Linie einen schweren Stand. Immerhin ist dort zu hören, dass die Refugees-Welcome-Stimmung nach den Ereignissen von Köln zu kippen beginnt. An der roten Basis wird es deutlicher formuliert: „Die Stimmung ist nicht am Kippen, sie ist gekippt.“ Die Grenzen seien erreicht, Wien habe nicht mehr genug Kapazitäten, weil man nun gezwungen sei, große Flüchtlingsheime einzurichten, was man unbedingt vermeiden wollte.

Jedenfalls ist geplant, zum Abschluss der Tagung ein Positionspapier mit einer gemeinsamen Asyllinie zu präsentieren, weshalb der Wiener Flüchtlingskoordinator, Peter Hacker, der Dinge gern beim Namen nennt, einen Vortrag über die Situation halten wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2016)

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