Kalê: Eine hochprozentige Hommage an Wien

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Zwei Quereinsteiger in Sachen Spirituosen haben mit dem Kalê einen Wiener Kräuterlikör kreiert - und fügen sich damit in eine Reihe neuer Drinks mit starkem Wien-Bezug.

Es ist die alte Frage nach der Henne oder dem Ei. Wer zuerst da war, lässt sich nicht immer so einfach klären. Auch dann nicht, wenn es um die Wiener Barszene geht. Natürlich gibt es sie – genauso wie die Software dazu, also die Drinks – schon lang. Aber dennoch fällt auf, dass sich in den vergangenen Jahren in Wien einiges getan hat.

Neue, junge Bars, in denen statt auf Happy Hour und bunte Schirmchen auf Qualität in Form von selbst angesetzten Essenzen, Signature Drinks und besonders feinen Spirituosen gesetzt wird, sind in den vergangenen Jahren wie die sprichwörtlichen Schwammerln aus dem Boden geschossen. Man denke nur an die Botanical Garden Bar im Untergeschoß des Café Stein, an das neue Kleinod in der Innenstadt, das so wirkt, als wär es bereits jetzt eine Wiener Institution, oder aber an die bunte Miranda Bar in der Esterhazygasse, die wiederum mit der Bar mit dem ungewöhnlichen Namen If dogs run free zusammenhängt. Ganz zu schweigen von der geheimen Tür 7, die in der Josefstadt auf ein Türschild verzichtet, aber den Gästen so etwas wie ein edles, gemütliches Wohnzimmer bietet inklusive Cocktailangebots, mit dem keine Hausbar mithalten kann.

Diese Aufzählung ließe sich wohl noch eine Weile fortführen. Um aber auf die Frage mit der Henne und dem Ei zurückzukommen: Parallel dazu gibt es auch immer mehr heimische Spirituosen abseits des Mainstreams. Dass heimische Brenner auch durchaus ein Auge auf internationale Trends haben – Stichwort Dauerbrenner Gin – und ihr Sortiment abseits von Williamsbirne und Co. ausweiten, ist ein Indiz. Ein anderes hingegen, dass nun auch selbst Quereinsteiger unter die Spirituosenproduzenten gehen und das heimische Sortiment vergrößern. Und auffällig ist dabei, dass der Wien-Bezug gern in den Vordergrund gestellt wird.

Das ist etwa bei dem Wiener Vermouth-Produzenten Burschik so. Die Wurzeln des Betriebes gehen zwar bis ins Jahr 1891 zurück, den Großteil der Zeit hat man sich aber auf den Getränkehandel konzentriert. Erst seit ein paar Jahren taucht Burschiks Vermouth wieder verdächtig oft auf, nicht ohne dabei die Wiener Herkunft zu betonen.

Auch die drei Herren, die unter den Namen Kesselbrüder einen Wien Gin herstellen, spielen gern mit dem historischen Image der Stadt. „Wir wollten einen Gin machen, der so charmant ist wie Wien. Es gibt einen Berliner Gin, einen Münchner und einen Hamburger Gin. Nur ein Wien Gin hat noch gefehlt“, sagt Florian Koller, der gemeinsam mit zwei Freunden die Gin-Produktion aufgenommen hat. Der Wien Gin, der auch im Kleinod, Heuer am Karlsplatz oder in der Loosbar serviert wird, beinhaltet neben der typischen Wacholder-Note auch Orange, Zitrone und allen voran Holunder. Die türkis gehaltene Flasche erinnert ein bisschen an Kölnisch Wasser, aber auch an den Wiener Jugendstil.

Dieser Tage kommt eine weitere neue Wiener Spirituose auf den Markt. Mit Miriam Strobach und Gregor Einetter stehen ebenfalls zwei Quereinsteiger (in Sachen Spirituosen) hinter dem Wiener Kräuterlikör Kalê. „Kalê ist die anmutigste der Grazien in der Mythologie. Ein schöner Name für ein Getränk für einen schönen Moment“, sagt Einetter. Er betreibt gemeinsam mit Strobach die Agentur Le Foodink, die kulinarische Projekte in puncto Entwicklung, Design und Software berät. Auch der Online-Fleischversand Porcella stammt von den beiden.


Von der Muse geküsst. „Man hat ja oft so Ideen, manche bleiben, viele verwirft man wieder. Die Idee, einen Drinks zu machen, hat uns aber nicht mehr losgelassen. Man kann auch sagen, uns hat die Muse geküsst“, sagt Strobach. Also haben die ambitionierten Hobbyköche vorerst daheim begonnen zu experimentieren und verschiedene, vorwiegend exotische Kräuter mit Alkohol angesetzt. Ein Jahr haben sie getüftelt, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden waren. Soeben haben sie die ersten tausend Flaschen abgefüllt, ab Freitag werden sie in einem Pop-up-Shop verkauft.

Heinz Reitbauer hat den Drink in seinem Steirereck bereits ins Silvestermenü eingebaut. Auch in anderen Lokalen ist Kalê schon zu haben. Allen voran im Heurigen Liszt im burgenländischen Leithaprodersdorf, in dem der Likör nun auch produziert wird. Irgendwann waren die vielen Ansatzgläser in der Privatwohnung dann doch zu viel. Gemeinsam mit dem Heurigenbetreiber Bernhard Liszt wird der Likör nun in dessen Weinkeller angesetzt. Etwa sechs Wochen haben die Kräuter dort Zeit zu wirken, dann wird (vorerst) grob filtriert und abgefüllt. „Die erste Abfüllung ist fast unfiltriert, von der Machart ein bisschen ähnlich wie Naturwein. Das ist eher etwas für interessierte Liebhaber“, sagt Einetter. Der erste angesetzte Likör wurde lediglich mithilfe eines Damenstrumpfes filtriert. Die nächste Partie soll dann feiner und mit einem im Weinbau üblichen Schichtenfilter filtriert werden.


Aphrodisierende Wirkung. Auch wenn die beiden gern von einem Wiener Kräuterlikör sprechen – „er ist in Wien entstanden, wurde von Wien inspiriert und für Wien gemacht“ – finden sich vorwiegend exotische Kräuter aus Südamerika und Asien in dem Likör: das japanische Grünteepulver Matcha, Yuzu – eine vor allem in Japan beliebte Zitrusfrucht –, das aus Mittelamerika stammende Heilkraut Damiana, die Wurzel der Maca-Pflanze, aber auch Eukalyptus, Ginko, Guaraná und Baldrian. Angesetzt wird der Likör übrigens in Bio-Alkohol. Der Zuckergehalt liegt bei knapp über 15 Prozent.

Das Damiana-Kraut hat es den beiden besonders angetan. Immerhin hat es eine Wirkung, die sich – auch als Verkaufsargument – nie schlecht macht. Damiana wirkt anregend und gilt als Aphrodisiakum. „Wir haben mit unserer Apothekerin in der Mohren-Apotheke geplaudert und ihr erzählt, dass wir eine spannende Zutat suchen. Sie hat uns auf Damiana gebracht“, erzählt Einetter. Die Apothekerin war es auch, die dem Getränk eine anregende und zugleich entspannende Wirkung attestiert hat. Einige Zutaten sollen auch blutreinigend und verdauungsfördernd wirken. „Es ging uns aber in erster Linie um den Geschmack. Ich mag Kräuterliköre wie Averna oder Ramazzotti und wollte etwas Eigenes, Feineres machen“, sagt Einetter.

Verkauft wird die 0,7-Liter-Flasche im Einzelhandel um 29 Euro, unter anderem auch in der Mohren-Apotheke in der Wipplingerstraße. Getrunken werden kann Kalê übrigens wie jeder andere Kräuterlikör pur, auf Eis, mit Zitrone, mit Soda oder als Cocktail, etwa als Sour. Wobei es in puncto Einsatzmöglichkeiten ja jetzt genug junge, kreative Bars in Wien gibt.

Auf einen Blick

Kalê-Pop-up-Shop:
5. bis 20. 2. (Mo–Sa, 12–19 Uhr), Galerie im Zweiten (2., Hollandstraße 7); Kalê-
Bestellungen ✆ 0660/84 22 932

Kalê sour: 6 cl Kalê, 3 cl Zitrone, 1,5 cl Zuckerwasser, 1 Eiklar, Eiswürfel.
Alles in einen Shaker geben und gut durchschütteln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.