ÖFB-Legionäre weiter hoch im Kurs: "Anderes, professionelleres Denken"

Horst Heldt
Horst Heldt(c) APA/AFP/PATRIK STOLLARZ
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Schalke-Vorstand Horst Heldt plaudert über Österreicher wie Alessandro Schöpf, Transfers, Geld, Titelträume und erinnert sich an den "Kultklub" Sturm Graz.

Die Presse: Mit Alessandro Schöpf debütierte gegen Darmstadt ein 21-jähriger Österreicher für Schalke. Wie sind Sie auf ihn gestoßen, was erwarten Sie von ihm?

Horst Heldt: Konkretisiert hat sich unser Interesse bei seiner Zeit in Nürnberg. Er hat sehr gute Leistungen abgeliefert, hatte Einsätze in der Nationalmannschaft. Er ist ein Spieler mit Perspektive, und da wir ein Verein sind, der gern junge Spieler einsetzt, haben wir zugegriffen. Wir sind schließlich nicht die Einzigen auf der Welt, die mit guten Spielern zusammenarbeiten möchten.

Kolportiert wurden sechs Millionen Euro Ablöse. Geld spielt im Fußball eine immer größere Rolle, schießt es wirklich Tore?

Geld ist natürlich ein Thema. Es fängt beim Gehalt an und hört bei der Ablöse auf. Aber was zählt, sind die Fakten: Alessandro ist ein junger Spieler, hatte seine Einsätze, schoss Tore – das gilt es am Ende einzuschätzen. Was hat er geleistet, wozu ist er in der Lage? Traut man ihm zu, dass er seinen Weg geht? Ist es sportlich sinnvoll, hat er Perspektive? Dass er Geld kostet, ist klar. Man muss auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten, es besteht ja durchaus die Möglichkeit, dass man Spieler irgendwann für noch mehr Geld verkauft. Das ist bei Alessandro nicht der primäre Plan, er soll uns vor allem besser machen.

Fortlaufend fallen Namen und beliebig dazu Klubs im Transfertheater. Aleksandar Dragović taucht permanent in diesem Spiel auf, zuletzt wurde auch Kevin Wimmer mit Schalke in Verbindung gebracht . . .

Die Spekulationen sind Part of the Game. Ob etwas dran ist, zeigt sich am Ende der Transferperiode. Fakt ist: Wir sahen auf dieser Position Handlungsbedarf.

Mittlerweile kicken über 20 Österreicher in der deutschen Bundesliga. Aus Exoten sind offensichtlich begehrte Fachkräfte geworden.

Wir arbeiten gern mit Österreichern zusammen, Skifahrer haben wir selbst genug . . . (Lacht.) Daher sind wir jetzt auf eure Fußballer aus. Nein, Spaß beiseite. In den letzten Jahren hat man den Eindruck gewonnen, dass mit der Verpflichtung des Teamchefs (Marcel Koller, Anm.) ein anderes Denken bemerkbar geworden ist. Im Nachwuchsbereich sieht man das, im Nationalteam. Es wird noch professioneller gearbeitet – das spiegelt sich darin wieder, dass immer mehr Spieler den Weg zu europäischen Klubs finden. Sie sind sehr gut ausgebildet, in Österreich wird nachhaltig gearbeitet.

Nachhaltig, gutes Stichwort. Ein Österreicher war es auch, der Schalke 1958 zur letzten Meisterschaft geführt hat: Edi Frühwirth. Seitdem läuft Ihr Topklub diesem Ziel hinterher, warum? Wie sehr nagt das am Image?

Ich glaube nicht, dass etwas an uns nagt, aber natürlich ist die Meisterschaft einer von vielen Wünschen. Für welchen Verein ist sie das nicht? Aber es haben sich mittlerweile die Kräfte in der Bundesliga dahingehend verschoben, dass es viele gute Klubs gibt – und mit dem FC Bayern einen Branchenprimus. Dieser Klub hat ganz andere wirtschaftliche und sportliche Voraussetzungen, da wird es auch in den kommenden Jahren sehr schwer werden, daran zu kratzen. Es muss ja nicht immer nur die Vision sein, deutscher Meister zu werden.

Das klingt keineswegs euphorisch. Ist es wirklich so utopisch, deutscher Meister zu werden?

Das habe ich nicht gesagt, nur dass Bayern, sowohl sportlich als auch wirtschaftlich, die besten Voraussetzungen hat. Daneben gibt es aber einige andere gute Vereine in Deutschland, die viel erreichen können.

Wenn es nur um Geld geht, müsste die Liga des Weltmeisters vor der Premier League und ihren Milliarden aus den TV-Verträgen zittern, oder?

Naja. Nehmen wir das Beispiel Schöpf. Er hat keinen Gedanken daran verschwendet, nicht zu Schalke, sondern in die Premier League zu gehen. Ich glaube nach wie vor, dass man als deutscher Bundesligist nicht zittern muss. Zwar wird man ab und zu bei der einen oder anderen Verpflichtung den Kürzeren ziehen oder Spieler verlieren. Dann kann man aber von der Ablösesumme profitieren.

Es ist beinahe in Vergessenheit geraten: Sie spielten 2001/2002 bei Sturm Graz. Es waren 33 Spiele, Sie schossen ein Tor . . .

Eins, tatsächlich . . . ? (Lacht.) Meine Erinnerungen sind zwiegespalten. Es war eine interessante Erfahrung, positiv sind mir die Stadt, die Fans in Erinnerung. Die Fans habe ich in mein Herz geschlossen, sie haben mich kolossal unterstützt. Weniger erfreulich war, dass es sportlich nicht so funktioniert hat, warum auch immer. Nach eineinhalb Jahren war das Engagement vorbei. Sturm aber bleibt für mich ein Kultverein.

ZUR PERSON

Horst Heldt (*9. Dezember 1969 in Königswinter)spielte für Köln, 1860, Frankfurt, Sturm Graz (01/02) und Stuttgart. Seit 2010 ist er Sport-Vorstand bei Schalke.
Alessandro Schöpf ist der achte Österreicher bei den Knappen nach Franz Hasil, Johann Pirkner, Kurt Jara, Edi Glieder, Christian Fuchs und den Trainern Edi Frühwirth, Max Merkel. [ AFP]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2016)

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