Der Countdown läuft: Noch 100 Tage bis zur Euro 2016

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alaba euro 2016(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Fußball. 100 Tage vor der Europameisterschaft gehen die Vorbereitungen von Teamchef Marcel Koller in die heiße Phase. Einige seiner Leistungsträger sind schon in EM-Form, andere noch nicht.

Wien. Die einen träumen bereits vom „Wunder von Paris“, andere erinnern daran, dass Fußball-Österreich stets unsanft auf den Boden der Realität zurückgeholt wurde, wenn man sich Chancen ausgerechnet hat. Jüngstes Beispiel: Rapid. Heute, 100 Tage vor der Europameisterschaft in Frankreich (10 Juni bis 10. Juli), ist aber Folgendes unbestritten: Die heimischen Fußballer taugen wieder als Vorbilder, und Teamchef Marcel Koller bescherte Österreich nicht nur eine souveräne und erfolgreiche EM-Qualifikation – die erste aus eigener Kraft –, sondern auch einen Platz unter den Top Ten der Fifa-Weltrangliste (10.).

Nicht weniger als „Die Kunst des Siegens“, so heißt Kollers eben erschienene Biografie, wird vom Teamchef inzwischen erwartet. Die Erfolgsgeschichte des Schweizers ist hinlänglich bekannt: Erst kritisch, mitunter feindselig empfangen, ist er nun eine Art Nationalheld. „Der Adoptierte“, titelte die „Neue Zürcher Zeitung“. Kollers Vertrag beim ÖFB läuft nach der EM aus, in seiner Heimat ist der 55-Jährige weiterhin ein Kandidat für den Posten des Nationaltrainers. Auch vom deutschen Zweitliga-Spitzenreiter Leipzig soll Koller umworben werden. ÖFB-Präsident Leo Windtner will deshalb noch vor der EM Klarheit darüber, ob Koller Österreich auch in die Qualifikation zur WM 2018 in Russland führen wird. Zukunftsangst wird der Teamchef jedenfalls keine verspüren.

Angesichts der Lobpreisungen von allen Seiten gab sich Koller im Servus-TV-Interview gewohnt bescheiden und schilderte die akribischen EM-Vorbereitungen: „Viele Spiele anschauen, analysieren und zusammenschneiden, um dem Team das Richtige vermitteln zu können.“

Titel- und Abstiegskämpfe

Der Blick in die europäischen Ligen zeigt, dass sich Kollers Stammelf teilweise schon in EM-Form präsentiert, er offenbart aber auch Sorgenkinder. ÖFB-Kapitän Christian Fuchs führt mit Leicester die Premier League vor den Großklubs aus London und Manchester an. Aleksandar Dragović steht mit Kiew in der Champions League zwar gegen Manchester City vor dem Aus, ist aber weiterhin einer der gefragtesten Innenverteidiger Europas. Sebastian Prödl will den Stammplatz in Watfords Abwehr nach einer Blessur zurückerobern.

Julian Baumgartlinger ist seine Führungsrolle in Mainz gewiss, David Alaba glänzt im Münchner Starensemble, egal, auf welcher Position. Stoke-Legionär Marko Arnautović fand mit einem Doppelpack zurück auf die Siegerstraße, Marc Janko musste in Basel eine Rotsperre absitzen, ist aber mit 13 Treffern bester Torjäger der Liga.

In Stuttgart wurde Rechtsverteidiger Florian Klein allerdings auf die Bank verdrängt, außerdem muss Martin Harnik nach einer Knieverletzung mit der Joker-Rolle vorliebnehmen. Keine leichte Zeit hat auch Zlatko Junuzović, der mit Werder im Abstiegskampf steckt. Als Ersatzkapitän erlebt er die Bremer Krise an vorderster Front.

Ein Fragezeichen steht hinter der Torhüterposition. Stammgoalie Robert Almer hat verletzt vier Monate pausiert, Koller wollte deshalb Ingolstadt-Keeper Ramazan Özcan nicht als Nummer eins ausschließen. „Ich hoffe, dass zumindest alle gesund sind, um aus dem Vollen schöpfen zu können.“

Pflichtsiege gibt es keine

Getestet wird noch gegen Albanien, Türkei, Malta und die Niederlande. Bei der EM wird Ungarn der erste Prüfstein des ÖFB-Teams sein. Ungarns Ko-Trainer, Andreas Möller, sieht sein Team aber als Außenseiter. Der zweite Gegner Portugal steht und fällt wohl mit Cristiano Ronaldo. Nach der Vorentscheidung in der spanischen Meisterschaft zugunsten von Barcelona verlor der Real-Madrid-Star die Nerven, beschwerte sich öffentlich über die Mitspieler. Sollte Real nicht noch die Champions League gewinnen, reist Ronaldo wohl ohne Titel nach Frankreich.

Ein Sieg und zwei Remis, so lautet Österreichs Bilanz gegen den letzten Gruppengegner Island. Vor der goldenen Generation mit Legionären in England, Frankreich und der Schweiz sowie dem erfahrenen Trainer Lars Lagerbäck ist also Vorsicht geboten. Koller weiß das freilich alles, die Vorbereitungen laufen ohnehin auf Hochtouren. „Die Freizeit ist knapp bemessen“, sagt der Teamchef.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2016)

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