Die Bühne des Alleinherrschers

Novak Djoković
Novak Djoković(c) APA/AFP/SAEED KHAN
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Novak Djoković fertigte im Finale der Australian Open Andy Murray ab. Er feierte seinen elften Grand-Slam-Titel.

Melbourne/Wien. Novak Djoković ist der Tennis-König von Melbourne, nun auch offiziell. Der topgesetzte Serbe ließ in einer Neuauflage des Vorjahresfinales Andy Murray keine Chance und gewann mit 6:1, 7:5, 7:6 (3) – sein bereits sechster Erfolg, womit er mit Rekordsieger Roy Emerson gleichzog. Als erste Amtshandlung küsste der neue und alte Titelträger den Boden der Rod-Laver-Arena, in der er in Endspielen weiterhin ungeschlagen ist. Danach umarmte er Boris Becker, dem Coach wurden dabei die Augen wässrig. „Wir leben jeden Tag, jede Stunde mit diesem Ziel, auf dieser Bühne zu stehen“, sagte Djoković und richtete aufmunternde Worte an seinen Rivalen. „Du bist ein großer Sportler und Mensch. Du wirst mehr Möglichkeiten bekommen, um diese Trophäe zu spielen. Ich wünsche euch nun alles Gute für euer Kind. Das ist das Größte, was einem passieren kann.“

Für Murray setzte sich in Down Under der Endspielfluch fort, zum fünften Mal ging er als Verlierer vom Platz, zum vierten Mal unterlag er Djoković. „Ich habe das Gefühl, als hätte ich das schon einmal erlebt“, scherzte der Schotte, ehe ihn die Emotionen übermannten. „Es waren schwere Wochen“, gestand er. Schwiegervater Nigel Sears kollabierte auf der Anlage, zu Hause wartet seine hochschwangere Frau. „Kim, du warst eine Legende. Mit dem nächsten Flieger komme ich nach Hause.“

Einseitige Angelegenheit

Djoković untermauerte im Finale erneut seine derzeitige Vormachtstellung. Wie schon bei der Gala gegen Roger Federer (ATP-3.) im Halbfinale wurde auch der Vergleich mit der Nummer zwei der Welt zu einer einseitigen Angelegenheit. Der Serbe überrollte sein Gegenüber im ersten Satz regelrecht, nach gerade einmal 19 Minuten stand es bereits 5:0 – deutlicher kann eine Ansage nicht ausfallen. Murray lag zwar am Ende bei Assen (12:7) und Winnern (40:31) vorn, doch mit nur zwei von sechs verwandelten Breakbällen sowie 65 unerzwungenen Fehlern brachte er den Weltranglistenersten nur selten in Bedrängnis.

Erst im zweiten Durchgang kamen die Zuschauer in der ausverkauften Rod-Laver-Arena auf ihre Kosten, Murray agierte deutlich entschlossener und damit zumindest phasenweise auf Augenhöhe mit Djoković. Beim Stand von 5:5 kassierte der Schotte nach 40:0-Führung allerdings noch das Break, womit auch der zweite, 80 Minuten lange Satz entschieden war. Im dritten nahm Djoković seinem Gegner gleich zu Beginn das Service ab, Murray kämpfte sich in der Folge zwar ins Tie-Break, doch nach 2:53 Stunden krönte der Serbe mit seinem dritten Matchball seinen eindrucksvollen Sieg – der 22. im 31. Duell mit Murray.

Gleichauf mit Legenden

Mit seinem elften Grand-Slam-Titel liegt Djoković nun gleichauf mit Legenden wie Rod Laver und Björn Borg. Auf Rekordsieger Federer fehlen dem 28-Jährigen noch sechs Siege. 21 siegreiche Major-Partien in Folge hat der Serbe bestritten, der ersehnte erste Triumph bei den French Open scheint heuer näher denn je. Auch der Grand oder Golden Slam (vier Majors und Olympia) sind ob seiner Form und dem Vorsprung gegenüber der Konkurrenz in Reichweite.

Djokovićs Dominanz befeuert auch die ewige Diskussion. Federer hat zwar mehr Titel und Fans, doch die Anhänger des Serben werden nicht müde, Statistiken zu bemühen, nach denen ihr Liebling bereits jetzt der beste Tennisspieler der Welt ist. So hat Federer zwölf seiner 17 Titel bis 2007 gesammelt und damit vor der Ära der Big Four. Zudem rangierten dessen Finalgegner bei Grand Slams im Schnitt auf Rang 16,3 der Weltrangliste, bei Djoković war es im Vergleich 6,5. Bis auf ein Major hat die aktuelle Nummer eins alle im Endspiel gegen Federer, Murray oder Rafael Nadal gewonnen, gegen die er im Head-to-Head jeweils führt, insgesamt mit 69:54 Siegen.

Neben Djoković sorgte auch Bruno Soares am Sonntag für ein Glanzlicht. Der Brasilianer, der bis vergangenen November noch mit Alexander Peya zusammenspielte, war am Tag nach dem Erfolg im Doppel-Bewerb an der Seite von Jamie Murray (2:6, 6:4, 7:5 gegen Daniel Nestor und Radek Štěpánek) auch im Mixed mit der Russin Jelena Wesnina erfolgreich. Das Duo besiegte im Endspiel Coco Vandeweghe/Horia Tecau (USA/ROM) mit 6:4, 4:6, 10:5.

Soares hat damit das Kunststück geschafft, innerhalb von 16 Stunden das Double zu holen. Zeit zum Schlafen blieb dem Brasilianer kaum. „Ich habe von Kaffee gelebt, also ich hatte heute schon 22 Kaffees. Aber das war es wert“, erzählte der 33-Jährige.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2016)

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