In Texas sorgt eine Zika-Infektion durch Geschlechtsverkehr für Schlagzeilen - für österreichische Virologen eine mögliche Variante, doch nicht wesentlich für die Verbreitung.
Der erste bekannte Fall einer Ansteckung mit dem Zika-Virus in den USA geht den Behörden zufolge wahrscheinlich auf eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr zurück. Die Erkrankung sei nicht durch einen Mückenstich ausgelöst worden, erklärte das Gesundheitsamt für die Region rund um die texanische Großstadt Dallas am Dienstag.
Österreichische Mediziner halten diese Infektionsmöglichkeit in Einzelfällen zwar für denkbar, sie spiele aber für die Verbreitung der Erkrankung keine Rolle. Dies erklärten die Wiener Experten Herwig Kollaritsch und Lukas Weseslindtner am Mittwoch.
"Eine sexuelle Übertragung ist denkbar. Epidemiologisch spielt sie beim Zika-Virus aber keine Rolle. Sonst müsste man ja viel mehr Fälle über diesen Übertragungsweg sehen", betonte Tropenmediziner Kollaritsch gegenüber der Austria Presse Agentur. Bisher sei ein solcher Fall belegt, ein zweiter Verdachtsfall "vage".
"Knallharte Daten" fehlen noch
Ganz ähnlich äußerte sich Lukas Weseslindtner vom Department für Virologie der MedUni Wien. Er hat vor wenigen Tagen gemeinsam mit Stephan Aberle eine Faktenzusammenstellung zum Zika-Virus bzw. den bisher registrierten Krankheitsausbrüchen veröffentlicht. "Ich glaube, es fehlen hier noch knallharte Daten."
Es gebe allerdings Berichte, dass das Virus vertikal - also von einer infizierten Mutter auf das Kind - übertragen werden könne. Das könne sowohl beim Geburtsvorgang als auch noch über die Plazenta im Mutterleib geschehen. Denkbar sei, dass das Virus in der Akutphase einer Infektion mit einer hohen Virusvermehrung und Erregern im Blut (Virämie) auch in anderen Körperflüssigkeiten (Vaginalsekret, Samenflüssigkeit) vorkomme. Das könnte eventuell in den ersten drei, vier Tagen nach dem Auftreten von Symptomen möglich sein. "Aber weiterhin ist die Verbreitung über Stechmücken am wichtigsten. Alle anderen möglichen Infektionswege dürften keine große Rolle spielen", betonte Weseslindtner.
Texas kein Ansteckungsgebiet
Die infizierte Person in Texas habe Sex mit jemandem gehabt, der nach Venezuela gereist sei, sich aber selbst nicht in dem südamerikanischen Land aufgehalten. Dabei sei die Übertragung erfolgt. Das Gesundheitsamt des Bundesstaates Texas zeigte sich zunächst etwas zurückhaltender. Eine sexuelle Übertragung sei in diesem Fall wahrscheinlich, hieß es in einer Erklärung.
In Texas waren zuvor mehrere Zika-Fälle festgestellt worden, bei denen sich die Erkrankten auf Auslandsreisen infiziert hatten. Eine Übertragung über Mücken ist den Behörden zufolge in der Region um Dallas nicht bekannt.
Schädelfehlbildungen in Brasilien angestiegen
Das Virus gilt vor allem für Schwangere als gefährlich. Tausende Missbildungen bei Neugeborenen werden in Brasilien mit Zika in Verbindung gebracht: Die Zahl bestätigter Schädelfehlbildungen bei Babys ist in dem südamerikanischen Land ist innerhalb einer Woche deutlich angestiegen. Wie das Gesundheitsministerium am Dienstagabend mitteilte, stieg die Zahl von 270 auf 404 - in 17 Fällen konnte nachgewiesen werden, dass sich schwangere Frauen zuvor mit dem Zika-Virus infiziert hatten.
Zuvor waren es sechs Fälle. Zudem werden derzeit noch 3.670 Fälle mit einem Verdacht auf Schädelfehlbildungen (Mikrozephalie) untersucht. 76 (Vorwoche: 68) Babys seien daran bereits gestorben. Der von der Moskitoart Aedes aegypti übertragene Zika-Virus steht wegen des sprunghaften Anstiegs an Schädelfehlbildungen im Verdacht, diese bei einer Infektion von Schwangeren auszulösen. Die Babys sind wegen des zu kleinen Gehirns meist geistig behindert oder sterben.
WHO: Zuverlässige Tests fehlen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Montag den weltweiten Gesundheitsnotstand ausgerufen, um den internationalen Kampf gegen den Zika-Erreger zu erleichtern. Brasilien als am stärksten betroffenes Land begrüßte diesen Schritt. Bislang ist das Virus binnen weniger Monate in 26 Ländern Lateinamerikas aufgetaucht.
Eines der Hauptprobleme ist laut WHO das Fehlen eines zuverlässigen Tests, um zu wissen, ob ein Mensch infiziert ist. Das erklärt die hohe Schätzbreite in Brasilien von 500.000 bis 1,5 Millionen Zika-Infektionen - viele Menschen merken diese gar nicht. Denn im Normalfall verläuft sie weitgehend harmlos: Leichtes Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Hautrötungen sind Symptome. Bisher gibt es keinen Impfstoff, der nun forciert entwickelt werden soll.
In Rio de Janeiro, wo im August die Olympischen Spiele stattfinden, gibt es 196 Mikrozephalie-Verdachtsfälle - davon aber erst zwei bestätigte Fälle. Allerdings finden die Olympischen Spiele im brasilianischen Winter statt, wenn die Moskitoart kaum aktiv ist.
(APA/Reuters)