Jagd auf die Bank-Austria-Kunden

Filialschließungen, wie bei der Bank Austria angekündigt, könnten Kunden dazu bringen, die Bank zu wechseln.
Filialschließungen, wie bei der Bank Austria angekündigt, könnten Kunden dazu bringen, die Bank zu wechseln.(c) APA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Die Diskussionen um das Privatkundengeschäft der Bank Austria haben bei vielen Kunden für Verunsicherung gesorgt. Die Erste Bank will 2016 nun offensiv diese Kunden gewinnen.

Wien. Wird das Geschäft mit den österreichischen Privatkunden der Bank Austria „nur“ massiv zusammengeschnitten, oder wird es sogar an die Bawag verkauft? Diese Frage dominierte im vergangenen Herbst die öffentliche Diskussion rund um die heimische Tochter der italienischen Unicredit. Das Ergebnis ist seit Mitte Dezember bekannt: Die Bank wird in den kommenden drei Jahren 70 von 190 Filialen schließen, bleibt aber wie gehabt als Bank Austria bestehen.

Dennoch dürfte die wochenlange Unklarheit bei vielen Kunden der Bank zu großer Verunsicherung geführt haben. Das ist zumindest das Ergebnis einer Studie, die von Konkurrent Erste Bank in Auftrag gegeben wurde und bei der 1000 Österreicher befragt wurden. Demnach liege die Bereitschaft, die Bank zu wechseln, im Schnitt bei 16 Prozent aller Kunden. „Bei einzelnen Mitbewerbern ist dieser Wert zuletzt aber auf 30 Prozent hochgeschnellt“, so Thomas Uher, Chef des Österreich-Geschäfts der Erste Bank. Konkrete Namen will er zwar nicht nennen, es ist jedoch klar, dass damit die Bank Austria gemeint ist. So sagt Uher zu dem niedrigen Wert von acht Prozent wechselwilligen Kunden bei seinem Institut: „Wir haben uns aus den negativen Schlagzeilen herausgehalten und haben auch eine klar österreichische Struktur.“

Anstieg im vierten Quartal

Aber nicht nur die selbst in Auftrag gegebene Studie ist für Uher Beweis, dass „bisher starre Marktanteile in Bewegung geraten und die Kunden wechselwilliger werden“. So habe die Erste Bank (inklusive Sparkassen) im Vorjahr knapp 200.000 neue Kunden gewinnen können. „Und im vierten Quartal war die Neukundengewinnung dabei um 50 Prozent höher als in den ersten drei Quartalen. Ein wesentlicher Anteil dieser Zugewinne in den letzten drei Monaten des Jahres wird von der Bank Austria sein“, so Uher.

Man habe sich daher vorgenommen, „diese Stimmung zu nutzen und auch 2016 Marktanteile hinzuzugewinnen.“ Für heuer erwartet sich die Erste Bank einen Zugewinn von rund 300.000 Kunden inklusive der Sparkassen.

Allerdings sind diese Zahlen Bruttozahlen – jene Kunden, die der Bank abhanden gekommen sind, sind dabei nicht gegengerechnet. Außerdem wächst die Zahl der Kunden auch in Summe, weil die Bevölkerung steigt und immer mehr Österreicher auch Kunden von zwei oder mehr Banken sind.

Daher sieht man bei der Bank Austria die offensiven Worte des Konkurrenten verhältnismäßig gelassen. „Es gab viele Kunden mit vielen Fragen. Diese waren aber vom Tisch, nachdem die Richtungsentscheidung getroffen worden ist. Wir hatten weder Abgänge von Kunden noch Mittelabflüsse, die über das der normalen Monate hinausgehen“, heißt es dort auf Anfrage. Vielmehr: „Wir hatten im Vorjahr 102.000 Neukunden. Den besten Wert seit drei Jahren.“ Allerdings ist auch diese Zahl wohlgemerkt brutto.

Filialen im Fokus

Welche Sichtweise nun stimmt, lässt sich auch durch Nachfrage bei anderen Banken nicht eindeutig klären. So heißt es bei der Bawag, dass man das Neukundengeschäft „zufriedenstellend“ steigern konnte. Die Bank geriet zuletzt aufgrund der Einführung von Islamic Banking jedoch selbst ins Visier einer Negativkampagne in sozialen Netzwerken im Internet. Davon habe man jedoch nichts an den konkreten Kundenzahlen gemerkt, heißt es weiter. Bei der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien will man indes schon einen verstärkten Zuwachs an Neukunden bemerken. Konkrete Zahlen werden allerdings keine genannt – nicht einmal brutto.

Grundsätzlich ist es jedoch plausibel, dass Kunden auch bei Banken wechselwilliger werden. Denn manche haben ohnehin nur mehr Kontakt über das Internet. Andere sind von Filialschließungen betroffen. Und diese gibt es nicht nur bei der Bank Austria. So erklärten die Volksbanken erst jüngst, rund 100 der 480 Filialen schließen zu wollen. Bei der Bawag (derzeit ebenfalls 480) soll es „punktuell zu Überprüfungen kommen“. Bei Raiffeisen (rund 1600) wird ebenfalls eine weitere Konzentration erwartet. Und auch bei der Erste Bank (1160 inklusive Sparkassen und Bankstellen in OMV-Tankstellen) sollen es weniger, aber „qualitativ bessere“ werden. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wirtschaftskommentare

Wenn Rentner eine Bank sanieren

Kann bitte irgendjemand den UniCredit-Pensionistentransfer stoppen?
THEMENBILD: 'BANK AUSTRIA'
Österreich

Bank Austria macht 1,3 Milliarden Euro Gewinn

Die Franken-Zwangskonvertierung in Kroatien und hohe Verluste in der Ukraine prägen die Bank-Austria-Bilanz 2015. Mit dem radikalen Umbau geht das Ostgeschäft an die Mutter UniCredit.
Österreich

Bank Austria: Neuer Chef und neuer Vize-Chef

Dr Aufsichtsrat der Bank Austria bestellte Robert Zadrazil und Romeo Collina in ihre Funktionen.
ARCHIVBILD: ROBERT ZADRAZIL
Österreich

Bank Austria: Aufsichtsrat besiegelt Chefwechsel

Die Bank Austria befindet sich mitten in einer radikalen Umbauphase. Neuer Chef ist ab 1. März Robert Zadrazil.
Was Willibald Cernko künftig machen wird, steht noch nicht fest.
Österreich

Bank Austria: Visionär geht, Sanierer folgt

Kurz vor Umsetzung des Sparkurses wechselt die Bank Austria den Chef aus. „Die Presse“ bringt dazu die Hintergründe.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.