Die Behörden halten sich mit Aussagen zur Ursache der Zugkatastrophe bei Bad Aibling zurück. Spekulationen über eine Fehlentscheidung des Fahrdienstleiters weist die Polizei zurück.
Bad Aibling/Berlin. Die Ermittlungen seien im Laufen, daher könne man keine Auskunft geben. Die Staatsanwaltschaft Traunstein zeigt sich am Mittwoch noch schweigsam, was die Ursache des Zugunglücks bei Bad Aibling angeht. Zehn Menschenleben und rund 80 Verletzte hatte der Unfall Dienstagfrüh gefordert, als zwei Regionalzüge auf einer eingleisigen Strecke mit hoher Geschwindigkeit ineinandergekracht waren. Doch wie es zum schwersten Bahnunfall in Bayern seit mehr als 40 Jahren gekommen war, wurde von offizieller Seite zunächst nicht beantwortet.
Aber während die Behörden sich noch zurückgehalten haben, haben sich die Anzeichen verdichtet, dass wohl menschliches Versagen für das Unglück verantwortlich gewesen sein muss. Auf eine nicht näher genannte „gut informierte Quelle“ verwiesen mehrere Medien, und diese habe Hinweise darauf gehabt, dass der Fahrdienstleiter im Stellwerk den beiden Zügen gleichzeitig die Einfahrt in den eingleisigen Streckenabschnitt erlaubt habe. Eine technische Sicherung, die genau das verhindern soll, habe der Mann außer Kraft gesetzt, heißt es. Allein, eine offizielle Bestätigung dafür gab es Mittwochnachmittag noch nicht. Im Gegenteil. „Wir wehren uns vehement gegen dieses Gerücht“, sagte Polizeisprecher Jürgen Thalmeier. Der Mann sei bereits unmittelbar nach dem Zusammenstoß der Züge befragt worden, daraus ergebe sich aber noch kein dringender Tatverdacht. Ausschließen könne man es jedoch auch nicht, meinte er, man stehe noch am Anfang der Ermittlungen.
Blackbox ausgewertet
Eine 50-köpfige Sonderkommission widme sich der Suche nach der Unfallursache, sagte der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU). Einen Hinweis auf einen technischen Fehler konnten die Ermittler bis Mittwochnachmittag allerdings nicht entdecken. Eine von drei Blackboxes aus einem der Züge wurde bereits ausgewertet, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Weder ein Fehler in der Technik noch ein Fehlverhalten des Triebwagenfahrers oder eine falsche Signalsetzung konnten dadurch nachgewiesen werden. Die zweite bisher gefundene Blackbox wurde noch ausgewertet, eine dritte sei noch nicht geborgen worden.
Dobrindt betonte, dass man erst nach Auswertung aller drei Fahrtenschreiber abschließende Schlüsse ziehen könne. Schon am Dienstag hatte er davon gesprochen, dass die betroffene Strecke mithilfe des punktförmigen Zugbeeinflussungssystems kontrolliert werde, das das Aufeinandertreffen von Zügen verhindern soll. Und das sei erst in der vergangenen Woche kontrolliert worden.
Während noch die Untersuchungen liefen und noch nach der dritten Blackbox gesucht wurde, begannen auch schon die Vorbereitungen zur Räumung der Unfallstelle. Unter anderem wurde ein Spezialkran für die Bergung der Zugwracks nach Bad Aibling gebacht. Wegen der Lage in einem Waldstück an einem Hang direkt neben dem Fluss finden die Arbeiten unter erschwerten Bedingungen statt. Bis zum Ende der Räumung ist der Zugverkehr auf der Strecke nicht möglich. Auf der Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim wurde ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. (eko)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)