Herr Stöger und die Beitragswahrheit

INTERVIEW: ALOIS STOeGER
INTERVIEW: ALOIS STOeGERAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Bank Austria kann sich ihrer Pensionisten nicht so leicht entledigen.

Sozialminister Alois Stöger hat vorgestern im Bundesrat einen bemerkenswerten Satz von sich gegeben: Die von der Bank Austria angestrebte Übertragung der Pensionsansprüche von 3300 Mitarbeitern ins ASVG müsse dem „Prinzip der Beitragswahrheit“ entsprechen.

Das ist zuerst einmal politisch lustig: Stellt sich der SPÖ-Sozialminister damit doch gegen eine Maßnahme, die seinen Wiener Parteifreunden durchaus zupass käme. Und bekommt dafür auch noch Unterstützung von Bundesländer-Sozialisten. Wir dürfen uns für das Match Stöger gegen Häupl also schon einmal Popcorn bereitstellen, wenngleich es eine eher einseitige Angelegenheit werden könnte.

In der Sache selbst wäre damit aber eigentlich alles geklärt: Die Bank hat 1,9 Mrd. Euro für die von ihr zu bezahlenden Pensionen zurückgestellt. Anzunehmen, dass diese (unterdessen in Vorfreude schon aufgelöste) Rückstellung nicht nach der Zufallsmethode, sondern nach versicherungsmathematischen Prinzipien gebildet worden ist.

Der Beitragswahrheit würde es also wohl entsprechen, wenn die Bank diese 1,9 Mrd. Euro zur Gänze in die PVA hinüberschaufelt und künftig für ihre nun dem ASVG-Pensionssystem anvertrauten Arbeitnehmer brav 12,55 Prozent Arbeitgeberbeitrag leistet.

Dass die Bank sich das irgendwie anders vorgestellt hat, ist ihr Pech: Das österreichische Pensionssystem ist nicht zur Sanierung von italienischen Banken da und die Verwendung von Pensionsrückstellungen für Gewinnauffettung und beabsichtigte großzügige Golden Handshakes für 55-jährige Mitarbeiter ist schlichter Missbrauch.

Blöd allerdings, dass diese Form von gehobenem Sozialschmarotzertum in Österreich von staatsnahen Unternehmen wie der Post durchaus schon praktiziert wurde – und dass dieser Sündenfall in ein Gesetz gegossen wurde, auf das sich die Bank nun berufen kann.

Das gehört schleunigst repariert. Oder müssen wir wirklich warten, bis uns die EU das aus der Hand nimmt und die Übernahme von privaten Verpflichtungen durch den Staat als das klassifiziert, was sie ist: eine verbotene Beihilfe?

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2016)

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