Pensionen: Bank-Austria-Modell kein Einzelfall

Sozialminister Stöger fordert von der Bank Austria das „Prinzip der Beitragswahrheit“ beim Pensions-Übertrag.
Sozialminister Stöger fordert von der Bank Austria das „Prinzip der Beitragswahrheit“ beim Pensions-Übertrag.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Sozialminister Stöger schiebt der Bank Austria einen Riegel vor. Der geplante Übertrag von Pensionen sei nur mit neuem Gesetz möglich. Das trifft auch Tausende andere Fälle pro Jahr.

Wien. Der Streit zwischen Bank Austria und Sozialministerium wurde am Donnerstagabend auf eine neue Eskalationsstufe gebracht: Im Rahmen einer dringlichen Anfrage der FPÖ im Bundesrat gab Sozialminister Alois Stöger den Plänen der Bank, 3300 Mitarbeiter vom bankeigenen Pensionssystem in das ASVG-System zu übertragen, eine ausdrückliche Abfuhr. Unter den gegenwärtigen gesetzlichen Bestimmungen sei der Transfer unzulässig. Er fordert eine Neuregelung, bei der von der Bank wohl eine höhere Zahlung erfolgen müsste. Davon wäre aber nicht nur die Bank Austria betroffen, sondern auch viele andere Arbeitgeber. Jedes Jahr wechseln nämlich über 3000 Menschen aus anderen Systemen in das ASVG, wie Zahlen der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) zeigen.

Wie mehrfach berichtet, stoßen sich Stöger, so wie auch die zuständige PVA, an dem zu geringen Beitragssatz, der bei der Übertragung anfallen würde. So bezieht sich die Bank Austria auf einen Paragrafen, laut dem sieben Prozent des letzten Monatsgehalts der betreffenden Person, pro für die Pension anrechenbarem Arbeitsmonat zu zahlen sind. Der Prozentsatz beträgt somit weniger als ein Drittel jener 22,8 Prozent, die sonst von Arbeitnehmer und -geber pro Monat an die PVA fließen.

ÖVP auch für neues Gesetz

Stöger fordert nun eine Gesetzes-Novelle. Unterstützung erhält er dafür auch vom Koalitionspartner. So heißt es im Finanzministerium, dass man sich auf jeden Fall einen höheren Beitrag erwarte. Zwischen Sozialministerium und der Bank finden daher schon seit einigen Tagen intensive Gespräche statt. Diese sollen jedoch äußerst zäh verlaufen, da die Bank-Austria-Mutter Unicredit großen Druck auf ihre Wiener Tochter macht. Der Pensionsübertrag ist ja ein Kern des Sanierungskonzeptes der Bank. Wenn er scheitert, könnte auch der Verkauf des Privatkundengeschäfts wieder aufs Tapet kommen, soll man in Mailand drohen.

Am Freitag wollte keine der betroffenen Seiten dazu Stellung nehmen. Allerdings wird es wohl auf einen höheren Beitragssatz hinauslaufen. Zuletzt wurde immer wieder die Zahl von rund 18 Prozent genannt. Dass der Satz unter den sonst fälligen 22,8 Prozent liegen wird, erklärt sich aus der höheren Beitragsgrundlage. Als diese wird ja das Letztgehalt herangezogen. Zudem argumentiert man bei der Bank, dass aufgrund der niedrigeren Sozialversicherungsabgaben in den früheren Jahren höhere Lohnsteuern angefallen seien.

Die neue Regelung wird für übertragende Arbeitgeber auf jeden Fall wesentlich ungünstiger sein als bisher. Stöger sprach im Parlament von einem „Prinzip der Beitragswahrheit“. Betroffen wäre dadurch allerdings nicht nur die Bank Austria. Denn wie ein Blick in den Jahresbericht der PVA zeigt, handelt es sich bei der Übertragung von Mitarbeitern ins ASVG nicht nur um ein paar Einzelfälle, wie in der öffentlichen Diskussion bisher angenommen wurde.

Für 3353 Personen wurde im Jahr 2014 eine Übernahme ins ASVG von einem anderen Pensionssystem beantragt. Im Jahr 2013 waren es 3112 und im Jahr zuvor 2963 Personen. Woher diese Mitarbeiter stammen, konnte bei der PVA am Freitagnachmittag nicht mehr geklärt werden. Klar ist dies nur bei rund 50 Personen, die jedes Jahr zusätzlich zu den oben genannten Zahlen kommen: Dabei handelt es sich um Geistliche, die in die weltliche Arbeitswelt gewechselt sind und in der Statistik der PVA gesondert angeführt werden.

Woher stammen Überträge?

Der Rest könnte zum Teil auf Bauern und Selbstständige entfallen, die vor dem Jahr 1955 geboren sind und bisher noch vollständig im BSVG oder GSVG geführt wurden. Die Vermutung liegt aber nahe, dass ein Gutteil der Übernahmen auch aus dem (ehemals) öffentlichen Bereich entfällt. Denn auch bei der Bank Austria ist die Problematik auf die Zeit der Zentralsparkasse zurückzuführen.

Bei der Post heißt es auf Anfrage der „Presse“ allerdings dazu, dass pro Jahr nur „ein bis drei“ Mitarbeiter von einem Übertritt ins ASVG betroffen seien. Ähnliches gilt für die Gemeinde Wien. Denn für einen Übertritt müsse jemand auf seinen Beamtenstatus verzichten (Vertragsbedienstete sind bereits im ASVG) – und das geschehe pro Jahr nur in einer Handvoll Fälle, sagt man im Büro der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger. Und bei den Wiener Stadtwerken sei das in den vergangenen Jahren überhaupt gar nicht vorgekommen, so eine Sprecherin.

Dass im Windschatten der Bank Austria auch bei der Stadt Wien eine großflächige Überführung von Mitarbeitern ins ASVG überlegt werde, stellt man dort ebenfalls in Abrede. „Es ist nichts in dieser Art geplant“, so eine Sprecherin von Frauenberger zur APA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2016)

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