Dass Finanzministerin Maria Fekter eine Bad Bank ablehnte, hat zu einem Schaden für die Hypo in Milliardenhöhe geführt, sagt der frühere Vorstandschef Gottwald Kranebitter.
Wien. Was macht man mit einer Bank, die gerade erst per Verstaatlichung vor der Pleite gerettet wurde und in der noch erhebliche Risken schlummern? So rasch wie möglich abwickeln und damit die Verluste begrenzen? Oder einfach weitermachen und darauf hoffen, dass es ohnehin nicht so schlimm kommen wird?
Bei der Hypo Alpe Adria wurde Variante zwei gewählt – mit all den Konsequenzen, die man heute kennt. Für die Umsetzung hat Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) zwei Politprofis an die Spitze des Aufsichtsrats gesetzt: die früheren Minister Johannes Ditz (ÖVP) und Rudolf Scholten (SPÖ), die ihrerseits einen Kenner der Hypo als Vorstandschef installierten: KPMG-Gesellschafter Gottwald Kranebitter, der zuvor die Hypo beraten hatte, unter anderem auch in der Nacht der Notverstaatlichung.
Anfangs zuversichtlich
Er sei anfangs zuversichtlich gewesen, dass eine Sanierung der Hypo unter Schwerarbeit gelingen könnte, erzählte Kranebitter am Dienstag im Hypo-U-Ausschuss. Über die Ursachen der Probleme hat er eine pointierte Meinung: Die Hypo sei mit billigem Landesgeld und unzureichendem Risikomanagement in eine Region gegangen, in der man besonders vorsichtig sein müsse. Das sei so lange gut gegangen, solange es dort Wirtschaftsaufschwung gegeben habe.
Über das Ausmaß der Problematik war Kranebitter, der im April 2010 Vorstandschef wurde, selbst überrascht: Ein Jahr habe er gebraucht, um das wahre Ausmaß der Mängel zu begreifen. Dann habe sich herausgestellt, dass entgegen den Angaben seines Vorgängervorstandes – Vorsitzender war Franz Pinkl – sich die faulen Kredite um ein Drittel und die Forderungen ohne Zinsen um 100 Prozent erhöht haben.
Problem Maastricht-Defizit
Damit war auch die Hoffnung dahin, dass es die Bank aus eigener Kraft schaffen kann. Kranebitter plädierte für eine Bad Bank, in die die faulen Kredite ausgelagert werden – und stieß damit bei der Politik auf Ablehnung. Das Argument der damaligen Finanzministerin, Maria Fekter: Die Bad Bank würde voll auf das Maastricht-Defizit durchschlagen. Die Hypo war damit fast fünf Jahre lang staatlich, ehe eine Abbaueinheit (die Heta) geschaffen wurde. Und das habe den Schaden im Hypo-Desaster um Milliarden erhöht.
Kranebitters Darstellung blieb aber nicht unwidersprochen. Neos-Mandatar Rainer Hable wies darauf hin, dass die Variante eines Fortbestandes der Bank von Anfang an unrealistisch war. Das habe die EU-Kommission schon Ende 2009 in einem Schreiben erkannt. Dort heißt es, dass die Kommission Zweifel an einer erfolgreichen Restrukturierung der Bank hat, und dass eine Abwicklung ernsthaft überlegt werden sollte.
Und Hable versuchte anhand eines Dokuments nachzuweisen, dass Kranebitter gar nicht für eine Bad Bank gewesen sei. Erste Option laut dem Dokument: Fortbestand. Die Einrichtung einer Bad Bank hingegen wurde nur so dargestellt, dass die Möglichkeit gar nicht der EU-Kommission kommuniziert wurde.
Aber das Datum des Dokuments ist der 26. März 2010. Also betonte Kranebitter, es gebe keinen Widerspruch in seinen Aussagen. „Meine Überzeugung – und nicht nur meine, sondern die des gesamten Vorstandes –, dass die Bank auch gesellschaftsrechtlich geteilt werden muss, reifte erst nach der Bestandsaufnahme im zweiten Quartal 2010“, so Kranebitter.
Schaden durch Almunia-Brief
Auch die öffentliche Diskussion um das EU-Beihilfeverfahren war für die Bank extrem schädlich, sagte Kranebitter. Im Verlauf des Jahres 2013 hatte die EU-Kommission den Druck auf Österreich erhöht, was in dem berühmten Brief von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia gipfelte. Das habe die Arbeit in der Hypo keineswegs erleichtert, sagte Kranebitter auf Fragen von SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter. „Wenn Sie in der Phase Bankkunde sind, gehen Sie weg. Wenn Sie in der Phase die Bank kaufen wollen, stellen Sie sich die Frage, ob Sie nicht vom Kaufinteresse zurücktreten.“ 150 Millionen Euro seien an Einlagen abgeflossen, da die Hypo Alpe Adria „binnen Wochen Tausende Kunden verloren“ habe.
Erhebliche Beschädigung
Ohne Einlagen sei die Bank aber nichts wert, so Kranebitter. „Wir haben tatsächlich eine erhebliche Beschädigung erlebt.“ Es sei schwierig gewesen, dagegenzuhalten; die öffentliche Diskussion habe den Rest getan. Kranebitter verließ 2013 auch die Hypo.
Sein letzter Auftritt im Parlament war das nicht, die Opposition hat bereits angekündigt, den früheren Hypo-Chef erneut laden zu wollen. Brisant dürften auch die Zeugenaussagen nächste Woche werden: Da sind die früheren Aufsichtsratschefs Johannes Ditz und Rudolf Scholten geladen.
ZUR PERSON
Gottwald Kranebitter ist Wirtschaftsprüfer. Von 1985 bis 2010 war er Partner beim internationalen Wirtschaftsberatungsunternehmen KPMG. Dort beriet er auch die Hypo, unter anderem in der Nacht der Notverstaatlichung im Dezember 2009. Im April 2010 wurde er Vorstandschef der Hypo, 2013 stieg er wieder aus der Bank aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2016)