Muslimische Kindergärten: Die Unschärfen der Aslan-Studie

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Analyse. Das Ergebnis der jüngsten Kindergartenstudie bringt keine völlige Klarheit. Das Schließen von Kindergärten hält Autor Aslan für keine Lösung.

Wien. Die Aussagen im Dezember waren bedrohlich: In Wiens muslimischen Kindergärten entwickle sich eine Parallelgesellschaft, lautete das Zwischenergebnis einer Studie des Religionspädagogen Ednan Aslan. Der Auftrageber der Studie Intergrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) war sich sicher, dass Kindergärten in Wien geschlossen werden müssen.

Seit vergangenem Freitag ist die Studie nun in ihrer Langversion fertig und veröffentlicht („Die Presse“ berichtete). Die finale Version zeigt die Mängel des Zwischenberichts auf: So dürften drei Viertel der Kindergärten und -gruppen erst nach der Veröffentlichung des umstrittenen Zwischenberichts untersucht worden sein. Aslan gab im Dezember 2015 an, nur 24 Kindergärten anhand von Material im Internet analysiert und mit Pädagogen und Leitern von fünf weiteren gesprochen zu haben. Nun basieren die Ergebnisse auf 127 Kindergärten und -gruppen. Gestern, Montag, darauf angesprochen, erklärt Aslan, die Erkenntnisse des Zwischenberichte seien bereits anhand dieser Anzahl untersuchter Betreuungseinrichtungen gewonnen worden. Medial richtig gestellt hat er das – obwohl er aufgrund der vermeintlich geringen Stichprobengröße massive kritisiert wurde – aber nie.

Liste fehlt noch immer

Grundsätzlich fehlt noch immer eine Liste, welche Kindergärten als radikal einzustufen sind oder zumindest Tendenzen dazu haben. Auf Frage der „Presse", warum er der Stadt keine Liste zur Verfügung stelle, antwortet Aslan, dass die Stadt Wien das selbst genauso gut wissen müsse wie er und vom ihm keine zusätzlichen Informationen hinsichtlich Adresse und Namen der betroffenen Kindergärten benötige. Alles, was er veröffentlichen hätte könne, stehe in der Studie.

Ein Großteil des Papiers befasst sich mit der Einordnung der untersuchten Kindergärten in vier Kategorien. Untersucht werden aber nicht die Kindergärten selbst, sondern die Trägervereine und die Organisationen, die dahinter stehen. Diese hätten entweder salafistische Tendenzen, seien einem politisch religiösen Islamismus zuzuordnen, würden sich als Wirtschaftsunternehmen sehen oder sich – das sind die positiven Beispiele – gegenüber anderen öffnen.

Beim Verfassungsschutz sind laut „Presse“-Recherchen aber keine Anzeigen oder Ermittlungen in Bezug auf islamistische Kindergärten dokumentiert. Das hat auch damit zu tun, dass die Tendenzen zur Parallelgesellschaft, die Aslan in seiner Studie aufzeigt, strafrechtlich nicht relevant sind.

Keine Schließung

Die Stadt Wien hat jedenfalls bis heute keinen Kindergarten als Reaktion auf die Studie geschlossen. Obwohl Integrationsminister Kurz und die Wiener Stadtopposition genau das gefordert hat. Die wenigen Kindergärten, die von Aslan in der Studie doch namentlich genannt wurden und politisch-religiösen Organisationen zuzuordnen sind, seien kürzlich kontrolliert worden, sagt eine Sprecherin von Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Montag. Und diese seien unauffällig gewesen.

Ohnehin scheint Aslan mit dem politischen Diskurs rund um seine Studie unzufrieden zu sein. Das Schließen von Kindergärten sei keine Lösung, sagt er. Es sei noch zu früh, um derartige Schlüsse zu ziehen. Dass selbst Intergrationsminister Kurz von Schließung sprach, soll er dem Vernehmen nach kritisch sehen.

Denn das Problem um die Kindergärten sei eines, dass das ganze System betrifft. Aslan: „Es nur den Trägervereinen anzuhängen ist nicht fair. Dann müsste man die MA 10 und MA11 (zuständig für Förderungen und Kontrolle, Anm.) auch schließen. Man muss zuerst verstehen, wie es dazu gekommen ist.“

Genau diesen Fragen will er nun in der geplanten weiterführenden Studie nachgehen.

AUF EINEN BLICK

Kindergartenstudie. Die alarmierende Studie zu islamischen Kindergärten liegt vor – die fragwürdigen Segregationstendenzen sind strafrechtlich aber meist nicht relevant. Das ist mitunter ein Grund, warum die Stadt bis heute keinen Kindergarten als Reaktion auf die Studie geschlossen hat, obwohl die Opposition das gefordert hat. Der Studienautor sieht in Schließungen keine Lösung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2016)

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