ÖVP: „Jedes zehnte Spital schließen“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Drei Milliarden Sparvolumen sind für VP-Gesundheitssprecher Rasinger zwar völlig unrealistisch. Es gäbe aber erhebliche Spar- oder zumindest Kostendämpfungspotenziale bei den Krankenanstalten.

WIEN. Die Zahl kursiert seit Jahren. Einmal kommt sie vom Rechnungshof, dann wieder vom Institut für Höhere Studien oder von anderen Gesundheitsökonomen: Drei Milliarden Euro, heißt es, wären im Spitalswesen einzusparen. „Das ist völlig unrealistisch und ausgeschlossen“, meint Erwin Rasinger, Gesundheitssprecher der ÖVP im Gespräch mit der „Presse“. Sein Argument: Die gesamten Ausgaben für die Akutspitäler (ohne Unfallkliniken und Psychiatrie) belaufen sich nur auf zehn Milliarden Euro jährlich. „Das würde bedeuten, dass jedes dritte Spital zusperren müsste. Eigentlich mehr, weil da Schließungskosten nicht eingerechnet sind.“

Noch dazu seien die Kostensteigerungen im Spitalsbereich seit 1995 mit durchschnittlich 3,7 Prozent jährlich weit unter dem international üblichen Wert von sechs bis acht Prozent gelegen. „Die Belastung des Personals stieg dafür enorm, es gibt immer mehr Patienten, und gleichzeitig werden die Dokumentationsanforderungen immer größer.“ Rasinger leugnet allerdings nicht, dass es erhebliche Spar- oder zumindest Kostendämpfungspotenziale bei den Krankenanstalten gibt. Seine Rechnung: „Jedes zehnte Spital gehört geschlossen. Die Kostendämpfung läge dafür aber nur bei maximal 500 Millionen Euro.“

Wie schwierig es im föderalistisch beherrschten Spitalssystem ist, auch nur eine Abteilung zu schließen, zeigte diese Woche die Steiermark. Der Plan des dortigen Spitalslandesrats Helmut Hirt (SPÖ), die Chirurgie in den Grenzregionen Bad Aussee und Mürzzuschlag zu sperren, wurde von allen anderen Parteien torpediert. Dabei ist die Qualität in einem Spital nicht zu halten, wenn die Zahl der Eingriffe eine gewisse Menge nicht erreicht. In Großbritannien können sich die Patienten über Routine und Erfolgsquote der Krankenhäuser sogar auf der staatlichen Gesundheitshomepage informieren und selbst entscheiden, wem sie mehr vertrauen. Bei uns sind solche Daten Mangelware, www.spitalskompass.at gibt aber zumindest Grundinformationen.

Länder investieren Unsummen

Die Steiermark ist freilich kein Einzelfall. Rasinger: „In Salzburg werden 300 Millionen Euro in den Spitalsausbau gesteckt, Niederösterreich investiert zwei Milliarden in ein Neubauprogramm, in Oberösterreich wurde das Sparvolumen von 75 auf 15Millionen Euro reduziert, der Bau des neuen Wiener Spitals Nord kostet 850 Millionen Euro, Kärnten baut das LKH Klagenfurt neu, obwohl Villach nur 40 Kilometer entfernt ist.“ Die Liste ließe sich fortsetzen. Rasinger hat zwar nicht prinzipiell etwas gegen Investitionen. Es wäre aber besser, wenn vorher einmal kleine Spitäler geschlossen werden. Man könnte sie auch zu Gesundheitszentren oder Rehabilitationseinrichtungen oder für die Altenversorgung umbauen. Mit der oft gepriesenen Finanzierung aus einer Hand kommt man nach Rasingers Ansicht allerdings nicht weit. Derzeit sind die Kassen, die Länder, einige Gemeinden und der Bund für die Gesundheitsfinanzierung zuständig. „Was wir wirklich brauchen, ist eine Planung aus einer Hand.“

Sinnlos und kontraproduktiv ist für Rasinger das parallele Sparen bei Spitälern und Krankenkassen. Das bringe nur massive Leistungseinbußen. „Wir sind zwar Weltmeister im Spitalliegen, was zweifelsohne teuer ist“, so Rasinger. Es mache aber keinen Sinn, auf das Niveau des OECD-Schnitts zurückzufallen. „Das kann nicht das Ziel sein. Warum sonst flüchten jährlich hunderte kranke Urlauber mit der Flugambulanz aus den EU-Ländern nach Hause?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2009)

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