So stark ist Michael Häupls SPÖ – und so schwach

Petra Winkler
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Die mächtigste rote Landespartei zieht sich für zwei Tage zur traditionellen Klubklausur zurück. Michael Häupl sendet ein Signal an die rote Basis, also die Bezirke. Das Problem: Die SPÖ verliert bei Arbeitern, gewinnt aber bei Bürgerlichen.

Die traditionelle jährliche Klubklausur der mächtigsten roten Landespartei, der Wiener SPÖ, geht am Donnerstag und am Freitag über die Bühne. Diesmal in Wien und nicht im burgenländischen Rust, ab 9 Uhr in der Veranstaltungshalle Colosseum XXI im 21. Bezirk. Die Tagung steht im Zeichen der roten Bezirke. Die SPÖ-Stadträte und Stadträtinnen werden neben Referaten aus ihren Ressorts ganz konkrete Projekte für die Bezirke präsentieren („Die Presse“ berichtete exklusiv in der Samstagsausgabe).

Dieser neue SPÖ-Schwerpunkt, der Fokus auf die Bezirke, führt zu einer Kernfrage: Wie ist die SPÖ in Wien, in den Bezirken überhaupt aufgestellt? Wo liegen die Problemzonen der mächtigsten roten Landespartei? Wo kann sie sich dagegen gut behaupten?

Der Trend, den die Wien-Wahl vor rund fünf Monaten gezeigt hat: In der roten Bastion, also in den großen, bevölkerungsreichen Bezirken, ist die SPÖ weiterhin stark – erodiert aber massiv. Bleibt dieser Trend bestehen, wird die Partei (nach Simmering) 2020 weitere Bezirke an die FPÖ verlieren. Im Gegenzug gelang es der SPÖ aber bei der Wahl 2015 überraschend gut, in bürgerlichen Bezirken bzw. in Innenstadtbezirken zu punkten.

Und so sieht es in ausgewählten Bezirken im Detail aus:

I. Innere Stadt

In der bürgerlichen City ist die SPÖ Nummer eins: rund zwölf Prozentpunkte Vorsprung auf die FPÖ bei der Gemeinderatswahl, wo sie entgegen dem Trend sogar um 2,4 Prozentpunkte zulegen konnte und auf 33,5 Prozent kam. Diese Stärke kann die SPÖ aber nicht auf die Bezirksebene umlegen. Die einmalige Chance, durch die ÖVP-Spaltung (Ursula Stenzels Wechsel zur FPÖ) dort erstmals einen roten Bezirkschef zu stellen, wurde knapp (1,5 Prozentpunkte fehlten) verpasst.

VIII. Josefstadt

Dieselbe Situation wie im ersten Bezirk. Stark auf Landesebene (mit 36 Prozent deutlich vor den Grünen, die auf 21 Prozent kamen) – auf Bezirksebene kann die Partei das aber nicht umlegen. In dem bürgerlichen Gebiet ist die SPÖ weit vom Bezirksvorsteher entfernt, 2015 reichte es mit 19,7 Prozent nur für Platz drei hinter ÖVP und Grünen.

X. Favoriten

41,39 Prozent bei der Wien-Wahl wären für die SPÖ ein starkes Ergebnis, wenn sie nicht mehr als sieben Prozentpunkte verloren hätte. Ohne Gegenmaßnahmen
bei der nächsten Wien-Wahl (2020) könnte sie auch Favoriten an die FPÖ verlieren. Diese liegt nur noch 2,22 Prozentpunkte zurück. Land: 41,39 Prozent (–7,4 Prozent), nur noch rund zwei Prozent vor FPÖ. Bezirk: –7 Prozent, FPÖ in Schlagweite (2,22 Prozent dahinter)

XI. Simmering

Simmering ist gefallen. Seit dem SPÖ-Fiasko bei der Wien-Wahl (–9,35 Prozentpunkte) regiert in dem Arbeiterbezirk mit Paul Stadler, erstmals ein FPÖ-Bezirkschef in Wien. Auf Landesebene wurde Simmering ebenfalls blau.XIII. Hietzing

In dem tief bürgerlichen Bezirk, in dem Werner Faymanns Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid verankert ist, ist die SPÖ mit 32,51 Prozent eindeutig die Nummer eins. Sie hat aber wie in den anderen bürgerlichen Bezirken ein massives Problem, das auf Bezirksebene umzusetzen. In Zahlen: Mit 23,29 Prozent blieb sie mit Platz zwei hinter der ÖVP (rund 40 Prozent).

XVIII. Währing

Auch im 18. Bezirk tritt der bürgerliche rote Doppeleffekt auf: mit 33,94 Prozent auf Landesebene klar die Nummer eins (+ 0,4 Prozentpunkte), mit einem Minus von 4,83 Prozentpunkten auf 22,19 Prozent abgesackt, was nur Platz drei hinter Grünen und ÖVP bedeutet.

XXI. Floridsdorf

Der Heimatbezirk von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig kann sich dem SPÖ-Negativtrend in den großen, bevölkerungsreichen Bezirken nicht entziehen: Nach einem SPÖ-Minus von acht Prozentpunkten auf Landesebene lag die FPÖ (40,56 Prozent) dort erstmals vor der SPÖ, die allerdings auf Bezirksebene den Bezirksvorsteher halten konnte.

XXII. Donaustadt

Dasselbe Bild, dieselben SPÖ-Probleme wie in allen bevölkerungsreichen Bezirken: Die FPÖ liegt in der SPÖ-Hochburg nur noch 2,18 Prozentpunkte hinter der SPÖ auf Landesebene (40,8 Prozent). Dasselbe Bild auf Bezirksebene: Die FPÖ muss 2020 nur noch 3,93 Prozentpunkte aufholen, um den Bezirkschef zu stellen.

XXIII. Liesing

Der Bezirk des Bundeskanzlers ist nur auf den ersten Blick ruhig: Die SPÖ verlor mit rund 39 Prozent nicht dramatisch, liegt aber nur noch rund fünf Prozentpunkte vor der FPÖ. Wiederholen sich die roten Verluste auch 2020, wohnt Werner Faymann in einem blauen Bezirk.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2016)

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