Bundeskanzler Faymann: Fluchtland aussuchen ist "Illusion"

Faymann und Häupl bei der Klubklausur.
Faymann und Häupl bei der Klubklausur.(c) APA (Georg Hochmuth)
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Der Regierungschef verteidigt bei der SP-Klubklausur der wichtigen Wiener Landesgruppe die nun deutlich restriktivere Flüchtlingspolitik des Bundes. Bürgermeister Michael Häupl plädiert für legale Möglichkeiten, um einen Asylantrag zu stellen.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat die Haltung seiner Partei in der Flüchtlingsfrage im Rahmen der Klubtagung der Wiener SPÖ am Donnerstag verteidigt. "Wir sind nicht in der Lage in Österreich alle Flüchtlinge aufzunehmen, die derzeit eine neue Heimat suchen", sagte er.

Faymann und verteidigte die Obergrenze: Man habe einen Richtwert von 37.500 festgelegt, "um zu zeigen, dass wir auch heuer wieder bereit sind, einen großen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen".

Skepsis gegenüber der Türkei

Gerade Wien habe hier "eine herausragend positive Rolle" gespielt. Man müsse jedoch auch mit der Illusion aufräumen, dass sich der einzelne Flüchtling aussuchen kann, in welchem Land er Asyl bekommt.

Auch auf die Verhandlungen der EU mit der Türkei ging er ein. Das sei ein üblicher Vorgang, denn "man sucht sich seine Nachbarn nicht aus". Sich darauf zu verlassen, dass die Türkei, die in Bezug auf ihren Umgang mit Meinungsfreiheit und den Kurden bekannt sei, die Probleme lösen werde, sei falsch.

Unterstützung von Häupl

Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Häupl stellte sich demonstrativ hinter den Bundeskanzler. "Ja, ich unterstreiche, was Werner gesagt hat. Man muss Kriege beenden, wenn man Flüchtlingsströme verhindern will." Dies sei der Wunsch aller Sozialdemokraten weltweit. "Aber das können wir nicht. Aber was wir können, ist eine gemeinsame europäische humanitäre Politik machen."

Es müsse jedenfalls Alternativen zum "Wahnsinnsweg" nach Europa geben. Häupl plädierte dafür, die Illegalität der Zuwanderung zu beenden. Schleppern solle das Handwerk gelegt werden: "Es muss auch Türen nach Europa geben." Es bedürfe einer solidarischen europäischen Lösung: "Sonst gibt es gar keine."

Häupl urgierte eine gerechte Verteilung der Betroffenen - auch in Österreich. Er wies einmal mehr darauf hin, dass Wien die vereinbarte Quote in Sachen Grundversorgung übererfülle. Der Wiener Rote zeigte sich darüber erbost, dass es etwa in Oberösterreich heiße, man könne nicht mehr aufnehmen, weil so viele Flüchtlinge in Wien seien: "Verarschen tu ich mich lieber selber, weil das ist lustiger."

Kritik an Außen- und Integrationsminister Kurz

Auch Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) bekam sein Fett ab: "Der Herr Kurz will immer seinen Werteunterricht. Ich bin mir nicht sicher, ob er und ich die gleichen Werte haben. Ich glaube nicht. Was aber mit Sicherheit machbar und erklärbar ist, sind die Regeln des Zusammenlebens. Da muss man auch dazusagen: Wer das verletzt, der hat auch die Chance verwirkt, hierzubleiben."

Für den Kanzler war der heutige Auftritt jedoch nicht nur ein Heimspiel: Neben der Protestaktion des VSStÖ gab es auch Gegenwind in der Debatte, die nach den Reden auf dem Programm stand. So hielt etwa Gemeinderätin Tanja Wehsely fest, dass Aussagen, wonach die Schließung der Balkanroute weniger Tote bringen würde, "an Zynismus nicht zu überbieten" seien.

Der muslimische Rathausmandatar Omar Al-Rawi befürchtet, dass das Gegenteil eintreffen könnte. Er berichtete, dass in den vergangenen Tagen wieder mehr Menschen auf riskante Art mit Schleppern nach Österreich gekommen seien. Dies erfahre man, wenn man etwa mit Dolmetschern spreche.

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