Vorstadtweiber, Folge 12: Zumindest Feuer im Puff

Vorstadtweiber
Vorstadtweiber(c) ORF
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Episodenrückschau Staffel zwei, Folge 12: Es fehlt (fast) allen Vorstadtdamen an Geld, dafür finden sie zu einer neuen Offenheit. Oma Anna ist nichts und vor allem niemand aus der Familie heilig.

  • Spoiler: Wir verraten den Inhalt der zweiten Folge der zweiten Staffel.

Das nennt man konsequent: Im Stammcafé über die Café-Latte trinkenden Helikopter-Mütter und ihre Designer-Babies herziehen und danach nicht einmal den eigenen Café Latte bezahlen können. Aber die hochschwangere Waltraud (Maria Köstlinger) hat wie immer Besseres zu tun, als sich um ihr eigenes Moralbarometer zu kümmern. Und auch wenn die einstigen Vorstadt-Freundinnen wegen all der Vorkommnisse (Affäre mit dem Mann der einen, schwanger vom nicht mehr minder- und noch nicht volljährigen - wie sagt man da? - Sohn der anderen) noch immer nicht gut aufeinander zu sprechen sind, sitzen sie zumindest wieder gemeinsam beim Kaffee und teilen (fast) alle eine Sorge: Es fehlt ihnen das Geld. Die ebenfalls schwangere Maria Schneider (Gerti Drassl) hat soeben bemerkt, dass das Sparbuch mit dem "Notgroschen" von 100.000 Euro aus dem Familien-Safe verschwunden ist, Nicoletta Huber (Nina Proll) muss ihre Steuerstrafschulden abstottern und Waltraud hat das offenbar stattliche Erbe ihres verstorbenen Mannes Josef an den eingangs erwähnten jungen Kindsvater Simon (Johannes Nussbaum) verloren. Bleibt nur noch Banker-Ehefrau Caro Schneider (Martina Ebm), die ihre Pleite-Freundinnen aufopfernd im Cabrio durch halb Wien kutschiert und ohne Schulterzucken die Kaffee-Rechnung übernimmt.

Bei Caro Melzer hingegen hat sich die "Mein-Mann-hat-keine-Lust-auf-Sex-also-vielleicht-eine-Geliebte"-Gewitterwolke noch immer nicht verzogen. Weswegen sie es macht wie einst Jerry Hall nach eigenem Bekunden bei Mick Jagger, dem Vorgänger ihres aktuellen Ehemannes Rupert Murdoch: Jedes Mal, wenn ihr Mann das Haus verlässt, gibt sie ihm einen Blow-Job mit auf den Weg. Da kann er sich noch so sehr dagegen sträuben. Und tatsächlich sagt der so Befriedigte danach das vereinbarte Treffen mit seiner Geliebten ab. Autsch. Wobei wir später lernen, in welch verquerer Weltordnung Hadrian Melzer (Bernhard Schir) lebt. Er und seine Ex-Frau Sylvia Schneider (Julia Stemberger) sind sich nämlich wieder näher gekommen, auch horizontal. Hadrian erzählt nach dem Liebesspiel süffisant-belustigt: "Du, die Caro glaubt, ich hab eine Geliebte." Als Sylvia sagt: "Hast Du ja", entgegnet er: "Naja, meine Ex-Frau, das ist doch ganz was anderes." 

Hadi und Caro im Badezimmer.
Hadi und Caro im Badezimmer.(c) ORF (Petro Domenigg)

Man merkt, in dieser Folge geht es vorwiegend um Zwischenmenschliches, oder anders gesagt: Es fehlt die Action. Der Mord an Josef Steinberg (Simon Schwarz ist deswegen in Staffel zwei nicht mehr dabei.) gerät diesmal zur Nebensache. Nur Nicoletta ist noch immer überzeugt, dass Waltraud ihren Ehemann getötet hat. An seinem Grab begegnen einander Ehefrau und Geliebte zufällig, und sind sich dort erstaunlich schnell einig, dass der Verstorbene "ein echter Arsch" war, "aber fad wars nie mit ihm." Nicoletta reicht ihrer Rivalin den kleinen Finger der Versöhnung: "Wir hätten einfach offen miteinander sprechen sollen" - und Waltraud ergänzt: "Dann hättest Du jetzt Deinen Joseph" - Nicoletta: "Und Du sein Geld."

Hochzeits-Nacht-Puzzle

Und dann plaudern sie munter weiter ohne Bremspedal: "Donnerstag war immer unser Tag und er hat sich echt immer etwas einfallen lassen", schwärmt Nicoletta. Waltraud schockiert das nur kurz, obwohl sie dachte, der nämliche Tag sei immer seiner Rotarier-Runde gewidmet gewesen. Doch als sie dann erzählt, dass die Ehe schon ab der Hochzeitsnacht eine Farce war, weshalb sie sich in dieser mit Josefs Trauzeugen tröstete, fragt sie dann doch genauer nach: "Wie lang ist das eigentlich gegangen mit euch?" - Nicoletta: "Seit der Hochzeitsnacht. Ich war Deine Trauzeugin." Die Klammer dieses Dialogs schließt sich wenig später, als sich Waltraud bei Maria über den Betrug in der Hochzeitsnacht beschwert. Ehrlich-naiv fragt Maria: "Aber hast Du das nicht gemerkt. Wenn mein Bräutigam in meiner Hochzeitsnacht nicht bei mir ist, das fällt mir doch auf." Das Gespräch endet mit einer Ohrfeige für Waltraud, denn - schwupp, Hochzeitsnacht-Puzzle fertig gelegt - Josefs Trauzeuge war Marias, damals offenbar noch mehr der Damenwelt zugeneigter, Ehemann Georg (Juergen Maurer).

Der rollt jetzt wiederum leidend im Rollstuhl durch das Krankenhaus und beobachtet zuerst fassungslos, wie seine Mutter sein Erspartes klaut und dann, wie ihn seine Frau Maria trotz aller Fehltritte (erfundene Dubai-Arbeitsreisen, geheime Innenstadt-Wohnung, Liebschaft mit dem Minister) noch immer kulinarisch verwöhnen will - mit Kalbsgulasch und Kroketten ("Musst es aber bald essen, die Kroketten werden sonst letschert.") Noch will Maria den Schein wahren und ihre Ehe halten, obwohl sie sich im Dialog mit sich selbst schon zuraunt: "Langsam tu' ich mir wirklich schwer mit dem Positivdenken." Ihrem Mann Georg hat sie aber noch nichts von ihrer Schwangerschaft erzählt.

Abgründe der Oma Anna

Grund für Marias Zorn ist immer noch Schwiegermutter Anna (Gertrud Roll). Jetzt ist die bösartige, alte Dame endlich aus- und bei Georgs Schwester (und, nur zur Erinnerung: Hadrians Ex) Sylvia eingezogen, aber hat sich davor eben noch am Safe bedient (Merke: Nie das eigene Geburtsdatum als Code verwenden, zumindest die Mutter könnte dahinter kommen.), das Sparbuch leergeräumt (weil sie auch das Losungswort vom Herrn Sohn erraten hat, Zeus, wie der Hund, den sie einst einschläfern ließ.) und dann hartnäckig die plötzlich Demenzkranke gespielt ("Wer ist diese Frau? Welches Geld?"). Oma Anna konnte man in Staffel eins mit ihrer angeblichen Hippie-Vergangenheit und ihren so gar nicht dazu passenden Stasi-Überwachungsmethoden noch irgendwie liebenswürdig-schrullig finden, doch jetzt tun sich die schwärzesten Abgründe auf: Als Tochter Sylvia ihr zum Demenz-Spiel vor der Schwägerin gratulieren will, antwortet sie eiskalt: "Glaub bloß nicht, dass Du einen Cent von meinem Geld bekommst." Wahre Mutterliebe also. Diese Frau passt besser in die Serie, als wir dachten.

Vorstadtweiber
Vorstadtweiber(c) ORF

Ober-Unsympathler unter den Haberern

Die unverständlichste Szene der Folge soll uns ein für allemal sagen, wer der Ober-Unsympathler unter den Vorstadt-Haberern ist: Bertram (Lucas Gregorowicz). In einer fast schon verstörenden Bett-Szene im Puff beschwert er sich uncharmantest bei Sexualpartnerin Sabine (Adina Vetter; die Schauspieler sind übrigens im echten Leben ein Paar.) über ihr lautes Stöhnen ("Kannst Du bitte mal den Mund halten"), um dann kurz darauf selbst in ein alles andere als erotisches, richtig abstoßendes Affengeschrei zu verfallen. Seine postkoitale Verteidigungsrede, er könne "nicht miteinander, sondern nur nacheinander" und er sei "keiner, der nur auf die Frau schaut" macht es nicht besser. Putzfrau Helga (Sandra Cervik) hätte sich wohl besser um Sabine gekümmert. Hals über Kopf hat sie sich in die kühle Blonde verliebt, aber ihr kriminelles Vorleben (sie saß 15 Jahre wegen Mordes mit 34 Messerstichen an ihrem Mann), lässt ihre kleine Racheaktion Böses ahnen: Als sie dahinterkommt, dass Sabine und Bertram sich im Puff vergnügen, setzt sie kurzerhand das "Zimmer 6", in dem die Bettlaken noch warm sind, in Brand. Feuer im Puff, das ist der dramaturgische Höhepunkt in dieser Folge. Wenn auch ein ziemlich dick aufgetragener, aber bitte.

Interessanterweise kommen die in der vergangenen Folge neu eingeführten Figuren, die Therapeutin Angela (Nicole Beutler) und die Bald-zweifach-Mutter Vanessa (Hilde Dalik) diesmal gar nicht oder nur am Rande vor. Wir sind auch schon gespannt auf Vanessas Ehemann Günter, der von Matthias Franz Stein gespielt wird. Wann betritt der endlich die Vorstadtbühne? Dafür lernen wir einen käuflichen Journalisten (Michael Dangl als Dieter West) und einen Schönheitschirurgen (Michael Masula als Dr. Felix Heldt) kennen - die sich vom korrupten Minister Joachim Schnitzler (Philipp Hochmair) und dem ebenso hinterhältigen Bertram erpressen lassen. Schnitzler versucht mit allen Mitteln von den Betrügereien beim geplanten Autobahnbau abzulenken. Aber dieses Betrugsding bleibt, was es bisher war: Langweilig.

Caro holt die Tochter ihrer Schwester ein paar Tage zu sich.
Caro holt die Tochter ihrer Schwester ein paar Tage zu sich. (c) ORF (Petro Domenigg)

Weiter angedeutet wird das Familiengeheimnis von Caro. Sie nimmt ihre Nichte für ein paar Tage zu sich und Hadrian - wobei wir uns an ein Gespräch zwischen Caro und ihrer Mutter (als unprätentiöse Frau vom Land eine Bekannte aus "Mundl": Erika Deutinger) in Staffel eins erinnern. Sinngemäß ging es darin darum, dass Caro sich nicht mehr sicher ist, wie lang sie ihr Geheimnis noch für sich behalten kann, worauf ihre Mutter riet, die Sache ein für alle Mal ruhen zu lassen. Wer eins und eins zusammenzählt ahnt also: Das süße Mädchen, dem Caro da beim Einschlafen die Schlüssestelle aus dem kleinen Prinzen ("Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche...") vorliest, ist nicht Caros Nichte, sondern Tochter. Dass Caro partout kein eigenes Kind haben will, obwohl Ehemann Hadrian findet, "das steht dir gut", erklärt sich so also zumindest ein bisschen besser. Doch ein Geheimnis pro Familie reicht offenbar nicht. In dieser Staffel lernen wir nämlich auch, dass Caro den Verdacht hat, ihre Schwester habe einen anderen Vater als sie. Aber bitte, bespricht man solche Dinge wirklich beim Babadschi-Sagen an der Autotür?

Vorhersehbar ist diesmal leider auch Anwältin Tina (Proschat Madani). Von Maria auf die Idee gebracht, man könne mit dem Callboy auch einfach nur Kuscheln, wagt sie das Risiko. Um nach einer gefühlten halben Sekunde zu sagen: "Lass' ma das." Eine wie sie kann nicht kuscheln, bleibt aber ehrgeizig: "Das müssma üben. Zehnerblock Kuscheln, würde ich sagen. 50 Euro die Einheit.“ Die Einheit kostet freilich normalerweise 100, aber die geschäftstüchtige Anwältin probiert eben alle zu drücken. (Hübsch auch ihr Sager zu ihrer neuen Mitbewohnerin Nicoletta: "Wenn du Hunger hast, es gibt nichts.") Wir hoffen nach dieser erneut wenig spektakulären Folge, es wird künftig weniger gekuschelt und es geht bald einmal mehr zur Sache. Adieu, Aufwärmphase!

Achtung: Nächsten Montag ist Ostermontag, daher fallen die "Vorstadtweiber" aus. Wir berichten wieder am 4. April.

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