Sobotka: Mitterlehner hat "mehr denn je volle Loyalität"

Wolfgang Sobotka
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Der künftige Innenminister Sobotka räumt ein, mit Finanzminister Schelling "nicht immer einer Meinung" zu sein. Als Dirigent sei ein Benefizkonzert für Flüchtlinge vorstellbar.

Wie hat Ihre Familie darauf reagiert, dass Sie Innenminister werden sollen?

Wolfgang Sobotka: Meine Frau hat gesagt, wenn du das möchtest und man dich vorschlägt, ist das eine hohe Auszeichnung, und sie trägt das mit.

Was ist für Sie selbst der Reiz am Amt des Innenministers?

Wenn man in eine große Gesinnungsgemeinschaft eingebunden ist, hat man gewisse Dinge für die Gemeinschaft zu erledigen. Erstens hat man in der Position in der Bundesregierung die Zuständigkeit für das gesamte Bundesgebiet. Zweitens hat für uns in der derzeitigen Situation das Sicherheitsgefühl hohe Priorität. Es ist aber auch möglich, seine politischen Überlegungen einzubringen.

Welche wollen Sie denn als neuer Innenminister einbringen?

Ich bitte um Verständnis, dass ich zu einzelnen Punkten nicht vor der Angelobung Stellung nehme. Ich kenne die Bundespolitik von verschiedensten Begegnungen sehr gut. Es ist sicherlich ein Ministerium, das alle Anforderungen erfüllt, dadurch ermöglicht es eine gute Begleitung des politischen Verantwortlichen.

Die derzeit noch amtierende Innenministerin, Johanna Mikl-Leitner, hat bei der Bekanntgabe des Wechsels am vergangenen Sonntag vom härtesten Job in der Republik gesprochen.

Sie hat in den Jahren davor bewiesen, wie sie den Beruf ausgefüllt hat. Das hat sie sicherlich bravourös gemacht. Die Skalen von hart oder weich – das muss man immer wieder hinterfragen. Es ist ein hoch verantwortungsvoller Beruf, in diesen Zeiten Innenminister zu sein. Herausforderungen nimmt man auch gern an.

Hart oder weich? Sie gelten als musischer Mensch, aber Sie sind auch für direkte, manche sagen, grobe Art bekannt.

Wir müssen ein gesellschaftliches Auseinanderdriften verhindern. Ich werde versuchen, Verständnis für die eine oder andere Position zu gewinnen und an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten. Es wird auch Widerstand oder Gegenmeinungen geben. Die Frage ist nur, wie sie in sensiblen Zeiten artikuliert werden. Sind sie nur populistisch vorgebracht oder im Interesse einer Problemlösung?

Etliche Leute wundern sich, wie man als ehemaliger Lehrer und dann langjähriger Finanzpolitiker jetzt plötzlich Innenminister werden kann.

Ich habe reiche Erfahrungen mit Bundesstellen, ich habe viele Verhandlungen mit dem Bund geführt, allein zu vier Finanzausgleichen. Als Gemeindereferent war ich mit den nachgelagerten Landespolizeidirektionen sehr, sehr eng verbunden. Das Entscheidende für einen Minister sind seine Management-, Kommunikations- und Führungsfähigkeit. Auch nicht jeder Bankdirektor wird jede Kreditpromesse ausfüllen können.

Wären Sie lieber niederösterreichischer Landeshauptmann geworden?

Wir haben gemeinsam entschieden und überlegt: Was ist das Beste für das Land? Was haben wir für eine Verantwortung gegenüber dem Bund? Nicht aus Jux und Tollerei, sondern aus sehr vielen Gesprächen ist für alle Beteiligten eine runde Lösung geworden.

Sie sind mir elegant ausgewichen. Die Frage war: Wären Sie lieber Landeshauptmann?

Es gibt für mich in der Politik eine ganz einfache Regel: Wenn man glaubt, man muss ein Amt anstreben, dann ist man schon fehl am Platz. Fremdwahrnehmung und Eigenwahrnehmung sind oft ganz anderer Natur.

In der Fremdwahrnehmung sieht es so aus, dass ÖVP-Obmann Mitterlehner wie ein Ministrant bei der Neubestellung des Innenministers dabei gewesen ist.

Wie mir versichert wurde, hat man das im Einvernehmen getan. Ich kenne den Reinhold Mitterlehner sehr lang, auch seine Führungsqualitäten. Da wurde im Gegensatz zur oft veröffentlichten Meinung sehr wohl eine klare, gemeinsame Linie verfolgt.

Ist er weiter unbestritten ÖVP-Obmann?

Für mich gibt es eine Sache, die heißt Loyalität. Die Funktion des ÖVP-Bundesparteiobmannes ist sicher sehr herausfordernd. Er braucht die Loyalität seiner Mitarbeiter, der Kollegen in der Regierung und in den Abgeordnetenreihen. Das halte ich für zwingend notwendig. Ich werde es gegenüber dem Bundesparteiobmann auch so halten.

Hat Mitterlehner die volle Loyalität der ÖVP Niederösterreich?

Mehr denn je.

Der steirische ÖAAB-Obmann, Landesrat Christopher Drexler, hat gewarnt, die ÖVP müsse mehr als die Achse St. Pölten-Linz sein. Gibt es eine zu starke Verengung der ÖVP?

Mit Christopher Drexler verbindet mich eine lange politische Zusammenarbeit und auch eine persönliche Freundschaft. Er formuliert manchmal etwas zugespitzt. Gerade die niederösterreichische ÖVP hat sich bei allen Wahlen im Sinne des Gesamten bewährt. Eine differenzierte Darstellung von Meinungen ist nicht immer gleich ein Flügelkampf. Bei uns wird gleich konstruiert, es wäre eine Spaltung oder es wäre jemand desavouiert worden. Jedem in der Volkspartei ist bewusst, wenn wir an einem Strang ziehen, können wir erfolgreich sein.

Sie treffen in der Regierung Finanzminister Schelling. Sie brauchen also nicht „auf Philippi“ warten, um ihm etwas zu sagen.

Ich habe mit Hans Jörg Schelling (dieser hat am Freitagabend im ORF-Radio den Zeitpunkt des ÖVP-Ministerwechsels knapp vor der Bundespräsidentenwahl kritisiert, Anm.) eine sehr offene, direkte Beziehung und bin natürlich nicht immer seiner Meinung. Wesentlich ist aber die inhaltliche Auseinandersetzung. Es ist klar, in einem Ministeramt wird meine Formulierung bedächtiger ausfallen müssen.

Ist für Sie vorstellbar, als Minister und Dirigent ein Benefizkonzert für Flüchtlinge zu leiten?

Ja, wie für jeden guten Zweck.

Zur Person

Wolfgang Sobotka  kam 1956 In Waidhofen an der Ybbs kam zur Welt. In seiner Geburtsstadt zog der studierte Historiker, ausgebildete Dirigent und AHS-Lehrer 1982 in den Gemeinderat ein, leitete später die Musikschule und war für die ÖVP dann auch Bürgermeister. 1998 der Einstieg in die Landespolitik: Er wurde am 16. April, somit fast auf den Tag genau vor 18 Jahren, Finanzlandesrat, also „Kassier“ des Landes Niederösterreich. 2009 wurde der verheiratete Vater von sechs Kindern Vizelandeshauptmann. Am vergangenen Sonntag wurde er von der ÖVP zum neuen Innenminister designiert.

(Print-Ausgabe, 17.04.2016)

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