Wiens Bürgermeister hat "das Gefühl, dass es Kräfte in der ÖVP gibt, die uns aus der Regierung schmeißen wollen". Vizekanzler Mitterlehner nennt das einen "recht netten Quatsch".
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) glaubt nicht, dass die Koalition im Bund bis 2018 hält. Er selbst wünsche sich das zwar nicht, "aber ich habe das Gefühl, dass es Kräfte in der ÖVP gibt, die uns aus der Regierung schmeißen wollen", sagte er am Dienstag vor Journalisten. Und schickte eine Drohung hinterher: "Nach dem Diktat der ÖVP wird die SPÖ sicher nicht tanzen." Als möglichen Wahltermin tippte Häupl "gefühlsmäßig" auf 2017.
Dabei betonte der Stadtchef, dass es sich bei seiner Einschätzung nicht um "einen Wunsch, sondern eine Analyse" handle. Denn: "Ich kann ja lesen. Und nachdem ich ja viele der handelnden Person gut bis ganz ausgezeichnet kenne, verstehe ich ja, was sie hier sagen. Das ist natürlich nicht darauf angelegt, dass man bis 2018 regiert", verwies er auf Aussagen des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll oder von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka.
Zur Personaldebatte rund um Bundeskanzler und Bundesparteiobmann Werner Faymann meinte Häupl, diese verhindere nur eine nötige Strategiediskussion, die umgehend zu führen sei: "Was ich befürworten würde, wäre ein geschlossenes gemeinsames Herangehen an bestimmte Frage und das Verkaufen von guten Dingen besser."
Mitterlehner ortet "recht netten Quatsch"
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) reagierte auf Häupls Vermutungen am Dienstagnachmittag ungehalten. Am Rande des Integrationsgipfels mit den Sozialpartnern meinte der ÖVP-Obmann dazu: "Das ist ein recht netter Quatsch." Überhaupt habe er keine Lust über jede Gefahr oder jeden Termin zu reden, auch wenn noch so wichtige Personen über so etwas spekulierten. Auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kommentierte Häupls Aussagen nur knapp: "Wahltag ist 2018. Unsere Aufgabe ist sehr und gut zusammenzuarbeiten."
Kurz vor Häupls Äußerungen, hatte die Bundesregierung am Vormittag wieder einmal einen "Neustart" aufgrund des Debakels der Koalitionskandidaten bei der Hofburg-Wahl angekündigt. Ende Mai soll es demnach eine "Zwischenbilanz" geben, in deren Folge für noch offene Themen konkrete Pläne zur Abarbeitung gefunden werden sollen. Dabei wird die Regierung durchaus auch Themen angreifen, die bisher im Koalitionsstreit nicht lösbar waren, versicherte Mitterlehner: "Da müssen Tabu-Bereiche dabei sein."
Dabei findet der ÖVP-Chef, dass die Regierung an sich gar nicht so wenig auf den Weg bringt. Alleine der heutige Ministerrat mit dem Beschluss des Finanzrahmens und der Einigung auf die Kindergeld-Reform beweise, dass die Koalition "vielleicht doch arbeitet". Für Mitterlehner zeigt dies, dass es allein mit Reformen nicht gelingen werde, wieder in der Wählergunst zuzulegen. Neben Inhalten und Ausrichtung brauche es auch ein neues Marketing. Da und dort werde das Gewohnte durchbrochen werden.
"Anderes Verhalten an den Tag legen"
Jedenfalls vorgesehen ist offenbar, dass sich die Koalitionsparteien öffentlich nicht mehr bekriegen. Man werde hier ein "anderes Verhalten an den Tag legen", betonte der Vizekanzler, der angesichts der Ergebnisse der Hofburgwahl bekräftigte: "Wir haben verstanden." Faymann wertete das Abschneiden der Koalitionskandidaten als "deutliche Warnung uns gegenüber". Man werde sich nun noch mehr den unmittelbaren Lebensbereichen wie Schule und Arbeitsmarkt zuwenden müssen.
Wie der Neustart nun organisiert sein soll, wurde am Dienstag noch offengelassen. Ob dies im Rahmen einer Regierungsklausur geschehe oder Reformen in Teilschritten präsentiert würden, müsse man sich erst ansehen, meinte der Kanzler. Was den zweiten Durchgang der Bundespräsidentenwahl angeht, bleibt es dabei, dass die Regierungsspitze keine Wahlempfehlung abgeben werde. Faymann wiederholte, seine Stimme Alexander Van der Bellen geben zu wollen. Mitterlehner hielt sich in dieser Frage bedeckt.
(uw/APA)