Brüssel begrüßt die geplante Aufhebung des Visa-Zwangs für alle EU-Bürger durch Ankara, doch es gibt noch Vorbehalte.
Die EU-Kommission will die im Flüchtlingspakt ab Ende Juni zugesagte Visa-Freiheit für die Türkei am Mittwoch empfehlen. Diese Entscheidung werde aber voraussichtlich unter Vorbehalt gestellt, da Ankara noch nicht alle Bedingungen für die Aufhebung des Visa-Zwangs erfüllt habe, hieß es am Dienstag aus EU-Kreisen in Brüssel. Demnach erfüllte die Türkei zuletzt 64 der 72 Voraussetzungen.
Die EU-Kommission begrüßte weitere Fortschritte in den Verhandlungen mit Ankara. So habe die türkische Regierung am Vortag per Verordnung bestimmt, dass EU-Bürger aus allen 28 Mitgliedstaaten fortan ohne Visum in die Türkei einreisen dürfen, sagte ein Sprecher. Demnach war das bisher bei Reisenden aus elf EU-Ländern nicht der Fall.
Problemfall Zypern
Als besonders problematisch galt hier Zypern. Die Mittelmeerinsel ist seit 1974 geteilt, als türkische Truppen den Nordteil als Reaktion auf einen Putschversuch besetzten. Ankara erkennt die zypriotische Regierung nicht an.
Die "Bild"-Zeitung berichtete unterdessen, die Visa-Freiheit solle vorläufig auch für türkische Bürger gelten, die nicht über einen biometrischen Pass verfügen. Diese Regelung solle bis Jahresende gelten.
"Keine politischen Rabatte"
Die Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europaparlament, Angelika Niebler, erklärte, es dürfe für die Türkei in der Visa-Frage "keine politischen Rabatte" geben. "Die Sicherheit unserer Bürger kann nicht verhandelbar sein." Bei biometrischen Pässen dürfe es deshalb "keine Übergangsregelungen geben".
Die EU hat von Ländern, denen Visa-Freiheit gewährt wird, in letzter Zeit immer biometrische Pässe verlangt, etwa im Falle Albaniens oder Serbiens. Nur rund zehn Millionen der 78 Millionen Einwohner der Türkei haben überhaupt einen Reisepass, und die Herstellung biometrischer Pässe ist erst jüngst angelaufen. Der erwarteten Kommissionsempfehlung zur Aufhebung des Visa-Zwangs müssen auch die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament zustimmen.
(APA/AFP)