Pleiten: Europas zäher Weg aus der Finanzkrise

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Zahl der Insolvenzen geht in Westeuropa abermals zurück. Bis zum Niveau vom Vorkrisenjahr 2008 ist es aber – im Unterschied zu den USA – noch weit. Dafür ist die Zahlungsmoral der Europäer auffällig heterogen.

Wien. Zwar ist die Anzahl der Firmeninsolvenzen zwischen einzelnen Ländern aufgrund der uneinheitlichen Insolvenzrechtslagen nur beschränkt vergleichbar, wie der Gläubigerschutzverband Creditreform zu Recht schreibt. In seiner gestern präsentierten Analyse kommt er aber dennoch zu bemerkenswerten Gegenüberstellungen.

Am meisten ins Auge springt, dass die Insolvenzen in den USA von 74.251 im Jahr 2011 kontinuierlich und rapide auf 29.897 im Vorjahr gefallen sind. Von solchen Fortschritten ist Westeuropa weit entfernt: Hier hat sich die Anzahl von 176.927 (2011) nach zwischenzeitlichen Anstiegen zuletzt auf 174.891 reduziert. Damit liegt Westeuropa immer noch zwölf Prozent über dem Wert vom Vorkrisenjahr 2008, während die USA den Vorkrisenwert (43.564) mittlerweile um ein Drittel unterschritten haben.

Österreich im Trend

Immerhin weist die Tendenz auch in Westeuropa seit 2013 in die richtige Richtung, von 2014 auf 2015 reduzierten sich die Insolvenzen hier dank der anziehenden Konjunktur und trotz der zusätzlichen Belastungen (Terroranschläge, Flüchtlingsströme) um vier Prozent.

Österreich liegt dabei im Trend und hat im Vorjahr mit 5422 Insolvenzen um 3,2 Prozent weniger Pleiten verzeichnet als 2014. Selbst die ehemaligen Eurokrisenländer (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien) zeigen eine positive Dynamik.

Gegen den Trend entwickelten sich nur vier der 17 untersuchten Länder Westeuropas: In Portugal, Luxemburg, der Schweiz und Frankreich wurden im Vorjahr mehr Insolvenzen verzeichnet als noch 2014. Besonders Frankreich fällt auf, schließlich steht Europas zweitgrößte Volkswirtschaft für ein Drittel der westeuropäischen Firmenpleiten.

Warten auf Geld

Mindestens so länderspezifisch wie die Situation mit den Unternehmenspleiten ist die Zahlungsmoral und -geschwindigkeit. Nach der Statistik von Creditreform, deren jüngste Zahlen auf die Daten von 2014 zurückgehen, warten die Unternehmen in den Mittelmeeranrainerstaaten durchschnittlich 81,3 Tage auf die Bezahlung ihrer Rechnungen. Auch die Kunden in den Benelux-Staaten und Frankreich sind mit 51,9 bzw. 50,5 Tagen nicht die schnellsten.

Am korrektesten sind die Deutschen, die ihre offenen Rechnungen innerhalb eines Monats begleichen (28,2 Tage). Eine Woche länger Zeit lassen sich die Österreicher und Schweizer: Im Schnitt haben sie nach 32,5 Tagen eine erbrachte Leistung bezahlt. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2016)

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