Wohnstudie: Der neue Realismus

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Ruhig ein wenig kleiner, mit niedrigen Betriebskosten: Bei der Suche nach neuem Wohnraum geben sich die Österreicher neuerdings bescheidener als noch vor ein paar Jahren.

„Die Immobilienwelt hat sich verändert. Und die Österreicher passen sich an diese neue Realität an.“ Dieses Fazit zieht Andrea Baidinger, Geschäftsführerin der Bauen Wohnen Immobilien Kommunikationsberatung GmbH, nach einer ersten Analyse der repräsen­tativen Trendstudie 2009 zum Thema Wohnen. Im April und Mai dieses Jahres befragte das österreichische Gallup Institut in ihrem Auftrag 1000 Österreicher zu ihrer aktuellen Wohnsituation und den Zukunftsplänen.
Immerhin ein Viertel der Befragten will in den nächsten Jahren umziehen, bis 2011 haben das neun Prozent vor. Was wenig klingen mag – laut Statistik Austria sind das aber umgerechnet auf die heimische Bevölkerung (über 20 Jahren) immerhin 593.000 Personen. Ihnen gemein ist ein neuer Realitätssinn, stellt Baidinger fest. Dieser zeige sich vor allem bei der Größe des gesuchten Wohnraums sowie bei den Kriterien, die bei der Auswahl herangezogen werden.
93, das reicht schon!
Im Schnitt würden sich die Österreicher mit einem 93 Quadratmeter großen Domizil zufriedengeben. Ein wenig anspruchsvoller sind die Frauen unter ihnen: Sie könnten gut mit 94 Quadratmetern leben. Allerdings haben sie im Vergleich zu einer Studie aus dem Jahr 2003 zurückgesteckt: Damals soll­ten es noch stolze 115 Quadratmeter sein.
In der Maklerbranche ist dieses Umdenken bereits spürbar. „Es gibt einen Trend zu einer geringeren Anzahl von Quadratmetern“, sagt s-Real-Chef Michael Pisecky. Aber: „Nur dann, wenn der Grundriss attraktiv ist“, relativiert der Experte. „Zum Beispiel wird eine 100 Quadratmeter große, gut geschnittene Wohnung einer 120-Quadratmeter-Einheit vorgezogen, die in dieser Hinsicht nicht optimal ist.“ 
»Lange war die Lage das
wichtigste Kriterium. Nun sind es eindeutig die Kosten.«
Andrea Baidinger
Dass schiere Größe nicht mehr so wichtig ist, führt Baidinger auf das veränderte Preisgefüge für Immobilien zurück. „Wohnen ist teurer geworden, egal ob Miete oder im Eigentum.“
Mit der Geldfrage zusammen hängt ein weiterer Trend, der sich aus der Studie ablesen lässt: „Der Wunsch nach einem Einfamilienhaus ist weiterhin rückläufig“, so Baidinger. 2003 waren es noch 52 Prozent, die in ein Haus übersiedeln wollten, 2009 sind es 41 Prozent, für 2011 geplant haben es gerade noch 38 Prozent. Im Gegenzug sind Wohnungen und Reihenhäuser auf dem Vormarsch.
Laufende Kosten wesentlich
Und schließlich spielen die Kosten auch bei den Auswahlkriterien für das neue Haus oder die nächste Wohnung eine sehr große Rolle. „Lange Zeit war die Lage, insbesondere jene im Grünen, das wichtigste für Umzugswillige“, berichtet Baidinger.
Und nun – steigende Energiepreise und die Wirtschaftskrise sind dafür sicher mit ein Grund – stehen die Finanzen im Vordergrund, und zwar bei Männern und Frauen. Interessantes Detail: Die Anschaffungskosten sind für die Befragten natürlich ein wesentlicher Punkt  (Platz zwei im Ranking der Auswahlkriterien bei Frauen, Platz drei bei Männern), an der Spitze liegen jedoch die laufenden Mittel, die man für eine ­Immobilie aufwenden muss – also Heiz- und Stromkosten, Müllentsorgung. Die idyllische Grünruhelage hingegen schafft in der aktuellen Studie ­gerade mal den sechsten Platz. Ganz genau aufs Geld schauen: Auch die Entwicklung zeichnet sich bereits im Immobiliengeschäft ab: „Diesen Trend gibt es schon seit einiger Zeit. Neu, seit dem Vorjahr, ist allerdings das erhöhte Energie­-
bewusstsein der Konsumenten“, sagt Pisecky. Die  laufenden Betriebskosten hätten bei Kauf- oder Mietentscheidungen an Bedeutung gewonnen, die Interessenten seien deutlich preissensibler als früher.
Eine Beobachtung, die Pisecky außerdem gemacht hat: „Jeder zweite Immobilieninteressent möchte mittlerweile gern in einem neu gebauten Haus oder in einer neu errichteten Wohnung leben.“

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