ÖFB-Team: "Wir wollten dieses Endspiel"

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Dank eines strikten Defensivkonzepts und viel Glück kam Österreich gegen Portugal zu einem Punktgewinn. Gegen Island kommt es nun zum Showdown um den Aufstieg ins Achtelfinale.

Österreichs Nationalmannschaft ist bei der Europameisterschaft in Frankreich sportlich angekommen. Nach dem 0:2 zum Auftakt gegen Ungarn holte das ÖFB-Team durch ein torloses Remis gegen Portugal den ersten und so wichtigen Punkt. Zwar bildet man vor dem letzten Spieltag der Gruppe F weiterhin das Schlusslicht, ein Sieg gegen Island am Mittwoch (18 Uhr, live in ORF eins) würde aber zumindest Rang drei garantieren. Der Aufstieg in das Achtelfinale wäre damit wahrscheinlich, denn auch die vier besten Gruppendritten qualifizieren sich für die K.-o.-Phase.

Ein Vergleich der beiden Partien gegen Ungarn und Portugal ist nicht zielführend, weil die taktische Ausrichtung der Österreicher eine völlig andere war. Wollten Kollers Mannen im Duell mit den Magyaren das Spiel noch selbst bestimmen, so konzentrierten sie sich Samstagabend im Pariser Prinzenparkstadion fast ausschließlich auf ihre Defensivaufgaben.

Kollers Korrekturen

Die ÖFB-Elf stand tief, verteidigte mit zwei Viererketten und wollte damit den Portugiesen möglichst wenige Räume bieten. Kein Tor zu kassieren war augenscheinlich wichtiger als eines zu schießen. „Wir haben Korrekturen angebracht und uns überlegt, wie wir spielen wollen. Das ist aufgegangen“, kommentierte Teamchef Marcel Koller das Geschehen. Der Schweizer ließ gegen Portugal Marc Janko 93 Minuten auf der Bank zusehen. Janko wurde an vorderster Front durch Martin Harnik ersetzt, die Solospitze ging weite Wege. „Ich glaube, ein Spieler wie Marc wäre diesmal in der Luft gehangen. Wir haben gezeigt, dass wir taktisch flexibel sein können.“

Ein gelungener Schachzug Kollers war auch die Installierung Stefan Ilsankers neben Julian Baumgartlinger im defensiven Mittelfeld. Der Leipzig-Legionär arbeitete aufopferungsvoll und erwies sich für die portugiesische Kreativabteilung als unangenehmer Gegenspieler.

Trotz allem war Österreichs Punktgewinn ein echter Glücksfall, denn die Dominanz der favorisierten Portugiesen war teils erdrückend. Cristiano Ronaldo und Co. gaben 23 Schüsse ab, Österreich hingegen nur drei. Robert Almer rückte regelmäßig in den Mittelpunkt, seine Paraden hielten das ÖFB-Team im Spiel. „Das war eine der wichtigeren Partien“, sagte Almer später. Dass nicht er, sondern Portugals Spielmacher João Moutinho von der Uefa zum Man of the match gekürt wurde, mutete etwas skurril an.

Wahrscheinlich wäre diese Ehre Ronaldo zuteil geworden, hätte er in der 78. Minute den Elfmeter verwandelt und nicht Aluminium getroffen. Auch ohne ein Ronaldo-Tor zeigte sich Österreichs Innenverteidigung von den Qualitäten des Superstars beeindruckt. „Er entzieht sich oft der Deckung, du kannst ihn nur schwer greifen. Ronaldo ist nicht umsonst 100 Millionen wert“, stellte Sebastian Prödl fest. Sein Partner in der Innenverteidigung, Martin Hinteregger, sah sich zum Elfmeterfoul gezwungen. „Er ist in den Strafraum gesprintet, wie eine Lokomotive über mich drübergefahren.“ Auch der Luftstand Ronaldos bei Kopfballduellen beeindruckte den 23-Jährigen. „So etwas habe ich noch nie gesehen. Das ist absolute Weltklasse.“

Problemfall Alaba

Während in der mannschaftlichen Geschlossenheit, auch punkto Einsatz und Willen, Verbesserungen im rot-weiß-roten Team festzustellen waren, bereitet die Offensive weiter große Sorgen. Mitverantwortlich dafür ist David Alaba, der gegen Portugal durch den Junuzović-Ausfall die ungewohnte Rolle des Spielmachers übernahm, die hohen Erwartungen aber erneut nicht erfüllen konnte. Er gewann nur jeden vierten Zweikampf, bloß 59 Prozent seiner Pässe kamen an – kein anderer Spieler wies eine schlechtere Statistik auf.

Nach etwas mehr als einer Stunde ersetzte ihn Koller durch Alessandro Schöpf, den viele in der Startformation erwartet hatten. Für Alaba kam die Auswechslung überraschend, er zeigte sich enttäuscht: „Ich weiß nicht, warum er (Koller, Anm.) mich rausgenommen hat.“ Kollers Reaktion: „Es war schwierig für ihn, sich in Szene zu setzen. Aber er hat das getan, was er tun musste, hat uns geholfen.“

Gegen Island wird Alaba trotz hartnäckigen Formtiefs wohl dennoch wieder in der Startelf stehen, dann kommt es im Stade de France zu einem echten Showdown. Harnik: „Das ist das Endspiel, das wir uns gewünscht haben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2016)

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