Immer mehr Menschen kämen über Ägypten nach Europa. Gleichzeitig spiele sich die Hauptfluchtroute wieder zwischen Nordafrika und Italien ab.
Der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, warnt vor einer massiven Belastung Italiens durch die Verlagerung der Flüchtlingsrouten. Aus Libyen kämen "13 bis 14 Mal mehr Flüchtlinge nach Italien als Migranten aus der Türkei nach Griechenland", sagte er der Funke Mediengruppe. "Die zentrale Mittelmeerroute ist so stark frequentiert wie noch nie." Der neue Schwerpunkt der Fluchtroute liegt nun - wie in den Jahren zuvor - zwischen Nordafrika und Italien.
Die Zahl der illegalen Grenzübertritte zwischen Libyen und Italien übersteige heuer die Zahl aller anderen illegalen Grenzübertritte in die EU, sagte der Frontex-Chef weiter. Im vergangenen Jahr hatten viele Flüchtlinge noch versucht, über die Türkei nach Griechenland und von dort aus weiter nach Mitteleuropa zu gelangen. Durch die Abriegelung der so genannten Balkanroute und das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei sind die Flüchtlingszahlen dort in letzter Zeit drastisch gesunken.
Die zentrale Mittelmeerroute werde vor allem von Menschen aus Westafrika und vom Horn von Afrika genutzt. "In Eritrea gibt es Verfolgung und eine brutale Diktatur, diese Menschen sind schutzbedürftig", sagte Leggeri. "Aus Senegal, Gambia, Elfenbeinküste und Niger fliehen viele aus wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit."
300.000 Flüchtlinge in Westafrika
Wenn die Migrationsströme aus Westafrika in Richtung Libyen anhielten, dann müsste Europa mit 300.000 Flüchtlingen rechnen, die versuchten nach Europa zu gelangen. Wie viele tatsächlich heuer die Fahrt per Boot antreten würden, könne nicht gesagt werden.
Besorgt zeigte sich Leggeri darüber, dass in letzter Zeit immer mehr Flüchtlinge von Ägypten aus die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer nach Europa wagten. Ägypten entwickle sich zu einem "neuen Hotspot", sagte er. "Die Route wächst", fügte er hinzu. "Die Überfahrt ist hochgefährlich, die Fahrt dauert oft länger als zehn Tage." Zudem gebe dort es wenige Schiffe, die Schiffbrüchige retten könnten.
Zugleich forderte der Frontex-Chef die EU-Staaten auf, legale Fluchtwege nach Europa zu ermöglichen. Dies sei nicht nur zum Schutz der Migranten, "sondern auch, um die Einreise von Terroristen und Kriminellen über illegale Schlepperrouten nach Europa zu verhindern. Wer Schlepper bekämpft, bekämpft auch Waffenschmuggler und Drogenhandel", sagte Leggeri.
(APA/AFP/red.)