Wenn Wein einen Soundtrack hat

(c) Clemens Fabry
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Winzersohn Christoph Artner und DJ Gerald Travnicek lieben Wein und Musik – und verbinden das mit „Punk's Finest“. Compilation zum Wein folgt.

„Mystic Voyage“ von Buddy Sathiva, oder auch „Visions“ des Patchworks Galactic Project: Das zum Beispiel könnte man zum Daydreamer hören, einer Cuvée aus Gelbem Muskateller und Grünem Veltliner. Daydreamer sei der Wein für einen lauen Freitagnachmittag, sagt Gerald Travnicek, „ein Wein, der einfach nur da ist, der nichts von dir will“. Und damit das Ganze auch funktioniert, gibt's die nötigen vier Songs zum Glas online auch gleich zum Streamen.

Es ist ein eher unkonventionelles Kulinarikprojekt, das sich Travnicek und Christoph Artner, jüngster Sohn der bekannten Winzerfamilie aus Carnuntum, da ausgedacht haben. „Punk's Finest“ nennt sich eine Serie selbst gemachter (Artner-)Weine, die bewusst auf allen Zinnober, der sonst gern rund um Wein veranstaltet wird, verzichtet. Man müsse das Glas nicht erst fünf Minuten schwenken, um die Farbe zu bestimmen; die Beschreibungen der Flaschen sind knapp. Er wolle, lästert Travnicek, ja etwa gar nicht wissen, „wie ein unreifer Pfirsich schmeckt“.

In Summe sei „Punk's Finest“ weniger ausgeklügeltes Marketingkonzept als Ausformung eines Lebensstils. Als „Querdenker, Gegen-den-Strom-Schwimmer“ sehen sich die zwei – und irgendwie als „Punks by heart“. Marketingexperten, deuten die beiden an, würden wohl die Haare zu Berge stehen, müssten sie ihren Auftritt beurteilen. Die Etiketten der Weine verbinden allenfalls Details wie die aus Zeitschriften ausgeschnittenen Buchstaben. Gestaltet haben sie sie mit einem Tätowierer. Begonnen hat alles mit Portwein: Artner war mit Winzerkollegen in Portugal. Heim kam er mit dem für Österreich verwegenen Entschluss, „einen Portwein zu probieren – wir hatten eh keinen Süßwein“. Drei Fässer Syrah wurden vergoren. Dass 2008 ein kühles Jahr war, war kein Schaden. „Fruchtig, nicht so überreif wie ein Portugieser“, sagt Artner, war das Ergebnis, das er freilich nicht Portwein nennen darf. Im Lokal seines Bruders, Markus Artner am Franziskanerplatz, lernte er damals Travnicek kennen, der gerade bei Wein & Co tätig war. Man kam ins Reden über die Musik – und auf einen Namen: „Portuguese Love“ von Teena Marie.

Eigentlich ist Christoph Artner im Familienunternehmen ja für den Heurigen zuständig, hat daneben Marketing und Vertrieb der Weine ausgebaut. „Die Arbeitsteilung bei uns ist klar“, sagt er: „Jeder macht, was er mag.“ So hat sein ältester Bruder Hannes das Weingut übernommen – und übrigens schon da Weine nach Musik benannt. Auch Travnicek, der als Moderator und Programmchef beim Radiosender Superfly arbeitet, kommt aus der Kulinarik: Er ist gelernter Koch, auch Hotel- und Gastgewerbefachmann, ist dann aber den Hotels entflohen und – „von klitzeklein auf“ musikbegeistert und schon als Teenager Veranstalter – DJ geworden. Gerade ist er dabei, seine Plattensammlung von ursprünglich 5000 auf die lebensnotwendigen 800 Scheiben zu verkleinern (zu Letzteren zählt die komplette Diskographie von Serge Gainsbourg, oder Grace Jones' Version von „La Vie En Rose“.)

„Natürlich auf Vinyl“

Anarchistisch sei man freilich eher in der Kommunikation als bei den Weinen – wenngleich auch dort manches unkonventionell ist. Für „Rosy Cheek“ mischen sie Rosé-Sekt mit Portwein, „Tears of Joy“ ist Hommage wie auch Persiflage auf Champagner, und im „Rotten“ ist man stolz auf den Blauen Portugieser, „den kein Winzer je erwähnt“. Neu im Programm sind seit einem halben Jahr amerikanische Spirituosen: „The 86 Company“ bietet „noise and spirits“ – Wodka, Rum, Gin und Tequila, kreiert von Bartendern für den Gebrauch durch Kollegen. Das 25hours Hotel, aber auch Mama Liu & Sons, Heuer, Botanical Garden oder Tür 7 haben die Hochprozentigen im Sortiment. Im Herbst gibt es von „Punk's Finest“ dann die erste Compilation, „natürlich auf Vinyl“, die Songs werden gerade ausgesucht. Und irgendwann, sagt Artner, hätten sie für ihren Wein gern eine Bühne – ein Lokal.

AUF EINEN BLICK

Christoph Artner stammt aus der Winzerfamilie und ist für Heurigen, Marketing und Vertrieb zuständig. Bruder Hannes führt den Hof, Markus mit Schwester Trixi die Restaurants am Franziskanerplatz und auf der Wieden. Früher hat er in einer Punkband Gitarre gespielt. Gerald Travnicek hat für Wein & Co die Veranstaltungsserie Music & Wine ins Leben gerufen und arbeitet seit 2008 beim Radiosender Superfly. Die Getränke von „Punk's Finest“ (8 bis 18 Euro) gibt es bei Feinkoch, ab Herbst bei Just Taste und auf www.punksfinest.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2016)

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