Fall Dugard: Entführte arbeitete für ihren Kidnapper

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Jaycee Lee Dugard, die in Kalifornien 18 Jahre lang gefangen gehalten wurde, war offenbar jahrelang der kreative Kopf im Druckerei-Betrieb ihres mutmaßlichen Entführers. Kunden glaubten, sie sei seine Tochter.

Die mittlerweile 29-Jährige Jaycee Lee Dugard, die in Kalifornien im Alter von elf Jahren entführt und darauf 18 Jahre lange gefangen gehalten wurde, arbeitete offenbar jahrelang im Druckerei-Betrieb ihres Kidnappers Phillip Garrido.

Wie der "San Francisco Chronicle" auf seiner Website berichtet, war Dugard als Grafik-Designerin tätig und somit der kreative Kopf der Firma Garridos. Kunden geben gegenüber der Zeitung an, die Frau für die Tochter des Inhabers gehalten zu haben. Sie wurde ihnen mit dem Namen "Allissa" vorgestellt.

18 Jahre lang gefangen gehalten

Jaycee Lee Dugard war im Alter von elf Jahren in der Nähe ihres Elternhauses in Nordkalifornien gekidnappt worden und erst in der vergangenen Woche wieder aufgetaucht.

Garrido hatte das Mädchen im Garten hinter seinem Haus im kalifornischen Antioch gefangen gehalten und sexuell missbraucht. Jaycee Lee Dugard brachte zwei Töchter zur Welt, die jetzt elf und 15 Jahre alt sind. Sie habe eine sehr enge Bindung mit ihrem Kidnapper entwickelt, erzählte der Stiefvater der Frau, Carl Probyn, nach Gesprächen mit seiner Frau.

Prostituierten-Morde werden untersucht

Phillip Garrido und seine Ehefrau Nancy wurden unter anderem wegen Entführung, Vergewaltigung und Freiheitsberaubung angeklagt. Außerdem wird gegen den 58-Jährigen auch im Zusammenhang mit ungeklärten Morden an Prostituierten in den 90er Jahren ermittelt. Nach Polizeiangaben wurden die Leichen der Frauen in der Nähe eines früheren Arbeitsplatzes Garridos gefunden. Er gelte als "eine Person von Interesse". Garrido hat wegen Entführung und eines Sexualdelikts bereits eine elfjährige haftstrafe verbüßt.



Unterdessen kommen in dem Entführungsfall Jaycee Lee Dugard immer mehr Details über Ermittlungspannen der kalifornischen Polizei ans Licht. Bewährungshelfer hatten den vorbestraften Sexualstraftäter mehrfach zu Hause kontrolliert, bemerkten das Versteck im Hinterhof aber nicht. Auch dem Hinweis einer Nachbarin von 2006, die die Kinder in dem ärmlichen Zeltlager gesehen hatte, ging die Polizei nicht richtig nach.

Ermittlungen laufen auf Hochtouren

Seit Freitag durchkämmen Fahnder mit Spürhunden Garridos Haus und ein Nachbargrundstück, das der Mann zeitweise verwaltete. Einzelheiten wollten die Ermittler frühestens heute, Montag (Ortszeit), bekanntgeben.

Garrido verbüßte von 1977 bis 1988 eine Haftstrafe wegen Entführung und eines Sexualdelikts. In Reno (Nevada) hatte der damals 25-Jährige eine junge Frau in einem Schuppen eingeschlossen und vergewaltigt. Ursprünglich war er zu 50 Jahren Haft verurteilt worden, kam aber nach elf Jahren auf Bewährung frei. Seine Frau Nancy lernte er im Gefängnis kennen, als sie einen Mitgefangenen besuchte.

Opfer im Kreis der Familie

Nach 18 Jahren der Trennung versuchen das Entführungsopfer Jaycee Lee Dugard und ihre Familie wieder einander näher zu kommen: Mit ihren beiden Töchtern, ihrer Mutter, Schwester und Tante hält sich die 29-Jährige an einem unbekannten Ort auf, wo sie auf die Hilfe von Ärzten und Psychologen bauen kann, wie ihr Stiefvater Carl Probyn dem "San Francisco Chronicle" vom Sonntag erzählte.

"Sie umarmen sich und halten sich gegenseitig fest. Dies wird Monate, wenn nicht Jahre dauern", sagte Probyn. Seine Frau Terry hatte ihre Tochter erstmals am Donnerstag wieder in die Arme schließen können.

(Ag./Red.)

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