Die Suche nach dem schärfsten Chili

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Fireland FoodsDie Presse/Clemens Fabry
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Unter Züchtern ist längst ein Wettkampf um die schärfste Sorte der Welt entfacht.

Ähnlich wie es unter den Chilifans Wettkämpfe gibt, wer in möglichst kurzer Zeit möglichst viele extrem scharfe Chilis essen kann, gibt es unter den Züchtern einen Wettkampf um den schärfsten Chili. So gut wie jedes Jahr wird ein neuer Rekordhalter präsentiert. So wurde etwa die Sorte Bhut Jolokia, die wegen ihrer extremen Schärfe hierzulande auch Geisterchili genannt wird, längst von anderen Sorten abgelöst. Immerhin wurde der Geisterchili vor bereits zehn Jahren vom „Guinness-Buch der Rekorde“ zum schärfsten Chili der Welt erklärt. Er kommt auf einen Schärfegrad von einer Million Scoville. Der aktuelle Titelträger – die Sorte Carolina Reaper – hat den Geisterchili mit einem Schärfegrad von 2,25 Millionen Scoville-Einheiten längst überholt.

Unter einer Scoville-Einheit versteht man jene Anzahl von Wassertropfen, die man braucht, um einen Tropfen Chili so stark zu verdünnen, damit man die Schärfe nicht mehr spürt. Das Verfahren wurde 1912 von dem amerikanischen Pharmakologen Wilbur L. Scoville entwickelt. Er versetzte dabei die untersuchten Chilis mit Alkohol und zermahlte sie anschließend, bevor er einen Tropfen der Lösung mit Wasser verdünnte. Da die Testpersonen den Schärfegrad natürlich unterschiedlich wahrnehmen, gilt diese Methode als veraltet. Heute wird der Schärfegrad mithilfe von modernen HPLC-Geräten (High Performance Liquid Chromatography) gemessen. Dennoch haben sich die Scoville-Einheiten bis heute gehalten und werden nach wie vor verwendet – nur dass sie eben mit Geräten gemessen werden.

Der Gemüsepaprika – denn immerhin gehören Chilis zur Gattung Paprika – hat übrigens null Scoville-Einheiten. Die beliebte Sorte Jalapeño kommt auf einen Schärfegrad zwischen 2500 und 10.000 Scoville-Einheiten. Sie wird in Mexiko und den USA besonders häufig verwendet. Die Habaneros wiederum gehören zu den schärfsten Chilis und haben – je nach Züchtung – einen Schärfegrad von 100.000 bis über 500.000 Scoville-Einheiten. In Mexiko werden Chilis traditionell auf einer recht groben Skala von null (nicht scharf) bis zehn (extrem scharf) eingeordnet.


Reines Capsaicin. Die Suche nach dem schärfsten Chili der Welt macht auch vor Saucen- oder Gewürzherstellern nicht halt. Diese versuchen nämlich das für die Schärfe verantwortliche Capsaicin so stark zu extrahieren, dass die daraus gewonnen Produkte den Schärfegrad aktueller Rekordhalter um ein Vielfaches übersteigen. Die Sauce mit dem langen Namen „Mad Dog 357 No. 9 Plutonium“ ist mit einem Schärfegrad von neun Millionen Scoville die wohl derzeit schärfste Chilisauce der Welt. Übertroffen wurde das nur von „Blair's 16 Million Reserve“, das auf 16 Millionen Scoville kommt. Wobei es sich dabei nicht mehr um eine Sauce oder ein Gewürz handelt, sondern um reine Capsaicin-Kristalle. Das Produkt, das unter Chilifans und -sammlern beliebt ist, wird seit 2014 nicht mehr hergestellt. Wobei es natürlich in der Medizin sehr wohl auch reines Capsaicin zu wesentlich günstigeren Preisen gibt. Immerhin werden Chilis nicht nur kulinarisch oder für diverse Wettbewerbe und Mutproben unter Chilifans verwendet, sondern auch in der Medizin, etwa in Wärmepflastern.

Denn gesundheitlich sind derart scharfe Chilis durchaus bedenklich. Immerhin hat schon Herr Scoville einen Schärfegrad von über 200.000 Einheiten als unmenschlich bezeichnet. Sollte man wirklich einmal zu viel erwischt haben, hilft übrigens Fett – etwa in Form von Butter oder Käse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2016)

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