Debatte um Wahlärzte schwelt weiter

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Für Patientenanwalt Bachinger ist das Wahlarzt-System "nichts anderes als ein Zwei-Klassen-Medizin-System". Die Ärztekammer weist die Kritik zurück.

Die von SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger aufgebrachte Debatte über das Wahlarzt-System hat auch am Donnerstag für Diskussionen gesorgt. Nachdem Patientenanwalt Gerald Bachinger im Ö1-"Morgenjournal" der Ärztekammer vorgeworfen hatte, mit der Verteidigung des bestehenden Systems die Zwei-Klassen-Medizin zu fördern, wies die Standesvertretung dies empört zurück.

Bachinger hatte erklärt, ihn irritiere an der Diskussion, dass das Wahlärzte-System - "das ja nichts anderes ist als ein Zwei-Klassen-Medizin-System" - so vehement verteidigt werde. "Wir bewegen uns offensichtlich im österreichischen Gesundheitssystem immer weiter von unseren Grundpfeilern der Solidarität, der Gerechtigkeit und der Gleichheit weg", sagte der Patientenvertreter im "Morgenjournal".

"Monetik wichtiger als Ethik"

Denn der Gang zum Wahlarzt sei keine "Wahlfreiheit", wie von der Ärztekammer behauptet - "denn diejenigen, die es sich leisten können, bekommen öffentlich subventioniert diese Wahlfreiheit, und diejenigen, die es sich nicht leisten können, die sind dann in einen zweitklassigen kassenärztliche Bereich abgedrängt." Warum das von "diversen Ärztekammerpräsidenten" so vertreten wird, verwundere ihn nicht, "denn sie haben ja immer wieder bewiesen, dass ihnen Monetik wichtiger ist als Ethik".

Empört reagierte der Vizepräsident der Ärztekammer und Obmann der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart: "Ich muss das auf das Entschiedenste zurückweisen, gerade wir treten oft für sehr ethische Regelungen ein", sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Er betrachte das als eine "vollkommen unzulässige Unterstellung".

Kammer: Kassen-durch Wahlarzt-System "massiv gestützt"

Das Wahlarzt-System verteidigte Steinhart einmal mehr. Dies sei "Ausdruck dessen, dass ein Mehrangebot notwendig ist", dadurch werde das Kassen-System "massiv gestützt".

Kritik an Bachinger kam auch von der FPÖ und vom österreichischen Hausärzteverband. Bachinger falle den Patienten in den Rücken, meinte FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein in einer Aussendung. Denn er sei - nach Spindelberger - "ein weiterer Propagandist des Staatssozialismus im Gesundheitswesen nach dem Vorbild DDR". Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung könne nur durch eine Stärkung des Hausarztsystems und damit des freiberuflichen Berufsbildes der Mediziner gewährleistet werden.

Hausärzte kritisieren Primärversorgungszentren

Kritik an von Bachinger ebenfalls im Ö1-Interview geäußerten Plädoyer für die Einführung von Primärversorgungszentren kam unterdessen vom Hausärzteverband. Die "ernüchternde Wirklichkeit" sei, dass "anonyme Versorgungszentren mit Fließbandmedizin von früh morgens bis spät abends" "gesundheitspolitische Rohrkrepierer" seien. "Bei dieser Verunsicherung werden immer weniger Ärzte bereit sein, eine Kassenpraxis in Einzelform zu übernehmen. Besonders am Land wird sich das sehr negativ auswirken", heißt es in einer Aussendung der Standesvertretung.

>> Bericht im Ö1-Morgenjournal
>> Bericht im Ö1-Mittagsjournal

(APA)

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