Und jetzt? Die Pläne des neuen alten ORF-Generaldirektors

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Wrabetz will sein neues Team am 15. September bekannt geben und den ORF aus der Diskussion führen.

Wien. Er kam als Überraschungskandidat im Jahr 2006 und wurde von so manchem Beobachter nur als „Zwischenlösung“ für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesehen. Aus der Zwischenlösung ist mit Dienstag ein Rekordhalter geworden. Alexander Wrabetz ist der erste Kandidat, der drei Amtszeiten in Folge ORF-Chef ist (bei Gerd Bacher lagen stets mehrjährige Pausen zwischen seinen fünf Amtszeiten). Doch bei seiner dritten Bestellung hat Wrabetz das bisher knappste Ergebnis eingefahren. Im Jahr 2006 wurde er mit 20 Stimmen bestellt, im Jahr 2011 stimmten sogar 29 Stiftungsräte für ihn, diesmal war das Ergebnis mit 18 Stimmen sehr, sehr knapp. Der von der ÖVP favorisierte Herausforderer, Richard Grasl, erhielt 15 Stimmen.

Die Sitzung dauerte ungewöhnlich lang. Beide Kandidaten wurden fast gleich lang und ausführlich zu ihren Konzepten befragt. Der Vorsitzende des Stiftungsrates, Dietmar Hoscher, zählte über 100 Fragen in der sechsstündigen Sitzung. Am späten Dienstagnachmittag beantwortete der neue alte ORF-Chef, Alexander Wrabetz, im ORF-Studio zwei Fragen der Journalisten. Hier seine Antworten im Überblick.

Das Direktorium: Die künftige ORF-Geschäftsführung wird aussehen wie die alte. Demnächst werden die Posten für die neun Landesdirektoren und die vier Bereichsdirektoren ausgeschrieben. Letztere werden wie gehabt die Bereiche Finanzen, Technik, TV-Programm und Radio leiten. Wobei der oder die künftige Radiodirektor/in einer der Senderchefs von einem der drei nationalen Radios Ö1, Ö3 oder FM4 sein soll.

Das Team: Bestellt wird das neue Team der Ära „Wrabetz III“ erst am 15. September, und zwar wieder von den Stiftungsräten. Die Frage nach konkreten Namen für sein Team wollte Wrabetz am Dienstag nicht beantworten. Es gilt aber als sehr gewiss, dass Kathrin Zechner ihren Job als Fernsehprogrammdirektorin behält. Wrabetz betonte, dass das Ergebnis (Stimmen aller SPÖ-nahen Räte, der Vertreter vom Land Kärnten, der Neos, der Grünen sowie zweier unabhängiger Betriebsräte) zeige, es habe keine politischen Deals gegeben. Es habe im Vorfeld keine Abmachungen gegeben, wer nun Direktorenposten bekommen soll. Wrabetz sagte, er werde am 15. September „die Besten, die sich bewerben“, für den Posten aussuchen.

Die nahe Zukunft: Wrabetz will sich bemühen, „den ORF jetzt sehr rasch wieder aus der öffentlichen Diskussion“ herauszuführen. Und weiter: „Wir haben genügend zu tun. Wir müssen den ORF in den kommenden fünf Jahren entscheidend weiterentwickeln, strukturell, programmlich und im Bereich der neuen Medien.“

Politisches Statement: Wrabetz nahm auch Bezug auf den politischen Druck, der aktuell auf anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Europa laste: „Wir werden jedenfalls einen Beitrag dazu leisten, dass öffentlich-rechtliche Medien, gerade auf einem Kontinent mit so vielen Herausforderungen wie derzeit weiterhin ihre Arbeit machen können.“ Auf die Frage, ob es wirklich glaubwürdig sei, dass der ORF entpolitisiert sei, wenn die Entscheidung offensichtlich entlang der roten und schwarzen Parteilinie getroffen wurde, sagte Stiftungsratsvorsitzender Hoscher mit steinerner Miene: „Kein Kommentar.“ Wrabetz wiederholte erneut: „Bei uns hat nicht die Regierung einen Generaldirektor bestellt, sondern der Stiftungsrat.“

Die Neuwahldrohung von FPÖ-Mann Steger: Die Ankündigung von FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger, es werde ohnehin in einem Jahr eine neue Bundesregierung gewählt und dann würde auch der ORF-Chef neu bestellt, kommentierte Wrabetz so: „Es hat in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche gegeben, das Gesetz zu ändern und den Generaldirektor während der laufenden Geschäftsführungsperiode abzusetzen. Das nimmt man im fortschreitenden Alter mit einer gewissen Gelassenheit zur Kenntnis.“

Gebühren: Anders als Herausforderer Richard Grasl hat Wrabetz in seiner schriftlichen Bewerbung nichts zur Zukunft der Gebühren gesagt. Am Dienstag betonte er: „Ob die Gebühren erhöht werden, gleich bleiben oder gesenkt werden, werde ich erst sagen, wenn wir im Herbst über das Budget reden.“ Ja, er hat „gesenkt“ gesagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2016)

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