Wo der Großmeister einen skandalösen Lebensstil pflegte

Rhodos
Rhodos Imago
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Griechenland II. Rhodos ist für einen reinen Badeurlaub viel zu schade. Stadt und Insel haben eine Vielzahl an kulturellen Schätzen vorzuweisen.

Manchmal muss man ein paar lästige Kulissen wegräumen, um zur wahren Schönheit vorzudringen. Im Falle von Rhodos-Stadt sind es die Insignien des Massentourismus – die lärmenden Autokolonnen, die billigen Restaurants und Dutzende von Souvenirshops, die sich entlang der drei Häfen an die alte Stadtmauer drängen. Sicher, nicht alles vermag man hinter sich zu lassen, wenn man die historische Altstadt betritt, die 1988 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Aber wenn man von jemandem wie Nikos Xylouras begleitet wird, lässt sich das, was dann noch stört, wirkungsvoll ausblenden. „Rhodos ist neben Dubrovnik in Kroatien und Carcassonne in Südfrankreich eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Städte Europas“, doziert der studierte Historiker. „Nur fehlt vielen Touristen der Blick dafür; Rhodos wird nach wie vor in erster Linie als Badedestination wahrgenommen“, bedauert er.

Die anderen hingegen begegnen einem Schmelztiegel der Kulturen. Die alten Griechen siedelten hier, dann kamen die Römer, später die Byzantiner. Im Jahre 1309, nachdem die Kreuzritter von den Osmanen aus Jerusalem vertrieben worden waren, verlegten die Johanniter nach einem „Zwischenstopp“ auf Zypern ihren Sitz nach Rhodos. 200 Jahre lang bildete der Ritterorden die bestimmende Macht auf der Insel, bis er 1523 von den anstürmenden Osmanen auch von hier vertrieben wurde. Knapp vierhundert Jahre später erobern die Italiener die Insel, bis sie schließlich im Jahre 1947 wie die anderen Inseln des Dodekanes Griechenland eingegliedert wird.

Historische Relikte allerorten

Die Spuren dieser Zivilisationen finden sich überall in der Stadt. Bereits unmittelbar nach Betreten der Altstadt durch das Freiheitstor, am Simi-Platz, stößt man auf die Ruinen eines dorischen Aphrodite-Tempels aus dem dritten Jahrhundert vor Christus. Kaum einen Steinwurf entfernt, am Argyrokastrou-Platz, findet man sich vor einem zinnenbewehrten Portal aus dem 14. Jahrhundert wieder, das einst den Haupteingang zum Alten Hospital bildete. Fünf Minuten Gehweg weiter vor dem Neuen Hospital, das von den Johannitern gut hundert Jahre später errichtet wurde und in dem heute das Archäologische Museum untergebracht ist. Und immer wieder sind es religiöse Bauwerke, die die Zeiten überdauert haben: Die Moscheen von Ibrahim Pascha und Suleiman etwa, beide erbaut im 16. Jahrhundert. Ein Zeugnis dafür, dass auch die Juden einst eine einflussreiche Einwohnerschaft in Rhodos bildeten, ist die ebenfalls aus dem 16. Jahrhundert stammende Kahal-Shalom-Synagoge, eine von einst sechs existierenden Synagogen, die von der kleinen, verbliebenen Community nach wie vor für bestimmte Zeremonien genutzt wird.

Nicht zu übersehen ist der Großmeisterpalast, der im 14. Jahrhundert von den Johannitern am höchsten Punkt der Altstadt errichtet wurde. Die imposante Trutzburg, Residenz des Großmeisters der Johanniter und gleichzeitig Regierungssitz des unabhängigen Staates Rhodos, lässt noch heute die Macht erahnen, die der Ritterorden einst hatte. Davon zeugen auch die Gebäude in der Ritterstraße (Ippoton), die vom Großmeisterpalast Richtung Hafen zurückführt. Dort trafen sich die Landsmannschaften der Franzosen, Italiener oder Spanier, die sogenannten Zungen des Ritterordens, zu ihren Besprechungen, empfingen Besuche oder luden zum gemeinschaftlichen Essen. Nicht immer ging es dabei sittsam zu. „Manche der Ordensritter führten ein richtiges Lasterleben“, erzählt Nikos. „Der erste rhodesische Großmeister, Foulques de Villaret, etwa hielt sich ganz offen eine Geliebte und brachte durch seinen skandalösen Lebensstil und seinen Despotismus viele Ordensbrüder so gegen sich auf, dass sie ihn schließlich absetzten.“

Während viele der ehemaligen Ritterherbergen so gut erhalten geblieben sind, dass sie auch heute noch als Büroräume für staatliche Institute oder Konsulate dienen, durchlief der Großmeisterpalast nach der Eroberung durch die Osmanen eine wechselvollere Geschichte. Zeitweise als Gefängnis genutzt, wurde er zuerst 1851 durch ein Erdbeben schwer beschädigt, fünf Jahre später durch eine Explosion in der benachbarten Johanneskirche, in der die Türken ein Pulvermagazin unterhielten, teilweise zerstört. In den 1930er-Jahren von den Italienern restauriert, wurde der Palast kurzzeitig von Mussolini und dem König von Italien als Urlaubsresidenz genutzt und später in ein Veranstaltungszentrum umgestaltet.

Ankommen, absteigen, essen

Anreise: My Austria Holiday, Flüge von Wien nach Rhodos bis Ende Oktober jeden Do und So
myholiday.austrian.com

Hotels: Hotel Ellique, Nikos Takis Fashion Hotel. Beide familiär und in der historischen Altstadt gelegen. www.ellique.gr, nikostaktishotel.com

Restaurants: Cafe Auvergne, La Varka, romantisch gelegen, unverfälschte heimische Küche
Infos: Griechische Zentrale für Fremdenverkehr, Tel. (0)1/512 53 17-0, www.visitgreece.gr, www.rhodes.gr

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2016)

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