OECD: Österreich investiert zu wenig in Bildung

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Ausgaben für Schule und Universität sind im internationalen Vergleich zu niedrig. Damit könnte Österreich den Aufschwung nach der Wirtschaftskrise verpassen. Das zeigt ein neuer OECD-Bericht.

Österreich investiert zu wenig in seine Bildungsinstitutionen. Damit kann das Land den Aufschwung nach der Wirtschaftskrise verpassen. Dies zeigt mehr oder weniger deutlich der am Dienstag präsentierte OECD-Bericht „Education at a Glance 2009“ (Bildung auf einen Blick). „Wenn Österreich gestärkt aus der Wirtschaftskrise hervorgehen will, dann ist jetzt der Zeitpunkt, in Bildung und höhere Qualifikation zu investieren“, sagt Barbara Ischinger, OECD-Direktorin für Bildung.

Kritisiert werden am österreichischen Bildungssystem der geringe Anteil der Bildungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt, die geringe Studenten- und Akademikerquote und die im OECD-Vergleich niedrige Unterrichtsleistung der Lehrer. Es gibt aber auch positive Aspekte: Die Zahl der Jugendlichen im Beruf oder in der Ausbildung ist in Österreich höher als im OECD-Mittel, und es gibt weniger Studienabbrecher.

Bildungsausgaben

BIP-Anteil Der Staat stellt im Gesamtbudget weniger Geld zur Verfügung.

Österreich gibt 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus, im OECD-Schnitt sind es 5,7 (Zahlen von 2006). Davon wurden 89,2 Prozent von der öffentlichen Hand finanziert, 10,8 Prozent durch Private. 1995 lag Österreich bei 6,2 Prozent des BIP. Der Rückgang wird von der OECD kritisiert.

Schüler/Studenten Die Aufwendungen für den Einzelnen sind äußerst hoch.

Ein anderes Bild ergibt sich bei den Ausgaben pro Schüler und Student: Diese betrugen 2006 von der Volksschule bis zur Hochschule in Österreich pro Kopf und Jahr 7626 Euro (in der Grafik 10.895 Dollar), im OECD-Schnitt nur 5488 Euro. Damit liegt Österreich im OECD-Spitzenfeld. Die Differenz zu den BIP-Aufwendungen dürften in erster Linie am geringen Anteil der jugendlichen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung liegen, aber auch an den geringen Aufwendungen bei der Weiterbildung.

Problemfeld Schule

Betreuungsverhältnis Viele Lehrer, dennoch keine kleineren Klassen.

Österreich liegt in allen Bereichen deutlich besser als der OECD-Schnitt: In der Volksschule kommen auf einen Lehrer 13,6 Schüler (OECD 16,0), in der ersten Sekundarstufe 10,3 (13,2), in der zweiten Sekundarstufe 11,0 (12,5). Dennoch gibt es kaum kleinere Klassen: In der Volksschule beträgt die mittlere Schülerzahl 19,9 (OECD 21,4), in der Sekundarstufe I ist sie mit 24,0 sogar schlechter (23,4). Hier ergibt sich ein Erklärungsbedarf des Unterrichtsministeriums.

Bildungsabschlüsse Nur jeder Zwanzigste ist ohne Perspektive.

In der Altersgruppe 15 bis 19 Jahre sind 5,3 Prozent weder beschäftigt, noch befinden sie sich in Ausbildung. 2008 lag dieser Wert noch bei 6,6 Prozent. Damit schneidet Österreich besser als die meisten OECD-Länder ab. Die Ausbildungsdauer ist mit 16,4 Jahren unter dem OECD-Mittel von 17,6 Jahren (meist längere Schulpflicht).

Lehrersituation Weniger Unterricht – aber längere Arbeitszeit.

Die Lehrergehälter liegen in den Anfangs- und mittleren Berufsjahren im OECD-Schnitt, in späterer Phase steigen sie stark an. Im Schnitt weist Österreich eine geringere Unterrichtsverpflichtung als die meisten OECD-Länder, aber eine insgesamt längere Arbeitszeit auf. Das liegt daran, dass auch Tätigkeiten außerhalb des Unterrichts – wie Vor- und Nachbereitung, Fortbildung und administrative Tätigkeiten – mit einem hohen Anteil berechnet werden.

Schulsituation Den Lehrkräften fehlt ein Feedback auf ihre Arbeit.

Die OECD bezeichnet die Beurteilung von Lehrern und die Feedbackkultur an den Schulen als „unterentwickelt“. Österreich gehört zu jenen drei Ländern mit dem höchsten Anteil an Schulen (35 Prozent), an denen es in den vergangenen fünf Jahren keine externe und interne Evaluierung gab.

Problemfeld Universität

Studienanfänger/Absolventen Die OECD-Staaten liegen weit voran.

Der Rückstand manifestiert sich bei jeder OECD-Studie: In Österreich beginnen 42 Prozent eines Altersjahrgangs ein Hochschulstudium, in der OECD 56 Prozent. 22 Prozent eines Jahrgangs schließen ihr Studium ab (OECD: 39), der Anteil der Akademiker an den 25- bis 64-Jährigen liegt bei 18 Prozent (siehe Grafik). Die OECD hebt die Steigerung der Prozentanteile in Österreich hervor, fordert aber eine Annäherung an die OECD-Mittelwerte. Positiv für Österreich: Die Drop-out-Quote liegt bei 24 Prozent, in der OECD bei 31. Ebenfalls positiv: der hohe Anteil ausländischer Studierender (16,7 Prozent).

Fraueneinkommen Frauen sind in Österreich besonders benachteiligt.

Wie in den OECD-Ländern beginnen knapp mehr Frauen als Männer ein Studium. Dennoch ist der Einkommensnachteil für Frauen nach einem Studienabschluss größer als im OECD-Durchschnitt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2009)

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