U-Ausschuss: Ein Staatsanwalt in Erklärungsnot

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Die Opposition wirft der Anklage unsaubere Ermittlungen vor. Staatsanwalt Kronawetter kam bei seiner Vorsprache in Erklärungsnotstand. Die Abgeordneten wollen bei ihrer Immunität nachschärfen.

WIEN. Der Staatsanwalt saß dieses Mal im Zeugenstand: Hans-Peter Kronawetter, Spezialreferent für politische Strafsachen, musste sich am Dienstag vor dem Untersuchungsausschuss verantworten. Die politische Anklage lautet(e): Unzulässige und unsaubere Ermittlungen gegen BZÖ-Mandatar Peter Westenthaler. Kronawetter setzte zu einem Selbstverteidigungsakt an - und geriet dabei ziemlich in Erklärungsnotstand.

Die Geschichte nahm im März 2008 ihren Ausgang, als die Staatsanwaltschaft Wien Ermittlungen gegen Westenthaler und später gegen zwei Mitarbeiter des orangen Parlamentsklubs einleitete. Den Anlass dazu bot Martin Kreutner, Chef des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium, der Westenthaler wegen übler Nachrede geklagt hatte. Kreutner beanstandete eine Presseaussendung des BZÖ, die sich auf eine Parlamentsrede des Abgeordneten bezog, in der das BIA und sein Chef nicht eben gut wegkamen.

Die Staatsanwaltschaft weitete das Verfahren auf Verleumdung aus, verzichtete allerdings darauf, die Aufhebung von Westenthalers Abgeordnetenimmunität zu beantragen. Das Verfahren gegen ihn wurde später zwar eingestellt, doch Westenthaler schien in den Akten weiterhin als Beschuldigter auf.

Ungereimtheiten orten BZÖ und Grüne - in ihrem Element: die beiden Fraktionsführer Ewald Stadler und Peter Pilz - auch bei den Ermittlungen gegen jene beiden BZÖ-Mitarbeiter, die Westenthalers Rede in eine Presseaussendung gegossen haben. Sie sollen bereits zwei Monate, bevor gegen sie ermittelt wurde, einvernommen worden sein. Die Opposition sieht nun die Verfassungsbestimmung verletzt, wonach wegen „wahrheitsgetreuer Berichte" über Aussagen in öffentlichen Sitzungen keine Strafverfolgung möglich sei. Ein Vorgehen gegen die beiden Verfasser wäre somit nicht zulässig gewesen.

Wer hat Recht?

Kronawetter hielt dem entgegen, dass für ihn nicht die via Aussendung verbreitete Rede die Ermittlungsgrundlage gebildet hatte, sondern eine Meldung über eine Pressekonferenz Westenthalers zwei Tage später (am 5. März 2008). Woraufhin die Grünen mit einer Anzeige wegen Amtsmissbrauch drohten. Denn die Worte des Staatsanwalts standen in krassem Widerspruch zu dem, was der polizeiliche Ermittler in dieser Causa gesagt hatte: Christian Steiner, Abteilungsinspektor im Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), hatte sich Dienstagvormittag im Zeugenstand auf die Aussendung zur Parlamentsrede vom 3. März berufen.

Dabei wies Steiner die Verantwortung für seine Ermittlungen mehrmals von sich. Mit Fragen des Medienrechts und der Immunität habe er sich nicht beschäftigt: „Ich habe einen Auftrag von der Staatsanwalt erhalten, und den erfülle ich." Die rechtlichen Belange seien Sache der Anklage. Oberstaatsanwalt Michael Leitner räumte später ein, dass bei den Ermittlungen „zu wenig differenziert" worden sei zwischen Westenthalers Rede im Plenum, die strafrechtlich nicht verfolgt werden könne, und den Aussagen bei der Pressekonferenz.

Am späten Nachmittag war dann BIA-Chef-Kreutner am Wort - und rechtfertigte seine Anzeige gegen den BZÖ-Mandatar: Irgendwann sei „Schluss mit lustig", sagte er. Denn Westenthaler habe „zum wiederholten Mal unwahre und kreditschädigende Vorwürfe" erhoben.

„Servicemann für die Parteien"

Der zweite Zeugentag im Ausschuss förderte auch Kurioses zu Tage. Steiner etwa gewährte, wenn auch eher ungewollt, Einblicke in die Arbeit seiner Behörde: Im Wiener LVT sei jeder Parlamentspartei ein Mitarbeiter zugeteilt. Für den Fall, dass es Personenschutz oder Unterstützung bei einer Veranstaltung brauche. Das BZÖ zum Beispiel falle in seine Zuständigkeit, gestand Steiner. Was die Ausschussmitglieder gleichermaßen amüsierte wie überraschte. Niemand im BZÖ habe gewusst, „dass Steiner unser Servicemann ist", feixte Stadler. Und Pilz gab dem Beamten mit auf dem Weg, er möge dem Betreuer der Grünen doch bitte ausrichten, „dass er sich bei Gelegenheit vorstellen kommt."

Dass er auch gegen das BZÖ habe ermitteln müssen, sei hingegen eine eher unglückliche, weil widersprüchliche Situation gewesen, gab Steiner zu. Die Opposition drängt nun auf eine Vorladung von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), um mehr über die Arbeitsaufteilung im LVT zu erfahren. Doch das Tagesfazit zogen die Abgeordneten dann doch wieder aus der Causa Westenthaler: Sie wollen nun bei ihrer Immunität nachschärfen - es könnte in Richtung Redaktionsgeheimnis für Mandatare und deren Mitarbeiter gehen. Fortsetzung folgt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2009)

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