vom Saulus zum Paulus: Österreich und der Kampf gegen Schwarzgeld

Eine Chronologie der österreichischen Gesetze gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung.

Österreichs Politiker und Behörden beschwören derzeit gerne, wie vorbildlich und streng die heimischen Regeln gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung und wie wichtig internationaler Informationsaustausch seien. Zumindest innerhalb der EU könnte es den Austausch von Kontoinformationen aber schon längst geben, hätte sich nicht Österreich - gemeinsam mit Luxemburg - so nachhaltig dagegen quergelegt.

Bis 1997 galt die Harmonisierung der Quellensteuer als bester Weg im Kampf gegen Steuerbetrug, die Briten waren isoliert dagegen. Dann gelang den Diplomaten aus London ein diplomatischer Coup: Sie schafften es erst, die Quellensteuer und den Informationsaustausch als gleichwertige Lösungen zu präsentieren und überzeugten bis 2000 die große Mehrheit der damals 15 Mitgliedsländer, dass man Informationen über Zinserträge austauschen sollte.

Damit standen Österreich, Luxemburg und Belgien unter Druck. Österreichs damaliger Finanzminister Karl-Heinz Grasser und sein Amtskollege aus Luxemburg, Jean-Claude Juncker (Heute EU-Kommissionspräsident) beeilten sich zu beteuern, das Bankgeheimnis sei unantastbar. Der deutsche Finanzminister Hans Eichel berief sich zwar auch auf das Bankgeheimnis, hatte dann allerdings kein Problem, es für Ausländer zu lüften und Deutschland wurde rasch ein heftiger Befürworter des Informationsaustausches. Grasser sagte hingegen 2000, es gebe "Null Bewegungsspielraum beim Bankgeheimnis". Ein Übergang auf Informationsaustausch für alle sei "absurd".

Der Druck auf Österreich stieg in Folge rapide. Beim EU-Gipfel im Juni 2000 ließ sich Eichel mit den Worten zitieren, der Informationsaustausch sei das "Zukunftsmodell" für die Zinsbesteuerung in der EU. Vierzehn Mitgliedsländer seien sich "einig, was sie wollen", doch eines (Österreich) sei dagegen, "aus welchen Gründen auch immer, darüber will ich nicht philosophieren". Damals hatten 14 EU-Länder Sanktionen gegen Österreichs Schwarz-Blaue Regierung laufen. Am Gipfel wurde dann der Beschluss indirekt vertagt: Man beschloss, in zwei Jahren noch einmal darüber abzustimmen, wobei Einstimmigkeit gelten würde. Luxemburg und Österreich verschanzten sich damals schon hinter der Schweiz: Man werde nur zustimmen, wenn es die Schweizer - und andere Steueroasen - auch tun. Allgemein ging niemand davon aus, dass die Schweiz ihr Bankgeheimnis lockern könnte.

Vollständige Anonymität fiel 2002

Die völlige Anonymität von Sparguthaben, bei denen auch die Bank nicht wusste, wem das Geld gehört, fiel 2002 auf Druck der OECD. In Österreich schütze aber weiter das Bankgeheimnis die in- und ausländischen Kunden vor einem Zugriff der Steuerbehörden. Rund um den Jahreswechsel 2002/2003 gab es dann im EU-Rahmen bzw. zwischen EU und Schweiz sehr intensive Verhandlungen, den Informationsaustausch einzuführen, die insbesondere von Österreichs Finanzminister Grasser blockiert wurden.

Am Ende stand ein Kompromiss, nach dem Grasser "sehr zuversichtlich" war, "dass er das Bankgeheimnis über 2010 hinaus abgesichert hat". Denn Österreich dürfe wie Luxemburg und Belgien weiter eine Quellensteuer einheben statt Informationen auszutauschen, bis die Schweiz, San Marino, Liechtenstein, Monaco und Andorra bereit sind, auf Anfrage Informationen über Sparerträge weiterzugeben. Das sei aber nicht sehr wahrscheinlich, sagte Grasser damals selber.

Österreichs Banken wehrten sich mit Händen und Füßen gegen eine Aufweichung des Bankgeheimnisses - weil sie massive Kapitalabflüsse fürchteten. Auch eine Unterscheidung zwischen Inländer- und Ausländeranonymität wurde damals in Österreich als abwegig verworfen. Belgien akzeptierte 2009 den Informationsaustausch, womit Österreich und Luxemburg als Bremser übrig blieben. Auch wenn damals - wie heute - die Österreicher auf die Anonymität britischer Trusts hinwiesen, schafften es die Briten, negative Schlagzeilen zu vermeiden.

Widerstand gegen Ausländer-Bankgeheimnis

Anfang April 2013 akzeptierte Luxemburg dann das Konzept, Informationen über Zinserträge von EU-Ausländern an deren Heimatländer weiterzuschicken. Österreich blieb zunächst noch unnachgiebig: "Wir werden um das Bankgeheimnis kämpfen, das bin ich den Österreichern schuldig", sagte die damalige Finanzministerin Maria Fekter am 13. April 2013 vor dem EU-Finanzministerrat. Eine Änderung in Richtung automatischer Informationsaustausch sei "nicht notwendig. Wir haben die Quellenbesteuerung" und diese sei effizienter als "ein Datenfriedhof". Aber Ende April knickte Österreich dann doch ein. Zwar leistete man noch verschleppenden Widerstand und wollte auch alle möglichen OECD-Fristen ausschöpfen, um erst 2018 erstmals Informationen weitergeben zu müssen. Erst unter Finanzminister Hans Jörg Schelling schwenkte Österreich darauf ein, wie die anderen EU-Länder die Bestimmungen im vierten Quartal 2016 in Kraft zu setzen.

Aber auch der Informationsaustausch der anderen EU-Länder untereinander wurde immer wieder verschoben. Er hätte Anfang 2005 kommen sollen - letztlich wird es nun 2017 wie in Österreich. Heute nun setzten sich Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner massiv dafür ein, im Kampf gegen Steuerhinterziehung die internationale Zusammenarbeit und Transparenz zu stärken. Österreicher in Österreich bleiben hingegen weiter von einem starken Bankgeheimnis geschützt.

(APA)

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