Barbara Haas ist Österreichs größtes Zukunftsversprechen und die einzige heimische Vertreterin beim hochkarätig besetzten General Ladies in Linz.
Linz. Heimturniere dienen traditionell als besondere Bühne. Österreichs Tennisdamen haben hierzulande nur ein Mal im Jahr die Möglichkeit, sich Fans und potenziellen Sponsoren zu präsentieren. Das Generali Ladies in Linz genießt auf der rot-weiß-roten Landkarte ein Alleinstellungsmerkmal, da für das Turnier in Bad Gastein im Frühjahr nach neun Auflagen das nicht unerwartete Aus kam – die Lizenz wanderte in die Schweiz nach Gstaad ab. In Linz blickt man in eine etwas ungewisse Zukunft. Hauptsponsor Generali verzichtete auf die Verlängerung des heuer auslaufenden Vertrags, dem diesjährigen Turnier kommt somit besondere Bedeutung zu.
Turnierdirektorin Sandra Reichel hat im Vorfeld, wie schon in der Vergangenheit, nichts unversucht gelassen, um Weltklassetennis in Oberösterreich zu garantieren. Angeführt von der spanischen French-Open-Siegerin Garbiñe Muguruza schlagen in den kommenden Tagen nicht weniger als gleich vier Top-10-Spielerinnen in der TipsArena auf.
Für ein Event der International-Kategorie mit 250.000 Dollar Dotation ist ein solch hochkarätig besetztes Teilnehmerfeld eine Rarität. Barbara Haas ist nach der krankheitsbedingten Absage von Tamira Paszek die einzige Österreicherin im 32 Damen umfassenden Turnierraster, sie ist zugleich auch jene mit der schlechtesten Weltranglistenplatzierung. Als Nummer 143 ist Haas noch weit von exorbitant hohen Preisgeldschecks und dem glamourösen Leben auf der WTA-Tour entfernt. Ihren Alltag bestimmen meist noch kleinere Challenger-Turniere.
Wenn der Hype zur Last wird
Die Steyrerin ist freilich nur eine von weltweit zahllosen jungen Talenten, die den internationalen Durchbruch herbeisehnen. „Es gibt so viele Mädchen, die alle den gleichen Traum haben“, sagt die 20-Jährige im Gespräch mit der „Presse“. Vor wenigen Wochen, bei den US Open in New York, erreichte die ÖTV-Spielerin nach starker Leistung in der Qualifikation erstmals den Hauptbewerb eines Grand-Slam-Turniers. Manche Beobachter hatten Haas schon früher auf der größtmöglichen Bühne aufschlagen gesehen, ihr schon in jungen Jahren besonderes Können attestiert. Für ihren Trainer Jürgen Waber war genau das ein großer Fehler. „Babsi wurde künstlich gehyped, um Sponsoren zu finden.“ Doch zwischen Jugend- und Erwachsenentennis, zwischen Trainings und Matches liegen eben Welten, Beispiele gescheiterter Karrieren gibt es sonder Zahl.
Haas ist demütig, sie sagt: „Es wird so viel geredet, darauf muss man nicht eingehen.“ Natürlich sei das Erreichen der Top 100 das nächste Ziel, auch dann muss der Plafond noch nicht erreicht sein, aber: „Der Weg ist noch weit.“ In Linz kann die Oberösterreicherin inmitten der Weltklasse trainieren, wichtige Erfahrungen sammeln, für Waber ist dieser Umstand „ungemein wertvoll“. Heute eröffnet Haas ihr Heimturnier (2. Spiel nach 14 Uhr, live ORF Sport plus) gegen Julia Görges (WTA 68), die Deutsche gilt freilich als Favoritin. Waber: „Babsi hat nichts zu verlieren.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2016)