Comeback mit Kind und Leidenschaft

Patty Schnyder
Patty Schnyder(c) EPA (TIBOR ILLYES)
  • Drucken

Patty Schnyder, 37, hatte mit dem Spitzensport bereits abgeschlossen, nach vier Jahren Absenz kehrte die ehemalige Nummer sieben der Welt auf die Tour zurück. Ein "Presse"-Gespräch.

Linz. Eigentlich müsste sich Patty Schnyder all das nicht mehr antun. Training, die vielen Reisen, das Leben als Tennisprofi. Die Schweizerin hat in ihrer Karriere 8,4 Millionen Dollar Preisgeld verdient, zwischen 1998 und 2008 elf Titel auf der WTA-Tour gewonnen. 2005 erreichte der Höhenflug seinen Höhepunkt, als sie in der Weltrangliste bis auf Platz sieben emporkletterte. Mit der knapp zwei Jahre jüngeren Martina Hingis prägte Schnyder über eine Dekade das Schweizer Damentennis.

Mittlerweile hat natürlich längst eine Wachablöse stattgefunden, die aktuell besten Eidgenössinnen heißen Belinda Bencic und Timea Bacsinszky. Hingis und Schnyder aber gibt es immer noch– beziehungsweise wieder. Erstgenannte sammelt seit 2013 eifrig Grand-Slam-Titel im Doppel, Schnyder versucht sich seit vergangenem Sommer im Einzel.

Ende auf Zeit

So bewegend der erste Karrierepart der Baslerin war, so lehrreich und wertvoll waren auch die vier Jahre ohne Spitzensport. Nach dem Ausscheiden in der ersten Runde der French Open 2011 hatte Schnyder mit damals 32 Jahren „einfach genug vom Tennis. Ich wollte keinen Schläger mehr sehen, war frustriert und brauchte einfach eine Pause“. Abstand zu gewinnen tat ihr gut, sie genoss das Leben fernab von Tennisplätzen, Hotelzimmern und Flughäfen. Im November 2014 kam Tochter Kim Ayla zur Welt – und mit ihr die Einsicht: „Mir wurde klar, dass ich es irgendwie nicht lassen kann. Ich verspürte wieder diese Leidenschaft.“

Also fing die hochbegabte Linkshänderin an, wieder intensiver zu trainieren. Im Juli 2015 kehrte sie bei einem Challenger auf die Tour zurück. Seit 15 Monaten reist Schnyder nun als Tennismama durch die Weltgeschichte, Kim Ayla ist freilich immer dabei. Heuer führt sie ihr Turnierplan noch nach Asien. „Sie hat mit bald zwei Jahren schon ziemlich viel von der Welt gesehen.“ Schnyder, die einstige Top-Ten-Spielerin, ist immer noch damit beschäftigt, „das eigene Spiel zu finden“. Es geht um das Gefühl für den Schlag, die Präzision der Bewegung. „Tennis“, sagt sie, „ist ein komplexer Sport.“ Obwohl immer noch topfit, hört die 37-Jährige ihre biologische Uhr unweigerlich ticken. Die Regeneration nimmt mehr Zeit in Anspruch, „ich kann auch nicht mehr so viel trainieren wie früher“.

Die vielleicht größte Herausforderung stelle aber gar nicht der Körper, sondern vielmehr der Geist dar. In einem Match über zwei, manchmal sogar drei Stunden am Stück die Konzentration hoch zu halten sei eine gewaltige Aufgabe. „Am Anfang meines Comebacks war das unmöglich. Mir sind fünf unerklärliche Fehler in Folge passiert, und ich musste mir die einfachsten Dinge immer und immer wieder selbst sagen: ,Triff den Ball vorn, beweg deine Beine.‘ Das sind eigentlich Basics.“ Mit jedem Spiel lerne sie Altes wieder neu, „aber es ist schon eine Kunst, sich zu konzentrieren“.

Ein Foto mit Patty

Wenn Schnyder heute zu kleineren Turnieren in die USA, nach Thailand, Brasilien oder Tunesien reist, dann ist die große Bühne nur eine Erinnerung aus der Vergangenheit. „Mich stört es nicht, nicht im besten Hotel zu wohnen oder vor wenigen Leuten zu spielen. Ich finde es sogar ganz cool, mal etwas anderes zu sehen“, erzählt Schnyder, die in Linz in der zweiten Runde der Einzelqualifikation scheiterte und im Doppel mit Sandra Klemenschits spielt, der „Presse“. Auch die Tatsache, regelmäßig auf Gegnerinnen zu treffen, die nur halb so alt wie sie sind, hat Witz und Charme. „Viele sind besonders motiviert, andere nervös. Und manche wollen ein gemeinsames Foto.“ Immerhin handelt es sich um die ehemalige Nummer sieben der Weltrangliste.

Souveräne Auftaktsiege bei den Generali Ladies feierten am Mittwoch die Mitfavoritinnen Dominika Cibulková (2) und Madison Keys (3). Die Slowakin Cibulková fertigte Belinda Bencic mit 6:1, 6:2 ab, US-Titelhoffnung Keys hatte mit Camila Giorgi wenig Mühe – 6:3, 6:4. Heute werden die letzten Viertelfinalplätze ausgespielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tennis

Damen-Tennis: Der weite Weg zum großen Glück

Um das österreichische Damentennis war es in der Vergangenheit schon weitaus besser bestellt, es fehlt an Quantität und Qualität. Talent Barbara Haas, 20, verlor in Linz zum Auftakt.
TENNIS - WTA, Generali Ladies Linz
Tennis

Haas scheitert in erster Linz-Runde

Österreichs einzige Spielerin im Hauptbewerb des mit 250.000 Dollar dotierten Generali Ladies in Linz ist am Dienstag gleich zum Auftakt ausgeschieden.
PK GENERALI LADIES LINZ: HAAS
Tennis

Der Traum von Ruhm und Rampenlicht

Barbara Haas ist Österreichs größtes Zukunftsversprechen und die einzige heimische Vertreterin beim hochkarätig besetzten General Ladies in Linz.
PK GENERALI LADIES LINZ: HAAS / SCHETT / REICHL
Tennis

Haas und der Traum vom Aufschlag in Linz

Einzige Österreicherin voraussichtlich am Dienstag im Einsatz - French-Open-Siegerin Muguruza mit Geburtstagstorte begrüßt - Erstrundenschlager heißt Cibulkova-Bencic
Tennis - China Open Women's Singles Third Round match
Tennis

Muguruza ersetzt Pliskova bei Generali Ladies

Weltranglisten-Vierte kommt statt erschöpfter -Sechster - Damit weiter vier aktuelle Top-Ten-Spielerinnen im Feld

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.