Damen-Tennis: Der weite Weg zum großen Glück

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Um das österreichische Damentennis war es in der Vergangenheit schon weitaus besser bestellt, es fehlt an Quantität und Qualität. Talent Barbara Haas, 20, verlor in Linz zum Auftakt.

Linz. Sport fristet in Österreich oftmals ein Schattendasein, Tennis aber erlebte in der jüngeren Vergangenheit einen signifikanten Aufschwung. Zu verdanken ist dieser in erster Linie Dominic Thiem, der 23-Jährige weckte mit seinen Siegen die Aufmerksamkeit von Fans und Medien, hat Tennis hierzulande in neue Sphären gehoben. Ein weibliches Pendant zu Thiem, der Nummer zehn der Weltrangliste, gibt es nicht. Die beste rot-weiß-rote Spielerin ist mit Tamira Paszek auf Rang 113 zu finden.

Vor nicht allzu langer Zeit hat die Tenniswelt in Österreich noch anders, nämlich bedeutend besser, ausgesehen. Yvonne Meusburger war zwar ein Stück weit entfernt davon, der absoluten Weltklasse anzugehören, allerdings war sie ein Stammgast bei Grand-Slam-Turnieren, im März 2014 sogar die Nummer37. Noch erfolgreicher verlief die Karriere von Sybille Bammer, Österreichs bislang letzter Top-20-Dame (Nummer19, Dezember2007). Wirklich glorreich waren die Neunzigerjahre, 1995 gehörten mit Judith Wiesner, Barbara Paulus, Petra Schwarz-Ritter, Sandra Dopfer, Karin Kschwendt und Barbara Schett-Eagle (damals Schett) gleich sechs Österreicherinnen dem elitären Kreis der Top 100 an. Schett stieß im September 1999 sogar bis auf Position sieben vor.

Gegenwärtig fehlt es nicht nur an einer Spitzenspielerin, sondern auch an der nötigen Quantität. Hinter Paszek, 25, und Barbara Haas (WTA 143, 20 Jahre) klafft bereits ein großes Loch, das Julia Grabher (WTA 309, 20Jahre) zu schließen versucht. Melanie Klaffner (WTA 374, 26 Jahre) und Pia König (WTA 462, 23 Jahre) dürfte der große Durchbruch nicht mehr gelingen, für diese Prophezeiung bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten. „Wir müssen uns im Klaren sein, dass wir nur ganz wenige Mädchen haben“, sagt Jürgen Waber. Der Oberösterreicher trainierte einst Bammer, heute betreut er Haas und Grabher und fungiert zudem als Fed-Cup-Kapitän. Aus Waber spricht keineswegs unangebrachter Pessimismus, sondern vielmehr ehrlicher Realismus. Neben seinen beiden jungen Schützlingen dürfte Österreichs Damentennis in den nächsten Jahren mit den Erfolgen von Mira Antonitsch stehen und fallen. Die Tochter von Ex-Profi Alexander Antonitsch ist mit 17 Jahren die hoffnungsvollste Jugendliche des Landes und als WTA-Nummer668 Österreichs Nummer sechs.

Die Konkurrenz wächst

Das Trio verbindet mit dem Erreichen der Top 100 ein gemeinsames Ziel. Nur wer Aufnahme findet, kann mit dem Sport wirklich Geld verdienen. „Sonst bleibt es ein teures Hobby.“ Die Jugend von heute, also die potenziellen Tennisasse von morgen, vermisst ein nationales Vorbild. „Es fehlt eine Identifikationsfigur“, glaubt auch Waber. Diesbezüglich habe man in der Vergangenheit womöglich auch Fehler gemacht, Sybille Bammer erwies sich trotz sportlicher Erfolge nicht als das erhoffte Zugpferd. „Sie war vielleicht auch den Medien nicht so offen gegenüber.“

Die Uhr tickt jedenfalls erbarmungslos, der Anschluss an die Elite dürfte sich künftig nicht einfacher gestalten. Vor allem aus den USA und China droht gewaltige Konkurrenz. „Da kommt eine Welle auf uns zu“, berichtet Waber, „in zehn Jahren wird es für unsere Mädchen noch viel schwieriger werden.“ Der amerikanische Tennisverband etwa bastelt in Orlando, Florida, an einem Komplex mit über 100 Plätzen. „Da können wir nicht mithalten.“

Umso wichtiger ist das Heimturnier in Linz. „Es ist die einzige Plattform, die wir haben.“ Das Event steht nach dem Auslaufen des Vertrags mit Hauptsponsor Generali aber auf unsicheren Beinen, ein Aus wäre „eine Tragödie. Ich bete jeden Tag, dass es weitergeht. Dieses Turnier ist unersetzlich.“ Ob Waber ein gutes Gefühl habe? Der 45-Jährige hält sich bedeckt. „Wer weiß, es wird überall gespart . . .“

Barbara Haas hatte zum Auftakt etwas Lehrgeld zu bezahlen. Gegen die routinierte Deutsche Julia Görges (WTA 68) setzte es eine 4:6-4:6-Niederlage. Als bislang letzte Österreicherin hat Patricia Mayr-Achleitner in Linz eine Runde im Hauptbewerb gewonnen – das ist mittlerweile drei Jahre her.

GENERALI LADIES LINZ 1. RUNDE

Suárez Navarro (ESP/4) – Barthel (GER) 6:4, 6:2. Cîrstea (ROU) – Bertens (NED/6) 6:4, 6:2. Allertová (CZE) – Kasatkina (RUS/7) 6:2, 6:3.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2016)

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