Raiffeisen: Schaller will nicht Chef werden

SCHALLER Heinrich
SCHALLER HeinrichFOLTIN Jindrich / WirtschaftsBla
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Landesbank OÖ-Chef Heinrich Schaller will doch nicht Chef des neuen aus RZB und RBI fusionierten Spitzeninstituts werden. Grund ist der Kampf um Macht zwischen den Landesbanken.

Wien. Eigentlich galt diese Frage bereits seit Wochen als geklärt. Denn Heinrich Schaller, derzeit Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, sollte Vorstandsvorsitzender des neuen Spitzeninstituts des Raiffeisensektors werden. Dieses wird bekanntlich im kommenden Jahr ja aus der Fusion der Raiffeisen Zentralbank (RZB) und ihrer börsennotierten Osteuropa-Tochter Raiffeisen Bank International (RBI) entstehen. Doch nun ist wieder alles anders. Denn Schaller sagte laut „Presse“-Informationen für alle Beteiligten überraschend ab. Er wolle doch in Oberösterreich bleiben.

Auch wenn es dafür keine offizielle Bestätigung gibt – in Linz will man die Sache „nicht kommentieren“ – ergibt dieser Schritt Schallers durchaus Sinn, heißt es Raiffeisen-intern. Denn anders als bisher gedacht, könnte der Chef des fusionierten Unternehmens gar nicht so mächtig werden, wie vielfach angenommen – zumindest nicht in Bezug auf das Geschäft in Österreich. Grund dafür ist, dass das neue Institut wie bisher bereits die RBI an der Börse notieren wird. Und da dort sämtliche Aktionäre gleich behandelt werden müssen, also auch alle Informationen gleichzeitig erhalten müssen, gibt es innerhalb von Raiffeisen Überlegungen, gewisse Sektor-Aufgaben, die bisher von der RZB erledigt werden, an deren Mütter – also die Landesbanken – zu übergeben.

Davon betroffen sind etwa das Thema Compliance oder Marketing. Diese Verteilung der Sektorverantwortung auf die einzelnen Landesbanken soll Synergien heben und Kosten sparen. Gleichzeitig sorgt sie jedoch auch für eine Verschiebung der Macht. Und genau hier will Schaller lieber im Sinne seiner oberösterreichischen Landesbank mitreden als auf den primär auf das Osteuropa-Geschäft fokussierten Sessel des Chefs der aus RZB und RBI fusionierten Bank nach Wien zu wechseln, heißt es.
Hintergrund ist dabei nicht zuletzt die bereits seit Jahre bestehende Rivalität zwischen den Oberösterreichern und der mächtigsten Landesorganisation Niederösterreich-Wien. Schaller hat hierbei nämlich eine neue Achse zur drittgrößten Landesorganisation – jener aus der Steiermark – aufgebaut, an deren Spitze ja sein Bruder Martin Schaller steht. Diese beiden Blöcke sollen inzwischen nahezu gleichstark sein.

Strobl statt Schaller?

Wer nun den Führungsjob beim fusionierten Institut in Wien übernimmt, ist somit wieder völlig offen. Am häufigsten genannt wird Johann Strobl, derzeit Risikovorstand bei RBI und RZB und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der RBI. Er ist zwar kein ursprünglicher „Raiffeisenianer“, sondern wechselte erst 2007 von der Bank Austria zum grünen Riesen. Allerdings hat sich Strobl dort inzwischen einen Namen gemacht und gilt allgemein als anerkannt.

Ebenfalls offen ist das Rennen um den Posten des Aufsichtsratschefs. Wie berichtet interessieren sich sowohl RBI-Aufsichtsratschef und Raiffeisen Generalanwalt Walter Rothensteiner als auch RZB-Aufsichtsratschef Erwin Hameseder für den Posten. Wer hierbei das Rennen macht, gilt ebenfalls noch nicht als entschieden.
Ungeachtet der noch offenen Personalfragen laufen bei Raiffeisen die Vorbereitungen für die Fusion auf Hochtouren. So wurden von zwei unabhängigen Wirtschaftprüfungskanzleien (EY und BDO) bereits Bewertungen für die zu fusionierenden Unternehmen erstellt. Aufgrund dieser hat man sich auf eine Bandbreite geeinigt, laut der der Streubesitz bei der RBI von derzeit 39,2 auf 34,6 bis 35,7 Prozent fallen wird.

Die endgültige Quote muss noch zwischen den Vorständen von RBI und RZB verhandelt und von einem sogenannten Verschmelzungsprüfer genehmigt werden. Da sie von noch offenen Fragen – etwa dem Verkauf der Polen-Tochter – beeinflusst wird, soll sie erst zum letztmöglichen Zeitpunkt, dem 23. Dezember, bekannt gegeben werden.
Spätestens dann soll auch publik gemacht werden, wie das neue Spitzeninstitut heißen soll – und wie das neue Führungsgremium aussieht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2016)

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