Der neue Finanzausgleich im Detail

Die Steuermittel werden weiterhin in etwa nach dem Schlüssel zwei Drittel Bund, ein Drittel Länder und Gemeinden verteilt.

Der neue Finanzausgleich regelt die Verteilung der Steuermittel ab 2017 für die kommenden fünf Jahre. Dabei geht es um jährlich mehr als 80 Milliarden, die weiterhin in etwa nach dem Schlüssel zwei Drittel Bund, ein Drittel Länder und Gemeinden verteilt werden. Auch die Verteilung der Mittel bei den Ländern untereinander wird nur in Nuancen geändert.

Dafür wird im Bereich der Kinderbetreuung eine Aufgabenorientierung angepeilt, zudem gibt es beim Wohnbauförderungsbetrag einen kleinen Schritt Richtung Steuerautonomie der Länder. Die Regeln des Pakts, der kommende Woche den Ministerrat passieren soll, im Detail:

KINDERBETREUUNG

Aus dem gesamten Steuerkuchen werden Mittel für die Kinderbetreuung herausgenommen und aufgabenorientiert verteilt. Die Kriterien für die Kindergärten sollen bis September kommenden Jahres stehen, wobei auf Faktoren wie Anzahl der Kinder, Öffnungszeiten, aber auch Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund abgestellt werden soll. Erstmals nach diesen Kriterien Mittel verteilt werden 2018. Bei der Nachmittagsbetreuung an Schulen ist das selbe Prozedere vorgesehen, nur ein Jahr später.

GESUNDHEIT/PFLEGE

Für die Bereiche Gesundheit und Pflege wurden Kostendämpfungspfade entwickelt. Bei der Gesundheit soll der jährliche Zuwachs von 3,6 auf 3,2 Prozent bis zum Ende der FAG-Periode abschmelzen. Bei der Pflege darf der Anstieg nicht mehr als 4,6 Prozent ausmachen, wobei weitere Verhandlungen möglich sind, sollte der Wert nicht zu halten sein.

Zudem wird der Pflegefonds mit 350 Mio. Euro weitergeführt und ab 2018 mit 4,5 Prozent valorisiert. Im Bereich Hospiz- und Palliativmedizin werden für den Ausbau von Angeboten jährlich 18 Millionen zur Verfügung gestellt, wobei sich Bund, Länder und Sozialversicherung die Kosten zu je einem Drittel teilen. Abgeschafft wird der Kinder-Selbstbehalt in Spitälern. Die Kosten werden ebenfalls mit einer Drittel-Lösung getragen.

EISENBAHNKREUZUNGEN

Für die Errichtung von gesicherten Eisenbahn-Übergängen wird ein Fonds geschaffen, der in den Jahren 2017 bis 2029 jährlich mit 9,6 Millionen gespeist wird. Die Aufwendungen werden zur Hälfte von Bund und Gemeinden getragen.

HAFTUNGEN

Vereinbart wurde ein einheitliches Spekulationsverbot für Bund, Länder und Gemeinden, das bis spätestens Ende kommenden Jahres umzusetzen ist. Hinzu kommen neue Haftungsobergrenzen. Für Bund und Länder gilt, dass Haftungen bis zu 175 Prozent der Bemessungsgrundlage (im wesentlichen die Netto-Einnahmen) möglich sind, bei Gemeinden bis zu 75 Prozent.

TRANSPARENZDATENBANK

In den Bereichen Umwelt und Energie soll die Transparenzdatenbank befüllt und gemeinsam analysiert werden. Die Einmeldungen beziehen sich auf Daten der Länder ab 2017 und nur aus Pilotbereichen. Die Daten des Bundes liegen ab 2013 vor.

CONTROLLING

So genannte "Spending Reviews" sollen dafür sorgen, dass Aufgaben und Ausgaben unter anderem darauf untersucht werden, ob sie zeitgemäß sind und gewünschte Resultate bringen bzw. wo es sinnvolle Ansatzpunkte zu Einsparungen gibt.

Etabliert werden soll ferner ein Benchmarking, wo sich die Gebietskörperschaften in allen Aufgabenbereichen vergleichen. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht werden.

ZUSÄTZLICHE MITTEL

Abseits des normalen Verteilungsschlüssels werden den Ländern und Gemeinden 300 Millionen zur Verfügung gestellt, die sie nach eigenem Gutdünken verwenden können. Davon gehen 106 Millionen an die Kommunen, wovon wiederum rund 60 Millionen in einen Fonds für strukturschwache Gemeinden (z.B. mit starker Abwanderung) gehen. Ferner werden einmalig 125 Millionen zur Bewältigung der besonderen Aufwendungen durch die starke Flüchtlingsbewegung vor allem im Vorjahr zur Verfügung gestellt. 37 Millionen fließen dabei an die Gemeinden, wobei jene profitieren sollen, die auch Quartiere für Asylwerber zur Verfügung gestellt haben. Für die Siedlungswasserwirtschaft werden 80 Millionen locker gemacht.

STEUERAUTONOMIE

Der Wohnbauförderungsbeitrag wird mit Wirkung 2018 zu einer ausschließlichen Landesabgabe mit voller Autonomie für die Länder hinsichtlich des Tarifs. Eine Arbeitsgruppe soll sich mit weiteren Möglichkeiten einer stärkeren Autonomie, konkret in den Bereichen Lohn- und Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und motorbezogene Versicherungssteuer befassen. Geprüft wird die Einhebung der Kommunalsteuer durch die Sozialversicherung. Schließlich soll bis Mitte 2017 eine Arbeitsgruppe "eine Stärkung der Abgabenautonomie der Gemeinden durch eine Reform der Grundsteuer" vorbereiten.

(APA)

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