Kinderpornos in Österreich produziert

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Erstmals wurden Produzenten von Kinderpornos im Inland festgenommen. Neben einem Wiener agierten in einem einschlägigen Forum auch ein Kärntner und ein Vorarlberger. Sie haben Kinder aus dem Umfeld missbraucht.

WIEN (stög.) Ein 41-jähriger Wiener brachte es in den vergangenen Jahren zu einem zweifelhaften Ruf in der internationalen Kinderpornoszene: Der Fleischhauer missbrauchte seine heute zehnjährige Stieftochter vor einer Kamera und stellte die Aufnahmen in ein einschlägiges Forum. Die Mutter des Kindes will von dem Missbrauch nichts mitbekommen haben. Es sei ihr manches zwar „komisch vorgekommen“, wie sie zu den Fahndern sagte, dennoch habe sie keinen Verdacht geschöpft.

Durch seine aggressive Sprache – in dem Forum wurden die aufgezeichneten Handlungen auch ausgiebig kommentiert – und die auf Video dokumentierte Brutalität avancierte er zum „Star“ in der Pädophilenwelt. In einer international vernetzten Polizeiaktion wurde dem Mann das Handwerk gelegt. Insgesamt nahmen die Ermittler in der unter dem Namen „Geisterwald“ laufenden Operation drei Österreicher fest.

Täter waren gut getarnt

Neben dem Wiener agierten in dem Forum auch ein Kärntner und ein Vorarlberger. Auch sie sollen Kinder missbraucht haben. Anders als der Wiener Verdächtige sollen sie nach bisherigen Ermittlungen keine Aufnahmen davon in das Forum gestellt haben. Dabei handelt es sich um ein Mädchen und einen Buben. Alle drei Missbrauchten stammen aus der Verwandtschaft und dem nahen Umfeld der mutmaßlichen Täter. Auch zwei Steirer, unter ihnen ein Firmenchef, gerieten ins Visier der Kinderpornofahnder. Sie sollen zwar keine Videos selbst hergestellt haben, dennoch wurden auf ihren Rechnern große Sammlungen von Kinderpornos gefunden. Die Hausdurchsuchungen bei ihnen fanden erst gestern Früh statt. Sie wurden auf freiem Fuß angezeigt.

Österreich galt bisher nicht als Land, in dem Kinderpornos produziert wurden. Das wurde bis zuletzt immer wieder von Experten betont. Jetzt musste die Polizei aber erstmals auch gegen heimische Hersteller vorgehen.

Ermittelt wurde in Österreich seit Mai 2009. Federführend waren die Beamten des Bundeskriminalamtes (BK) Wiesbaden, da in Deutschland die Administratoren des Forums saßen. Dort wurde schon seit Jänner dieses Jahres ermittelt. Insgesamt gab es bei der Aktion 22 Festnahmen. Allein in Deutschland durchsuchten 800 Polizisten 163 Häuser und Wohnungen. Neben Österreich klickten auch in Deutschland, Spanien, Kanada, Bulgarien, den USA und der Schweiz die Handschellen. Bei den Verdächtigen wurden rund 17.000 Speichermedien gefunden. Die Täter machten es den spezialisierten Ermittlern nicht leicht: So verschleierte der Wiener durch einen „Anonymisierungsdienst“ seine echte Internetadresse. Insgesamt verhielten sich die Pädophilen „äußerst konspirativ“, hieß es im BK.

„Die Anzahl der ausgeforschten Täter ist zwar nicht groß, aber es handelt sich um eine besonders gefährliche Gruppe. Sie begnügt sich nicht mit dem Abspielen und Verbreiten, sondern will Kinder missbrauchen“, so Harald Gremel, Leiter der Operation „Geisterwald“ im heimischen BK.

Hedwig Wölfl vom Kinderschutzzentrum „die möwe“ erklärte am Mittwoch, sexueller Missbrauch finde zum großen Teil im familiären Umfeld statt.

AUF EINEN BLICK

Operation „Geisterwald“. Ausgehend von Deutschland geriet ein Netzwerk von Pädophilen ins Visier. Es gab 22 Festnahmen, drei davon in Österreich. Die Täter haben Kinder aus ihrem Umfeld missbraucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2009)

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