Türkei prüft Änderungen an Sexualstraftäter-Gesetz

Die türkische Regierung hat mit einem Gesetzesentwurf für einen internationalen Aufschrei gesorgt. Im Bild (v.l.): Premier Binali Yildirim und seine Stellvertreter Numan Kurtulmus und Nurettin Canikli.
Die türkische Regierung hat mit einem Gesetzesentwurf für einen internationalen Aufschrei gesorgt. Im Bild (v.l.): Premier Binali Yildirim und seine Stellvertreter Numan Kurtulmus und Nurettin Canikli.APA/AFP/ADEM ALTAN
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Nach heftiger Kritik aus dem In- und Ausland an der geplanten "Amnestie" für Täter, die ihre Opfer heiraten, will die türkische Regierung den Entwurf überdenken.

Nach heftiger Kritik aus dem In- und Ausland hat sich die türkische Regierung zu Änderungen an einem Gesetzentwurf bereit erklärt, der in Einzelfällen Straffreiheit nach sexueller Gewalt gegen Minderjährige vorsieht.

Sollten die Oppositionsparteien Änderungsvorschläge machen, "dann werden wir sie studieren", sagte am Montag Regierungssprecher Numan Kurtulmus. Er versicherte zudem nochmals, dass es der Regierung mit dem Entwurf nicht um eine "Amnestie" für Sexualstraftäter gehe.

Laut dem vom türkischen Parlament in erster Lesung gebilligten Gesetzentwurf kann die Verurteilung wegen sexueller Übergriffe gegen Minderjährige aufgehoben werden, wenn der Täter sein Opfer heiratet. Die Bedingung lautet, dass die Tat ohne "Gewalt, Drohung oder jegliche andere Form von Zwang" erfolgt sein muss. Dagegen gab es scharfe Proteste der Opposition, in Istanbul demonstrierten am Wochenende tausende Menschen.

Unicef: Gesetzesentwurf als "Amnestie"

Auch Menschenrechtsorganisationen und die Vereinten Nationen äußerten sich besorgt über das Gesetzesvorhaben. "Diese schändlichen Formen der Gewalt gegen Kinder sind Verbrechen, die als solche und in jedem Fall bestraft werden sollten", erklärte beispielsweise das UN-Kinderhilfswerks Unicef. Der Gesetzentwurf bedeute "eine Art Amnestie" für jene, die sich des Missbrauchs von Kindern schuldig gemacht hätten.

Dagegen betonte Justizminister Bekir Bozdag, bei den betroffenen Tätern handle es sich nicht um Vergewaltiger, und bei dem Gesetz gehe es vielmehr um den "Schutz von Kindern". Ehen mit Minderjährigen seien leider eine "Realität" im Land. Wenn daraus ein Kind hervorgehe, informiere der Arzt den Staatsanwalt, der Mann lande im Gefängnis und seine Familie gerate in Schwierigkeiten.

Das Mindestalter für legales Heiraten liegt in der Türkei bei 17 Jahren - mit Zustimmung der Eltern. Besonders im Osten des Landes wird dieses Alter bei Mädchen noch immer häufig unterschritten. In einigen besonderen Ausnahmefällen dürfen Mädchen mit richterlicher Genehmigung auch mit 16 Jahren heiraten.

(APA/AFP)

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