U-Bahn-Ausbau ohne Umweltverträglichkeitsprüfung

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Rendering / Tiefenschnitt für den Bereich PilgramgasseAPA/STADT WIEN
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Beim Neubau der U-Bahn-Linie U5 und beim Ausbau der U2 wird es keine Umweltverträglichkeitsprüfung geben. Anrainer könnten dies allerdings beeinspruchen.

Wien. Der Start im Jahr 2023 scheint noch in weiter Ferne, tatsächlich aber sind die Verlängerung der U2 sowie der Bau der neuen U-Bahn-Linie U5 soeben einen Schritt weitergekommen.

Denn: Bei beiden Projekten wird keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden. Das bestätigt die Leiterin der MA 22 (Umweltschutz), Karin Büchl-Krammerstätter, der „Presse“. In einem Feststellungsverfahren ist die MA 22 zu dem Schluss gekommen, dass weder für die U5 noch für den U2-Ausbau (siehe Grafik) eine UVP nötig ist. Der Stadtsenat hat diese Entscheidung am Dienstag abgesegnet.

Keine UVP für ein derartiges Großprojekt, das mag überraschen: Immerhin führen die neuen Trassen durch dicht besiedeltes Gebiet der Bezirke fünf bis neun und zu weiten Teilen unter möglicherweise sensibler Altbausubstanz hindurch. Laut Wiener Linien leben und arbeiten 400.000 Menschen entlang der neuen Strecken. Schon im Vorfeld wurde befürchtet, dass Anrainer durch Lärm oder Erschütterungen beeinträchtigt werden könnten.

Erst ab zehn Kilometern Länge

Tatsächlich tut all dies bei der Entscheidung, ob eine UVP durchgeführt werden muss oder nicht, nichts zur Sache. Der Hauptgrund: Beide Projekte, sagt Büchl-Krammerstätter, sind nicht UVP-pflichtig, weil der Schwellenwert bei Eisenbahnstrecken eine Streckenlänge von zehn Kilometer beträgt. Dies ist aber in der ersten Bauphase (und über die wurde nun befunden) weder bei der U2 (4,67 km) noch bei der U5 (640 Meter) der Fall.
Zwar kann es auch bei kürzeren Strecken eine UVP geben, etwa wenn vor weniger als zehn Jahren ein weiteres Teilstück gebaut wurde. Obwohl der jüngste Ausbau der U2 kürzer zurückreicht (2008), ist eine derartige Kumulierung aber laut Verfahren nicht gegeben, da die neue Strecke nicht direkt an den jüngsten Ausbau anschließt – konkret sind sie durch ein nicht genutztes, 145 Meter langes Bestandsstück getrennt.

Dass eine Entscheidung gegen eine UVP wohl kritisch gesehen wird, ist der MA 22-Leiterin bewusst. „Ich verstehe die Sorgen der Bürger, die finden, dass man in einem konzentrierten UVP-Verfahren mehr Transparenz hat. Es gibt aber klare Grenzwerte, die hier nicht überschritten werden.“ Die Entscheidung gegen die UVP bedeute zudem nicht, dass es zu keinerlei Überprüfung komme. Am Zug ist nun die MA 64 (Bau-, Energie-, Eisenbahnangelegenheiten), die ein eisenbahnrechtliches Bewilligungsverfahren durchführen wird. Und dieses sei, betont Wiener-Linien-Sprecherin Johanna Griesmayr, „ebenfalls ein umfassendes Prüfungsverfahren mit strengen Richtlinien“. Die Interessen der Anrainer würden auch in der eisenbahnrechtlichen Bewilligung berücksichtigt.

Allerdings: Bei einem UVP-Verfahren können Bürger Einsicht nehmen und haben auch Parteistellung. Gegen die Nichtdurchführung einer UVP können sie auch Einspruch beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Veronika Mickel (ÖVP), Bezirksvorsteherin der Josefstadt, geht davon aus, dass Anrainer dies tun werden: Allein in der Josefstadt sind 200 Hausbesitzer vom Ausbau der U2 betroffen. Dass unter anderem ein fehlendes Teilstück als Begründung gegen eine UVP herangezogen wird, sieht Mickel skeptisch: „Das soll sich ein unabhängiges Gericht anschauen, denn es sieht danach aus, als ob man hier etwas konstruiert hat, um eine UVP zu verhindern.“ Zumal die Optik nicht die beste sei: Immerhin entscheidet die MA 22, die Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) untersteht, für die Wiener Linien, die ebenfalls bei Sima ressortieren.
Wie erfolgreich Einsprüche sein werden, wird sich weisen: Bisher haben sämtliche Entscheidungen der MA 22 in Sachen U-Bahn-Bau in zweiter Instanz gehalten. Bei den Wiener Linien hofft man trotz möglicher Einsprüche am Zeitplan festhalten zu können: Baubeginn soll Ende 2018 sein.

APA

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