Vergessene Weihnachtsspeisen

Wyssmuller, master cheesemaker stirs one of his fondue mixes during a media presentation after his products were granted a label for their quality by French culinary guide Gault and Millau in Geneva
Wyssmuller, master cheesemaker stirs one of his fondue mixes during a media presentation after his products were granted a label for their quality by French culinary guide Gault and Millau in GenevaREUTERS
  • Drucken

Warum nicht einfach Lachsbrötchen, Schinkenrollen oder gar Fasten bis zur Mette.

Es ist paradox. Auf der einen Seite präsentieren uns alljährlich diverse Spitzenköche und andere Feinschmecker ihre Weihnachtsmenü-Empfehlungen. Daran lassen sich ganz gut die aktuellen Trends in der Küche ablesen. Heuer scheinen Wild im Allgemeinen und speziell eher außergewöhnliche Fleischteile abseits der Filetstücke sehr gefragt zu sein. Exotisch hingegen soll es lieber nicht sein. Das Tier – so eines wird wohl immer noch in den meisten Haushalten zu Weihnachten verspeist – darf gern aus der Umgebung stammen.

Auf der anderen Seite hat jede Familie ihr ganz persönliches Weihnachtsmenü, das meist Jahr für Jahr dasselbe sein muss. Vertretern dieser Fraktion braucht man natürlich nicht kommen mit vergessenen Weihnachtsspeisen wie Lachsbrötchen, Schinkenrollen oder Würstelsuppe. „Wieso vergessen, die gibt's bei uns jedes Jahr“, hört man dann meist. Aber irgendwie gibt es dennoch ein paar Speisen, die zumindest öffentlich lieber ignoriert werden. Die Schinkenrolle gehört zum Beispiel dazu, gefüllt mit Mayonnaise und – als Ode an die 1980er-Jahre – praktisch portioniertem Tiefkühlgemüse. Auch das Lachsbrötchen hat seine ruhmreichen Zeiten bereits hinter sich. Wobei man dem geräucherten Fisch eigentlich Unrecht tut. Aber irgendwie mag die immer gleiche Kombination aus Industrietoastbrot, Oberskren und dicker Scheiben Räucherlachs dann doch nicht für Weihnachtsstimmung sorgen.

Fondue und Raclette

Generell scheinen die Speisen der 1980er und 1990er zwar immer noch in vielen Haushalten gern gegessen zu werden, als Foodie – oder moderner Feinschmecker – outet man sich damit aber nicht. Fondue und Raclette etwa scheinen fast schon heimlich praktiziert zu werden. Wer auf die Frage nach dem Weihnachtsmenü mit Fondue antwortet, schiebt meist entschuldigend den Satz nach: „Ich will zu Weihnachten nicht den ganzen Tag in der Küche stehen.“ Das hört man übrigens auch von der Würstel- oder Selchfleischfraktion.

Wobei bei all den unterschiedlichen Menüs nur eine kulinarische Weihnachtstradition wirklich schon vergessen zu sein scheint. Jene nämlich, dass auch der 24. Dezember ein Fasttag ist und das große Schlemmen erst nach der Mitternachtsmette beginnt. Immerhin in Ansätzen ist es noch zu spüren. Denn dass der Karpfen überhaupt zum Weihnachtsessen wurde, hat damit zu tun, dass er den Mönchen als Fastenspeise diente, die immer noch besser ist als Gemüse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.